SC Paderborn in der 2. Liga:Effenberg weckt große Gefühle

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Mit ihm gewinnt der SC Paderborn wieder: Stefan Effenberg. (Foto: dpa)
  • Im Paderborner Stadion spielen sie "Eye of the Tiger" - der Auftakt mit Stefan Effenberg gelingt.
  • Beim 2:0 der Ostwestfalen gegen Braunschweig wirken Team und Trainer euphorisiert.
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Von Ulrich Hartmann

Wer in dieser Woche auf den SC Paderborn geschaut hat, wer die Ankunft des Trainer-Debütanten Stefan Effenberg und die Begeisterung beim bestbesuchten Training der Vereinshistorie gesehen hat, der konnte überrascht sein. Wer die Mannschaft mit 2:0 gegen Eintracht Braunschweig gewinnen sah und dann hörte, dass Effenberg "Großes" vorhat und dass der Präsident Wilfried Finke sich bereits in die Bundesliga zurücksehnt, der konnte sogar glauben, Paderborn sei schon wieder eine Zweitliga-Spitzenmannschaft.

Doch der Blick auf die Tabelle entlarvt die Lücke zwischen Gefühl und Realität. Paderborn steckt nach wie vor tief im Tabellenkeller und ist nominell weiterhin abstiegsgefährdet. Nur die Euphorie um den als Retter verpflichteten Effenberg weckt momentan große Gefühle und noch größere Erwartungen. Insofern war der Auftaktsieg gegen Braunschweig eine vergleichsweise leichte Übung. Die wahre Herausforderung ist der bevorstehende Übergang aus der kurzfristigen Euphorie in eine dauerhaft produktive Arbeit.

Effenbergs anfänglicher Erfolg beim zuletzt eingeschlafenen SC Paderborn hat einen offensichtlichen Grund: Die verbliebenen Spieler, die nach dem Fortgang des Trainers André Breitenreiter und vieler wichtiger Profis im Sommer in eine Art Depression verfallen waren, werden vom prominenten Trainer mithilfe markiger Rhetorik und nicht zuletzt neu entflammter Aufmerksamkeit aus ganz Deutschland aus ihrer Lethargie befreit.

Die Mannschaft, die Effenberg am Freitagabend aufs Feld schickte und die Braunschweig verdient besiegte, bestand zum Großteil aus Spielern, die in der vergangenen Saison unter Breitenreiter gute Leistungen in der Bundesliga gezeigt hatten. Akteure, die nach Breitenreiters Fortgang unter dem Nachfolger Markus Gellhaus aber ins Phlegma gefallen sind. Gellhaus war da vermutlich ebenso schuld- wie hilflos. Es bedurfte nämlich der medialen und fast mytischen Strahlkraft eines erstaunlich seriös auftretenden Effenberg, um Paderborn aus diesem provinziellen Dornröschenschlaf zu erwecken.

Der 47-Jährige hat in Melancholie verfallenen Spielern wie Moritz Stoppelkamp, Michael Heinloth, Florian Hartherz, Süleyman Koc oder Rafa Lopez wieder Motivation eingehaucht. Diesbezüglich war Effenbergs Verpflichtung ein genialer Schachzug des Vereins. Effenberg versteht sich brillant darauf, sofortige Nähe zu suggerieren. Er sprach bereits in den ersten Tagen von "Baka" und "Stoppel" als seinen maßgeblichen Spielern und behielt Recht mit der Ansicht, dass Marvin Bakalorz und Moritz Stoppelkamp maßgebliche Spieler sind beim Versuch, die ganze Mannschaft aus dem Verlusttrauma des Sommers zu erlösen.

Fußballer wie der Spanier Lopez und auch Stoppelkamp selbst, die vor eineinhalb Jahr explizit zum Bundesligisten SC Paderborn und zum Trainer Breitenreiter gewechselt waren, fühlten sich nach dem Abstieg, nach dem Fortgang des Trainers und nach der Flucht von zehn relevanten Spielern plötzlich im Stich gelassen. Sie wussten gar nicht mehr, was sie in Paderborn überhaupt sollten. Vor allem Stoppelkamp und Lopez, zwei der versiertesten Fußballer im Kader, fielen erst in ein Loch und dann aus der Startelf.

Am Freitag gegen Paderborn kehrte zumindest Stoppelkamp in die Anfangsformation zurück und erzielte in der 18. Minute mit seinem ersten Saisontreffer die 1:0-Führung. Das 2:0 in der 81. Minute durch Nick Proschwitz leitete er außerdem ein. An seine Seite hatte Effenberg mit Heinloth, Hartherz, Koc und Mahir Saglik weitere Spieler gestellt, die in der vergangenen Saison unter Breitenreiter bereits bundesligataugliche Leistungen hatten zeigen können, in dieser Saison aber bislang noch haderten. "Wenn man so eine Qualität im Kader hat, dann muss man sie auch bringen", sagt Effenberg.

Die Genannten dankten es ihm mit einer guten Leistung und der Ehrerbietung seiner motivatorischen Fähigkeiten. "Er hat die richtige Ansprache gefunden", sagte Stoppelkamp. "Er hat an unseren Teamgeist appelliert", sagte Heinloth. "Er hat uns euphorisiert", sagte Hartherz. Doch wie lange hält solche Euphorie? Solange man erfolgreich ist. Am kommenden Samstag gastiert Paderborn bei Union Berlin, spielt vier Tage darauf im Pokal bei Borussia Dortmund, und hat in der Folge mit den Zweitliga-Aufgaben gegen Frankfurt, Heidenheim, Freiburg und 1860 München Gelegenheit, die Zusammenarbeit auch mittelfristig aussichtsreich zu gestalten.

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"Wir stehen am Anfang eines Weges", sagt Effenberg und suggeriert mit einem eigentlich völlig neutralen Satz hoffnungsvolle Aussichten. "Es geht nicht um mich, es geht um die Mannschaft", war allerdings sein meistgesagter Satz der vergangenen Tage, doch dass bei dieser These ausgerechnet der Verein nicht mitspielt, zeigte sich im Premierenspiel daran, dass man als Einlaufmusik "Eye of the Tiger" ausgewählt hatte - in Anlehnung an Effenbergs gelegentlichen Spitznamen "Tiger".

Es geht nämlich eben doch vor allem um Effenberg, so lange jedenfalls, bis die Mannschaft mit konstanten Leistungen die Aufmerksamkeit irgendwann übernehmen muss. Und genau dann wird sich erweisen, aber wirklich erst dann, ob Stefan Effenberg tatsächlich ein tauglicher Trainer ist.

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