Süddeutsche Zeitung

SC Paderborn:Durchgereicht

Als sechster Klub der Liga-Historie steigt der SC Paderborn in zwei Jahren von der ersten in die dritte Liga ab. Außer dem Trainer haben nur drei Spieler einen gültigen Vertrag.

Von Christoph Ruf, Paderborn

Als der Abstieg des SC Paderborn mit dem Schlusspfiff unumstößlich feststand, hatte es der Stadionsprecher sehr eilig, eines der vielen einigermaßen unsäglichen Stadionlieder abzuspielen, die man in Paderborn in Ehren hält. Schließlich galt es die Geräuschquelle zu übertönen, die aus der Südkurve drang: "Vorstand raus", skandierten die Ultras und den Klassiker aller frustrierten Fans: "Wir ha`m die Schnauze voll".

Der SC Paderborn hat grauenhafte Monate hinter sich. Im vergangen Sommer stieg der Klub zusammen mit dem SC Freiburg aus der ersten Liga ab, nun geht es als Achtzehnter der Zweiten Liga noch eine Etage tiefer. Der eine Erstliga-Absteiger als Erster, der andere als Letzter - konträrer kann die Entwicklung bei zwei Vereinen mit ähnlichen Grundvoraussetzungen eigentlich nicht laufen. "Es ist endgültig, und ich kann nicht begreifen, was gerade passiert ist", sagte Verteidiger Florian Hartherz, der zurecht darauf hinwies, dass man auch am Sonntag gegen den 1. FC Nürnberg mal wieder das bessere Team gewesen sei.

Am Ende hätte auch ein Sieg nichts mehr genützt

Tatsächlich zeigte Paderborn auch gegen den Tabellen-Dritten eine ordentliche, streckenweise sogar gute Partie. Schon im ersten Durchgang hatte der SCP ein deutliches Chancenplus. Doch entweder segelten die Bälle knapp am Tor vorbei, oder die 37-jährige Club-Hoffnung namens Raphael Schäfer machte die Chancen zunichte. Der fränkische Langzeit-Keeper fehlte bekanntlich in dieser Saison monatelang verletzungsbedingt und ist nun rechtzeitig zu den Relegationsspielen wieder fit geworden.

Im zweiten Durchgang kam Nürnberg dann noch seltener vors Paderborner Tor als im ersten, doch die Zwischenergebnisse aus Frankfurt lieferten zunächst weiter den einzigen Grund für Freude (der Führungstreffer der Löwen) und Trauer (der FSV-Ausgleich wenige Minuten später) bei den 15.000 Zuschauern. Die wussten auch bei den weiteren Chancen durch Süleyman Koc (56.), Kevin Stöger (58.), Moritz Stoppelkamp (62./82.), Christian Bickel (84.) und Khaled Narey (85.) immer, dass selbst ein Sieg nicht für den Relegationsrang reichen würde, wenn die Ergebnisse beim MSV Duisburg, der ebenfalls noch ein für Paderborn fatales Tor schoss und dem FSV Frankfurt den Ostwestfalen nicht in die Karten spielen würden.

Doch zu allem Unglück stolperte in der 86. Minute der eingewechselte Cedric Teichert einen Abpraller zum 1:0-Siegtreffer der Clubberer über die Linie. Es war das sinnbildliche Ende einer Saison, in der erst unter dem dritten Trainer eine gute Entwicklung sichtbar wurde, nachdem Markus Gellhaus und Stefan Effenberg sehr viele Fragezeichen hinterlassen hatten.

Mitarbeitern in der Geschäftsstelle droht nun die Kündigung

"Ich könnte jetzt unsere Spielanlage loben, oder sagen, dass wir die besseren Chancen hatten", sagte SCP-Trainer René Müller. "Aber das nützt alles nichts, wenn dir die nötige Effizienz fehlst". Müller, das ließ er durchblicken, würde auch in der dritten Liga gerne weitermachen. Immerhin. Außer ihm haben nur drei Spieler einen gültigen Vertrag für die Dritte Liga, und wie jeden Zweitligisten trifft auch Paderborn ein Abstieg am empfindlichsten bei den Finanzen. Statt bislang zehn Millionen nähme man nur noch 750.000 Euro an Fernsehgeldern ein. Der Gesamt-Etat wird sich von etwa 22 Millionen Euro auf rund 10 Millionen Euro mehr als halbieren.

Einigen Mitarbeitern auf der Geschäftsstelle droht offenbar zudem die Kündigung. Was aus ihrer Sicht die Alternative wäre, hatten die Fans bereits während des Spiels auf ein Transparent geschrieben: "16 Entlassungen? Drei reichen. Vorstand raus."

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Quelle:
SZ vom 15.05.2016
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