Julian Schuster beim SC FreiburgDer Verbindungstrainer

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Der Meister und sein Schüler: Christian Streich (rechts) hat mit Julian Schuster (links) viele Jahre zusammengearbeitet.
Der Meister und sein Schüler: Christian Streich (rechts) hat mit Julian Schuster (links) viele Jahre zusammengearbeitet. (Foto: Philipp von Ditfurth/dpa)

Julian Schuster tritt beim SC Freiburg das schwere Erbe von Christian Streich an. Zwar hat er als Cheftrainer wenig Erfahrung, doch er arbeitet schon seit 16 Jahren im Klub. Auch charakterlich erinnert er in vielen Details an seinen Vorgänger.

Von Christoph Ruf, Freiburg

Der SC Freiburg hatte in den vergangenen Jahren nicht immer Sponsoren, die zu seinem Image als ökologisch sensiblem, nachhaltig wirtschaftenden Verein passten. Seit Beginn der vergangenen Saison, als ein einheimisches Fahrrad-Leasing-Unternehmen einen Online-Gebrauchtwagenhändler ablöste, ist die Freiburger Welt indes auch auf dem Trikot wieder in Ordnung. Und so verkündeten sie dieser Tage voller Stolz, dass am Ende der Woche rund 120 Leibchen für die Spielzeit 2024/25 per Fahrradkurier an SC-Fans ausgeliefert werden. Eine weitere Radlergruppe macht sich parallel dazu auf, auch die Profis, die sich in Schruns (Vorarlberg) auf die neue Saison vorbereiten, mit frischem Textil zu beliefern. 

Julian Schuster, der kürzlich die Oberaufsicht über die Freiburger Spieler übernahm, wird also schon bald wieder in Fotokameras lächeln müssen. Wie schon so oft in den fast drei Wochen, seit er offiziell das Erbe von Christian Streich angetreten ist, der mehr als zwölf Jahre lang als Freiburger Coach wirkte. Zum ersten Training unter dem Neuen kamen Anfang Juli 4500 SC-Fans, so viele wie nie zuvor. Man darf das der Neugierde auf den Novizen zuschreiben, aber durchaus auch jenem Wohlwollen, das schon die Verkündung der Personale ausgelöst hatte. Schuster, der von 2008 bis 2018 als Spieler beim Sportclub wirkte, ist Zeitzeugen als angenehmer, integrer Mensch in Erinnerung geblieben. So traurig viele Fans über den Weggang Streichs waren, so erleichtert waren sie, dass er dessen Nachfolger wurde. Man darf allerdings davon ausgehen, dass auch eine andere interne Lösung im harmoniebedürftigen Freiburger Umfeld auf Sympathie gestoßen wäre. Und tatsächlich hat der 39-Jährige ganz gute Voraussetzungen, um einen Verein zu trainieren, der in den vergangenen 34 Jahren exakt fünf Trainer hatte – bei manchem Ligakonkurrenten waren es in der gleichen Zeit achtmal so viele.

Wie Streich ist auch Schuster ein Mensch, der gerne über andere Dinge nachdenkt als über Mannschaftsaufstellungen. In Freiburg lebt der Vater von vier Kindern erklärtermaßen auch deshalb gerne, weil er von dort aus schnell in der Natur sein kann. Dass die Kneipen- und Clubszene überschaubar ist, hat Schuster schon als Jungprofi nicht gestört – im Gegensatz zu ausgehfreudigeren Mitspielern wie Mike Hanke, die auch kein üppiges Tannengrün über die Tatsache hinwegtrösten konnte, dass in Großstädten weit mehr los ist. Schuster weiß, dass er aufgrund seiner fehlenden Erfahrung als Cheftrainer eines Profiteams skeptisch beobachtet wird. Er ist sich allerdings sicher, dass er als intimer Kenner des Vereins die fehlende Erfahrung kompensieren kann. „Seit 16 Jahren hier zu sein, ist ein Riesenvorteil. Das schenkt mir Zeit, um die fehlende Erfahrung ausgleichen zu können.“ 

„Ich war als Spieler nie schnell und nie kräftig“, sagt Schuster. „Deswegen war das Analytische mein Weg, um besser zu sein als andere.“ 

Sportvorstand Jochen Saier und Sportdirektor Klemens Hartenbach würden da nicht widersprechen. Sie schufen, unterstützt von Streich, 2018 die Stelle des „Verbindungstrainers“ schließlich auch deshalb, um Schuster nach dessen Karriereende an den Klub zu binden. Schließlich soll Schuster, so berichtet es sein ehemaliger Mitspieler Nils Petersen „schon als Spieler wie ein Trainer gedacht“ haben. „Ich war als Spieler nie schnell und nie kräftig“, sagt er selbst. „Deswegen war das Analytische mein Weg, um besser zu sein als andere.“ Bis zu diesem Sommer moderierte Schuster also den Übergang zahlreicher Talente von der U19 und der U23 in den Profibereich. Und nicht nur Keeper Noah Atubolo oder Nationalspieler Nico Schlotterbeck profitierten davon. Nun wäre es übertrieben zu sagen, dass der SC die Stelle des „Verbindungstrainers“ ausschließlich schuf, um Schuster bei der Stange zu halten. Dass sie mit der etwas umständlich klingenden Jobbeschreibung einen Trend setzen würden, hatten sie 2018 aber gewiss nicht einberechnet. Meist unter anderem Namen haben jedenfalls mittlerweile einige Profivereine Trainer eingestellt, die den Transit in den Profikader moderieren sollen. 

In Schruns feilt Schuster nun an den Konturen einer neuen Mannschaft, die sich allerdings auf den meisten Positionen nicht verändern dürfte. Eren Dinkci, der vom 1. FC Heidenheim kam, dürfte am ehesten für einen Platz in der Startelf infrage kommen, Patrick Osterhage (VfL Bochum) soll die Konkurrenz im zentralen Mittelfeld erhöhen. Zudem kehrte Rechtsverteidiger Hugo Siquet aus Belgien zurück, der es 2022 bei seinem ersten Anlauf nur auf drei Einsätze in der ersten Liga brachte. In dieser, und das ist das offizielle Saisonziel, will der SC auch in der Saison 2025/2026 noch spielen. Nun wissen sie allerdings auch in Freiburg, dass es nicht einer gewissen Komik entbehrt, wenn ein Verein, der in den vergangenen fünf Jahren nie schlechter als Rang zehn abschnitt und sich zweimal fürs internationale Geschäft qualifizierte, so etwas als Saisonziel ausruft. Das Wort „Klassenerhalt“ sprechen sie also nicht mehr explizit aus, die schönste Umschreibung hat im Jahr null nach Christian Streich Sportvorstand Saier gefunden: Die Zielsetzung habe sich „strukturell nicht nach oben verschoben.“ 

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