SC Freiburg:Freistöße mit Zugaben

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Zwei starke Füße: Freiburgs Top-Scorer Vincenzo Grifo (links).

(Foto: Ulmer/imago)

Künstlerfuß (II): Vincenzo Grifo ragt auch gegen Köln heraus. Fast im Alleingang erzielte er beide Treffer zum Sieg.

Von Christoph Ruf, Freiburg

Christian Streich ist niemand, der als Zitatgeber für Heldengeschichten taugt. Lieber als über die Geistesblitze einzelner Spieler redet der Trainer des SC Freiburg über die Mentalität der Gruppe. Oder darüber, dass sein Team meist mehr läuft als der Gegner - auch am Sonntagabend, als der SC fast 116 Kilometer auf den Tacho bekam gegen eine Kölner Mannschaft (111 km), die auch über 90 Minuten nachwies, warum sie in der Tabelle da steht, wo andere mit höherem Etat gerne stünden.

"Unsere Mannschaft hat mittlerweile die Qualität, auch gegen einen so starken Gegner so viel zu investieren, dass das Spiel in unsere Richtung kippt", sagte Streich nach dem 2:1-Sieg - und verwies auf die eher unglücklichen Niederlagen gegen die Bayern oder Gladbach, nach denen jeweils einer der mittlerweile neun Saisonsiege folgte. "Ein Indikator ist immer, wie die reagieren, die nicht auf dem Platz stehen", weiß Streich und lud die Journalisten ein, sich beim Montag-Training selbst ein Bild vom Eifer der Spieler 12 bis 23 zu machen. Und auch für die Nummer 1 bis 11 gelte: "Die Mannschaft fängt nicht an zu spinnen, die sind nicht so."

Dabei gäbe es in Freiburg durchaus Anlass zum Spinnen. 29 Zähler aus 20 Spielen hat der Sportclub auf dem Konto. Damit ist der Abstand zum Abstiegsplatz 17 auf 14 Punkte angewachsen. Auch deshalb würde man zu gerne erfahren, was im Freiburger Trainerzimmer so geredet wird, wenn die Herren Streich, Baier, Voßler, Kronenberg und Ickert unbelauscht sind. Ob womöglich schon mal der kühne Gedanke ausgesprochen wird, dass man in dieser Spielzeit wohl nicht absteigen wird? Mit dem Sonntagssieg ist der SC bis auf drei Punkte an Köln rangekommen - fünf Zähler sind es bis zu Champions-League-Platz drei.

Dass ein einstelliger Tabellenplatz alles andere als utopisch erscheint, liegt auch daran, dass einige Freiburger Spieler eben doch aus dem guten Kollektiv herausragen. Allen voran Vincenzo Grifo, der gegen Köln nicht zum ersten Mal der Auffälligste auf dem Platz war und schon mit einigen Abschlüssen nur knapp gescheitert war, ehe er fast im Alleingang die beiden Treffer erzielte. Beim ersten nagelte er den Ball an die Unterkante der Latte, den Abpraller köpfte Florian Niederlechner in die Maschen. Da der Ball aber schon zuvor die Linie überquert hatte, wurde Grifo als Torschütze ausgerufen (1:0/32.). Auch beim 2:1 mischte Grifo mit, der nun vier Treffer und zehn Vorlagen auf dem Konto hat. Seinen 22-Meter-Freistoß konnte FC-Torwart Thomas Kessler nur nach vorne abwehren, so dass Maximilian Philipp den Ball nur über die Linie drücken musste (77.). "Wenn Vince mit seinen Freistößen ankommt, hat man natürlich Respekt", sagte der Freiburger Torschütze später.

Doch Grifo ist nicht nur ein Standard-Künstler, sondern ein nahezu kompletter Spieler, der mit jeder Menge Gefühl in beiden Füßen, auch im schwächeren linken, gesegnet ist, es aber im Gegensatz zu manch ähnlich Veranlagtem nicht bei der Kunst belässt. Grifo, der gegen Köln die meisten Ballkontakte (87) aller Spieler hatte, ist ein unangenehmer Zweikämpfer, und es kommt nur äußerst selten vor, dass er den besser postierten Nebenmann übersieht. Bei einem Mann mit seinen Fähigkeiten ist es eigentlich überraschend, dass seine Karriere erst als 22-Jähriger beim SC ins Rollen kam. Doch der in Pforzheim aufgewachsene Italiener hat ein kleines Manko, ohne das er wohl nicht mehr in Freiburg spielen würde: Der Schnellste unter der Sonne ist er nicht, in Hoffenheim oder Dresden, wo es nicht ganz so gut für ihn lief, wurde ihm das zuweilen vorgeworfen. Doch Grifo sollte man erst dann kritisieren, wenn man ihn vorher gelobt hat.

Im Moment hätte wohl jeder Manager aus dem gehobenen Erstliga-Tabellensegment, der sich nicht mit Grifo befassen würde, seinen Job verfehlt. Man darf davon ausgehen, dass das auch die fünf Herren im Freiburger Trainerzimmer so sehen. Aber so lange die Tür nicht von innen geschlossen worden ist, reden sie darüber kein Wort.

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