SC Paderborn:Spartacus kämpft weiter

FC Augsburg - SC Paderborn 07

Hat einen Helm und viele gelbe Karten: Klaus Gjasula von Paderborn

(Foto: dpa)

Kleiner Kader, großes Herz: Der Tabellenletzte SC Paderborn hat acht Punkte Rückstand auf einen Relegationssplatz. Doch das Team gibt nicht auf.

Von Sebastian Fischer, Augsburg

Zu dem, was von dieser Bundesligasaison des Aufsteigers SC Paderborn in Erinnerung bleiben wird, zählt in jedem Fall der Mann mit dem Helm, Spitzname Gladiator oder Spartacus - und einer der eher liebenswerten Bad Boys der Ligageschichte. Klaus Gjasula entschuldigte sich jedenfalls sofort bei Florian Niederlechner vom FC Augsburg, nachdem er ihm auf die Zehen getreten war. Er entschuldigte sich auch mit einer Geste bei Schiedsrichter Deniz Aytekin, der Paderborns Mittelfeldspieler natürlich trotzdem die gelbe Karte zeigte, dessen Nummer 15 dieser Saison. Eine fehlt noch zur Einstellung des Rekords von Tomasz Hajto aus dem Jahr 1999.

"Ich bin ein bisschen ungestüm reingegangen", sagte Gjasula später. Vielleicht hatte er Niederlechner zu seiner Rechten auch nicht optimal gesehen; an dem Helm, den er wegen einer Kopfverletzung im Jahr 2013 trägt, sei ein Jochbogenschutz angebaut, erklärte er vor ein paar Monaten im SZ-Interview: "Nach rechts ist mein Blickwinkel ein bisschen eingeschränkt." Er probiere, so wenige gelbe Karten wie möglich zu bekommen, sagte er am Mittwoch: "Aber das gelingt mir nicht immer gut."

Sie probieren sehr viel, aber es gelingt ihnen nicht immer gut genug - das kann man so durchaus über die gesamte Mannschaft des Tabellenletzten Paderborn sagen. Das 0:0 in Augsburg war eines von im Laufe der Spielzeit vielen Beispielen dafür, dass dem Team niemand vorwerfen kann, nicht alles zu versuchen. Trotzdem beträgt der Rückstand auf den Relegationsplatz bei sechs offenen Partien acht Punkte.

"Wir haben von Anfang an die schlechteste Ausgangsposition gehabt", sagte Paderborns Trainer Steffen Baumgart unter der Woche: "Wir haben - und das soll nicht böse klingen - den Kader mit der geringsten Qualität, was die individuelle fußballerische Klasse der Spieler angeht. Aber wir haben für mich mit das größte Herz in dieser Liga, und das ist das, was für uns ausschlaggebend ist. Das ist das, was ich will." Und weil in ein großes Herz viel Zuversicht passt, wollte Baumgart auch nach dem 0:0 in Augsburg auf eine entsprechende Nachfrage nicht von einem "Wunder" sprechen, das jetzt nötig sei, um in der Liga zu bleiben. Lieber sagte er es so: "Wir bewerten die Situation als schwierig."

"Wir werden alles geben bis zum Schluss und den Kopf oben behalten"

In Augsburg waren die Paderborner mehrmals dem Führungstor nahe. Von zwei gefährlichen Schüssen des Flügelspielers Gerrit Holtmann streifte einer den Pfosten, und Stürmer Sven Michel lief einmal ganz allein auf Augsburgs Torhüter Andreas Luthe zu. Es waren die Reaktionen der Gastgeber, die ein weiteres Mal Paderborns Konkurrenzfähigkeit belegten: FCA-Trainer Heiko Herrlich lobte Luthe, der im Eins-gegen-eins mit Michel parierte, als besten Augsburger des Abends.

Zwar hatte auch der FCA Chancen, doch Herrlich wollte lieber nicht zu traurig sein mit dem Punkt, zumal sein Team am Sonntag mit einem 3:0 beim FC Schalke den "Turnaround" geschafft, also mal wieder gewonnen und Rang 18 der Rückrundentabelle verlassen hatte. Augsburg verpasste zwar den avisierten großen Schritt im Abstiegskampf, hat aber auch dank des vergleichsweise einfachen Restprogramms eine gute Ausgangslage.

Vieles, was sonst zum Augsburger Plan gehört, das frühe und effektive Anlaufen der Gegner zum Beispiel, war zu selten zu sehen. Das, was Herrlich der Mannschaft langfristig beibringen möchte, nämlich mehr offensive Dominanz, war so gut wie gar nicht zu sehen. Aber vielleicht lag das ja neben Augsburger Müdigkeit oder Schwäche auch an Paderborns Defensivarbeit - also auch am Mittelfeldspieler Gjasula.

Gjasula ist zum dritten Mal gesperrt, nach der jeweils fünften Karte

"Wir werden alles geben bis zum Schluss und den Kopf oben behalten", sagte er nach dem Spiel. Selbst wenn in den kommenden Wochen der Klassenverbleib immer unwahrscheinlicher werden sollte, geht es für viele seiner Kollegen ja mindestens noch um ihre persönliche Zukunft. Spieler wie Jamilu Collins, 25, Christopher Antwi-Adjei, 26, oder Streli Mamba, 25, dürften durchaus Interesse auf sich gezogen haben. Auch die Zukunft von Gjasula, 30, ist noch nicht geklärt; jedenfalls gilt sein Vertrag aktuell nur bis zu diesem Sommer.

Dass er mal Bundesligaspieler sein würde, das hatte er 2016, als Drittligakicker bei den Stuttgarter Kickers, für sich ausgeschlossen: "Dafür bin ich nicht gut genug", sagte er damals. Dass er mal einen unrühmlichen Rekord einstellen könnte, daran dachte er dementsprechend auch nicht. Dass ihm das gelingt, wünscht sich übrigens besonders der inzwischen 47 Jahre alte Hajto: "Ich hoffe, du knackst meinen Rekord, und ich habe endlich meine Ruhe", sagte er bei Sky. Am Sonntag gegen Dortmund wird Gjasula allerdings nicht schon wieder Gelb sehen: Er ist zum dritten Mal gesperrt, nach der jeweils fünften Karte.

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