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SC Paderborn:Die ganz große Effe-Keule

"Ich kann und werde das nicht tolerieren", sagte Stefan Effenberg nach dem 0:4 seines Teams in Bochum. Am Tag darauf suspendiert der Bundesliga-Absteiger drei Spieler.

Von Filippo Cataldo, Bochum/München

Mangelnde Entscheidungsfreude oder Angst vor gelegentlich auch zu deutlichen Worten konnte man Stefan Effenberg wahrlich noch nie vorwerfen. Das galt für den Fußballprofi Effenberg genauso wie für den Fußballerklärer bei Sky und den jetzigen Trainer.

"Das war katastrophal von der ersten bis zur letzten Minute", sagte Effenberg am Freitag nach dem wirklich desolaten Auftritt seiner Mannschaft beim 0:4 in Bochum, entschuldigte sich dann bei den Fans für die Leistung seiner Spieler und kündigte an: "Ich kann und werde das nicht tolerieren. Ab jetzt wird es bei uns ein bisschen anders."

Drei Routiniers suspendiert

Am frühen Samstagnachmittag teilten die Paderborner die ersten Auswirkungen von Effenbergs neuer Politik der geringen Toleranz an. Der Klub suspendierte die Routiniers Daniel Brückner, 34, Srdjan Lakic, 32, und Mahir Saglik, 32. Die drei Profis wurden freigestellt, sollen sich einen neuen Klub suchen. "Wir stecken spätestens nach dem gestrigen Spiel mitten im Abstiegskampf. Der bisherige Saisonverlauf hat gezeigt, dass sich zumindest einige Spieler darüber nicht im Klaren sind. Mit den Suspendierungen wollen wir gemeinsam den notwendigen Umbau im Kader auch mit Blick auf die Saison 2016/2017 einleiten", erläuterte Klubpräsident Wilfried Finke in einer Mitteilung.

Etwas mehr als acht Wochen nach seinem umjubelten Amtsantritt beim Bundesligaabsteiger aus Ostwestfalen hat Effenberg schon die ganz große Keule ausgepackt. Die sportliche Situation ist ja auch wirklich besorgniserregend. Mit 16 Punkten aus 18 Spielen belegt Paderborn den Abstiegsrelegationsplatz 16. Noch nie hatte ein Bundesliga-Absteiger zu diesem Zeitpunkt der Saison weniger Punkte. Auch Effenbergs Bilanz ist: eher verheerend. Nach zwei Siegen in den ersten zwei Spielen holte Paderborn in den vergangenen sechs Liga-Spielen unter dem Trainernovizen nur noch drei Zähler, darunter einen Punkt beim irren 4:4 gegen den noch tiefer im Schlamassel steckenden TSV 1860 München.

Der Effe-Effekt, sollte es diesen jemals gegeben haben, ist jedenfalls längst verflogen. 600 Zuschauer, wie nach seiner Verpflichtung, kommen sowieso nicht mehr zum Training. "Ich bin es wirklich", sagte Effenberg damals und witzelte noch, "The New One" zu sein. Doch der Leibhaftige ist nun, spätestens nach diesem 0:4 in Bochum, endgültig in den Niederungen angekommen. Der zweiten Liga, Ostwestfalens, der Krisenbewältigungsstrategie.

Ein "Neustart" schon für die kommende Saison

Massen-Suspendierungen von Spielern gelten ja gemeinhin als eine Art ultima ratio von angeschlagenen Trainern in fußballerischen und tabellarischen Krisensituationen. Die Erfahrung lehrt, dass es danach meistens nicht mehr lange dauert, bis auch der Übungsleiter sich einen neuen Verein suchen darf. In Paderborn aber scheinen die Verantwortlichen die Suspendierung der drei Routiniers als notwendigen Schritt für den "Neustart" zu verstehen. Zumindest stand dies so in der Erklärung. "Wir werden den Kader gezielt umbauen und uns in der Winterpause im Vorgriff auf die neue Spielzeit entsprechend verstärken. Es kommt darauf an, dass wir die Kräfte bündeln und den Abstiegskampf beherzt angehen", betonte Sport-Geschäftsführer Michael Born. Effenberg kam in der Erklärung nicht zu Wort. Der Trainer hatte ja bereits unmittelbar nach der Niederlage in Bochum, wettbewerbsübergreifend seiner vierten im neunten Spiel (darunter auch das 1:7 im Pokal in Dortmund), die Richtung vorgegeben.

In Verteidiger Brückner und den Angreifern Lakic und Saglik trifft die Verbannung drei Spieler, deren Verträge ohnehin im Juni 2016 auslaufen. Brückner (seit 2009 in Paderborn) und Saglik, der sogar aus der Jugend des Klubs stammt, gelten zudem als Identifikationsfiguren und Lieblinge der Fans. Sie müssen nun Spielern weichen, die der Klub im Winter verpflichten möchte. Um den drohenden Abstieg zu vermeiden, vielleicht auch, um Paderborn zu einer Effe-Mannschaft zu machen. Was auch immer das bedeuten mag.

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Quelle:
SZ vom 13.12.2015
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