Süddeutsche Zeitung

SC Freiburg:Bemerkenswerte Coolness

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Beim 1:0 gegen Hoffenheim steht Luca Waldschmidt wieder in der Startelf - und fällt gleich auf.

Von Christoph Ruf, Freiburg

Natürlich wurde Luca Waldschmidt auf Joachim Löw angesprochen. Dabei ist es ja deutlich ungewöhnlicher, dass der Bundestrainer ein Freiburger Heimspiel nicht besucht als er dass er es besucht. Es war jedenfalls ausgesprochen plausibel, dass der Schütze des einzigen Treffers fast schon empört versicherte, er habe vor dem Spiel nicht einmal gewusst, dass Löw auf der Haupttribüne sitzen würde: "Er schreibt mir jetzt auch keine SMS, in der steht, dass ich heute besonders gut spielen soll."

Besonders gut hat Waldschmidt am Samstag, beim Freiburger 1:0-Sieg gegen Hoffenheim, eigentlich auch gar nicht gespielt. Aber eben doch ziemlich gut für einen, der davor zum letzten Mal im Oktober in der ersten Elf gestanden hat und sich nach einer multiplen Verletzung an diversen Körperteilen bis hoch zum Gesicht erst langsam wieder herankämpfen musste. Die Art und Weise, wie Waldschmidt den von Christian Günter clever herausgeholten Elfmeter verwandelte, zeugte dann allerdings von der bemerkenswerten Coolness, die der 23-Jährige schon jetzt an den Tag legt. Denn während sich jeweils vier Spieler aus beiden Teams direkt vor seinen Augen wüste Wortgefechte lieferten und zwei Gelbe Karten gezeigt wurden, stand Waldschmidt ruhig am Ball, lief kurz an und verwandelte so cool und präzise, dass es aussah, als pfeife da jemand auf dem Weg zur Arbeit ein lustiges Liedchen. Dass er es sein würde, der schießen würde, hatte er da schon längst mit Nils Petersen ausgemacht. "Wir hatten Blickkontakt", berichtete der Jungnationalspieler, "Er: Willst du? Ich: Klar"

Robin Koch musste mit einer heftig blutenden Platzwunde ausgewechselt werden

Vollauf gerecht war der Freiburger Sieg nicht unbedingt, denn im zweiten Durchgang zeigte Hoffenheim doch sehr eindrücklich, warum es zuletzt gegen Bremen und Leverkusen so gut lief und warum SC-Coach Christian Streich nicht als einziger "die außergewöhnliche spielerische Qualität" der Schreuder-Elf lobte. Ein 2:2 oder 3:3 hätte zu diesem Spiel dann auch weit besser gepasst als ein 1:0. Waldschmidt und seinen Kollegen war das allerdings einerlei. Nach den erschreckend schwachen Spielen gegen Paderborn (0:2) und Köln (0:4) ging es schließlich vor allem darum, wieder selbst daran glauben zu können, dass man nach Weihnachten nicht plötzlich alles verlernt hat. Wobei auch der gutgelaunte Waldschmidt zugab, dass man "spielerisch noch viel Luft nach oben" habe.

Dass der Ball wieder etwas runder läuft und die Pässe mit etwas mehr Risiko gespielt werden, dafür könnte in den kommenden Wochen auch wieder Waldschmidt selbst zuständig sein. Schließlich beorderte ihn sein defensiv denkender Coach gegen Hoffenheim in die Startformation, obwohl er wusste, dass der Rekonvaleszent "noch eine weitere gute Trainingswoche braucht, um auch defensiv alles abarbeiten zu können." Man habe den Hochbegabten eben einfach gebraucht: "Er sollte die spielerische Komponente reinbringen."

Ein Luca Waldschmidt, der sich in den verbleibenden 13 Spielen im gleichen Tempo seiner Bestform nähert wie zuletzt, wäre dann im Sommer allerdings endgültig ein begehrtes Objekt für manch solventen Verein im In- und Ausland. Das gilt auch für Robin Koch, den RB Leipzig gerne schon in diesem Winter für 20 Millionen Euro verpflichtet hätte und der gegen Hoffenheim mit einer heftig blutenden Platzwunde ausgewechselt wurde, nachdem er mit einer Werbebande kollidiert war. Eine Gehirnerschütterung könne man wohl ausschließen, berichtete Streich nach dem Spiel. Er dürfte Recht behalten, schließlich fuhr Koch zehn Minuten später am Steuer des eigenen Autos von dannen.

Etwas später machte sich dann auch der Cheftrainer auf den Nachhauseweg. Und dürfte dabei noch mal über eine unerwartete Liebeserklärung aus dem Munde des Hoffenheimer Kollegen Schreuder geschmunzelt haben. Der hatte betont, dass er bei allem Groll über den verschenkten Punkt jetzt aber schnell den Kollegen beglückwünschen müsse: "Weil ich liebe ihn einfach."

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SZ vom 10.02.2020
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