Süddeutsche Zeitung

SC Paderborn:Erst zwei Abstiege, jetzt zwei Aufstiege

  • Union Berlin verpasst den direkten Aufstieg in die Bundesliga und muss nun in die Relegation gegen den VfB Stuttgart.
  • Der SC Paderborn hingegen spielt in der kommenden Saison in der Bundesliga - trotz einer 1:3-Niederlage gegen Dynamo Dresden.
  • Hier geht es zur Abschluss-Tabelle der 2. Bundesliga.

Von Ulrich Hartmann, Bochum

Um 17.10 Uhr an diesem Sonntag war Union Berlin von der Bundesliga weit entfernt. Die Berliner hätten gewinnen müssen beim VfL Bochum, doch sie lagen in der 82. Minute 0:2 hinten. Vier Minuten später war die Bundesliga plötzlich ganz nah, es war unverhofft noch mal dramatisch geworden. In der 83. Minute verkürzte Unions Grischa Prömel auf 1:2, drei Minuten später glich Joshua Mees zum 2:2 aus. Vier Minuten Restspielzeit plus fünf Minuten Nachspielzeit in Überzahl blieben den selbsternannten Eisernen, um mit einem einzigen Treffer erstmals in die Bundesliga aufzusteigen. Sie drückten, versuchten alles, doch der Treffer, dieses eine Tor ins Glück, es blieb ihnen versagt.

Der SC Paderborn verlor zwar bei Dynamo Dresden mit 1:3, steigt aber als Zweiter der zweiten Liga zum zweiten Mal nach 2014 in die Bundesliga auf und begleitet somit den 1. FC Köln, dessen Aufstieg schon länger feststeht. Den Berlinern bleibt nach dem 2:2 in Bochum der dritte Platz, mit dem sie sich in der Relegation gegen den Erstliga-16. VfB Stuttgart gleich noch mal am Aufstieg versuchen dürfen.

Das Hinspiel steigt am Donnerstag in Stuttgart, das Rückspiel am Montag darauf in Berlin. Während die Berliner in Bochum bitter enttäuscht den Schlusspfiff empfingen, jubelten die Paderborner in Dresden. "Erfolg ist kein Glück", stand auf dem Kragen ihrer Aufstiegs-T-Shirts, aber als diese gedruckt worden waren, hatte niemand ahnen können, wie dramatisch dieser Sonntag werden würde - und dass die Paderborner am Ende eben doch das bisschen Glück benötigten, dass Union in Bochum nicht auch noch den Siegtreffer schoss. 2:0 durch Anthony Losilla (24.) und einen Elfmeter von Silvère Ganvoula hatten die Bochumer gegen Union geführt und lange deutete nichts auf die dramatische Wende hin - nicht einmal, als Ganvoula in der 72. Minute mit Gelb-Rot vom Feld musste. In Dresden war die Partie zu diesem Zeitpunkt bereits entschieden - gegen Paderborn. Philipp Klement hatte Paderborn zwar mit 1:0 in Führung gebracht (10.), doch Dresden Angreifer Baris Atik bezwang die Ostwestfalen mit drei Treffern (18., 38., 68.) dann beinahe im Alleingang.

Im Wissen um die Paderborner Niederlage brachte Berlins Schlussspurt die etwa 5000 mitgereiste Union-Fans natürlich in Wallung, es waren neun der dramatischsten Minuten der Vereinsgeschichte. "Wir haben Leidenschaft gezeigt und wirklich alles reingehauen", sagte Abwehrspieler Christopher Trimmel, "und ich kann jedem Union-Fan nur versprechen, dass wir auch in der Relegation gegen Stuttgart alles raushauen werden." Trainer Urs Fischer konnte sich noch nicht gleich auf den VfB konzentrieren. "Es herrscht jetzt gerade eine große Leere in mir, die erste Enttäuschung ist riesig", sagte er kurz nach dem Spiel, "es wäre heute mehr für uns drin gewesen." Der Schweizer hielt sich mit markigen Worten bewusst zurück. "Bis Donnerstag müssen wir wieder bereit sein."

In Dresden wussten die Paderborner nach dem Schlusspfiff auch nicht recht, wie ihnen geschah. Ihre Niederlage war perfekt, sie warteten aufs Ergebnis aus Bochum, erfuhren vom 2:2 in der Schlussphase und mussten zittern, bis das Spiel dort zu Ende war. "Ich war fix und fertig mit den Nerven", sagte Stürmer Sven Michel. "Die Bundesliga ist im Moment noch ganz weit weg", meinte der Trainer Steffen Baumgart, dem seine beiden Töchter noch auf dem Feld weinend in den Armen lagen. "Eines ist aber schon mal klar", sagte Baumgart noch: "Wir sind in der Bundesliga nächstes Jahr der allererste Absteiger."

"Die Jungs können problemlos auf Feiern umswitchen"

Für die Ostwestfalen, die 2015 aus der Bundesliga direkt wieder abgestiegen waren und anschließend auch noch in die dritte Liga durchstürzten, ist die Rückkehr in die höchste Liga ein unverhofftes Glück. Der frühere Union-Berlin-Fußballer Baumgart übernahm kurz vor dem Abstieg in die vierte Liga im April 2017 das Traineramt und feierte mit seinem Team kurz darauf den Klassenerhalt am grünen Tisch, weil der damalige Zweitliga-Absteiger 1860 München keine Lizenz für die dritte Liga erhielt. Mit kompromisslosem Offensiv-Fußball durchpflügten die Paderborner erst die dritte und dann die zweite Liga, nun landen sie am Ende dieses Bungeesprungs nach zwei Ab- und zwei Aufstiegen vier Jahre später also wieder in der Bundesliga.

Erst zum zweiten Mal in dieser Saison sind die Paderborner per Flugzeug zu einem Auswärtsspiel gereist und noch am Sonntag wieder heimgeflogen. Sie hatten es so eilig, weil sie vor dem Spiel ja noch damit rechnen mussten, am Donnerstag in Stuttgart das Relegations-Hinspiel bestreiten zu müssen. Auf diese Konstellation war vorsichtshalber die Wochenplanung ausgerichtet. Diese Planung kann nun ersatzlos gestrichen werden. In Paderborn wird stattdessen gefeiert, und die Spieler können ihre Einsatzbereitschaft auch in dieser Hinsicht unter Beweis stellen. "Die Jungs können problemlos auf Feiern umswitchen", lobte Baumgart, ohne eine Miene zu verziehen. Am Montagnachmittag wird auf einer Bühne vorm Rathaus gefeiert.

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SZ vom 20.05.2019/vit
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