2. Bundesliga:Bungeespringen in Paderborn

SC Paderborn 07 - 1. FC Heidenheim 3:1

Die Paderborner Sebastian Schonlau (von links), Christopher Antwi-Adjej und Mohamed Dräger.

(Foto: dpa)
  • Vor zwei Jahren war der SC Paderborn "auf dem Weg zum Bestatter", sportlich in die vierte Liga abgestiegen.
  • Doch schon am Sonntag könnte die Rückkehr in die erste Liga gelingen.
  • Trainer und Sportchef werden längst von der Konkurrenz umworben.

Von Ulrich Hartmann, Paderborn

Der schwärzeste Tag in der Geschichte des SC Paderborn ist nicht mal zwei Jahre her. Am 18. Mai 2017 demonstrierten verzweifelte Fans vor dem Rathaus der Stadt. "Lasst den SCP nicht untergehen!", stand auf ihrem Banner. Der Klub war sportlich zum dritten Mal nacheinander abgestiegen. Endstation vierte Liga? Die Stadt sollte finanziellen Aufschub gewähren, der Stadtrat lehnte ab. Nichts wurde gestundet. Der Klub war tot, sportlich und finanziell. Geschäftsführer Martin Hornberger erinnert sich: "Der SC Paderborn war auf dem Weg zum Bestatter."

Zwei Wochen später verlor der ebenfalls klamme Zweitligist 1860 München die Relegation gegen den Drittligisten Jahn Regensburg. Der nächste Tag, der 2. Juni, hat sich Hornberger ins Gedächtnis gebrannt: "Um 15.23 Uhr haben wir vorsorglich die Unterlagen für die Drittliga-Lizenz abgeschickt, und um 15.34 haben wir erfahren, dass 1860 seine Unterlagen nicht abgibt." Die Ostwestfalen profitierten vom Münchner Drama. Doch das eigentliche Paderborner Wunder begann erst.

Die vergangenen vier Jahre des SC Paderborn waren wie ein Bungeesprung. Der Klub ist von der ersten in die vierte Liga hinuntergesaust, beinahe zerschellt - und wieder hochgeschossen. Paderborn kehrte 2018 in die zweite Liga zurück und hat an diesem Sonntag die Chance, sich mit einem Heimsieg gegen den Hamburger SV und einer Niederlage von Union Berlin zur gleichen Zeit gegen Magdeburg zum zweiten Mal nach 2014 für die Bundesliga zu qualifizieren.

2014 reiste Paderborn zu den Bayern - als Tabellenführer

Der 11. Mai 2014 war einer der glücklichsten Tage in der 1242 Jahre währenden Geschichte Paderborns. "Die irrsinnig euphorisierte Stadt war komplett in Blau und Schwarz gehüllt", erinnert sich Hornberger. "Der schönste Tag meines Fußballerlebens", sagt der Abwehrspieler Uwe Hünemeier. Vier Monate später, am fünften Bundesliga-Spieltag, gastierte Paderborn sogar als Tabellenführer beim FC Bayern. Die Ostwestfalen standen ganz kurz auf dem Gipfel des Mount Everest. Doch vom 23. September 2014 an der Bundesligaspitze bis zur Ankunft in der Hölle am 18. Mai 2017 vor dem Paderborner Rathaus dauerte es nur zwei Jahre und acht Monate.

Hünemeier hat Paderborns Absturz vom idyllischen Seebad Brighton aus beobachtet. Er war nach dem Bundesliga-Abstieg zum englischen Zweitligisten gewechselt. "Es tat verdammt weh, das aus der Ferne mit anzusehen", sagt er. Ihn quälte das Gewissen. Hatte er seinen SCP im Stich gelassen? Aber dann nicht nur er. Trainer André Breitenreiter wechselte zu Schalke 04. Die Mannschaft brach auseinander.

Das Restprogramm der Aufstiegskandidaten

Vier Teams können noch hoffen, als Zweiter (hinter dem als Meister feststehenden 1. FC Köln) direkt in die Bundesliga aufzusteigen - oder wenigstens als Dritter die Relegationsspiele gegen den 16. der Bundesliga (derzeit der VfB Stuttgart) zu bestreiten. Hier das Restprogramm:

2. SC Paderborn (71:46 Tore / 54 Punkte)

Hamburger SV (Heim), Dy. Dresden (Auswärts).

3. Union Berlin (49:31 / 53)

1. FC Magdeburg (H), VfL Bochum (A).

4. Hamburger SV (41:38 / 53)

SC Paderborn (A) MSV Duisburg (H).

5. 1. FC Heidenheim (47:40 / 49)

MSV Duisburg (A) FC Ingolstadt (H).

Vier Trainer binnen 21 Monaten versuchten danach, den Niedergang aufzuhalten: Markus Gellhaus, Stefan Effenberg, René Müller und Stefan Emmerling. Kurz vor der vierten Liga traf der damalige und kürzlich verstorbene Präsident und Mäzen Wilfried Finke zwei wegweisende Entscheidungen: Er verpflichtete Markus Krösche als Sportdirektor und Steffen Baumgart als Trainer.

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