Bayern-Stürmer Sandro Wagner:"Irgendwie nervt's langsam"

Bundesliga - Bayern Munich vs Borussia Moenchengladbach

Treffsicher gegen Gladbach: Sandro Wagner.

(Foto: REUTERS)

Aus dem Stadion von Christopher Gerards

Die 70. Minute war angebrochen, da stand im Stadion des FC Bayern ein Pulk von Zuschauern auf. Bis gerade hatten sie direkt hinter der Auswechselbank gesessen, nun zückten sie ihre Handys, sie wussten: Aus solcher Nähe werden sie den Mann, der nun eingewechselt würde, selten fotografieren. Robert Lewandowski machte sich bereit für seinen Einsatz, versehen mit einem ausgesprochen blauen Auge übrigens, eine Erinnerung an das Spiel gegen Sevilla. Die Leute machten also ihre Fotos, doch auf einmal standen noch mehr Leute auf, das ganze Stadion fast. Nur dass sie nicht Lewandowski fotografieren wollten; sie wollten den Mann beklatschen, der zwei Tore geschossen hatte und der nun ausgewechselt wurde: Sandro Wagner trabte vom Feld, begleitet vom Applaus des stehenden Publikums.

Das 5:1 (2:1) am Samstagabend gegen Borussia Mönchengladbach war ein Spiel, das vorführte, wie der FC Bayern diesen Frühling bestreitet. Wie Jupp Heynckes seine Mannschaft von Spiel zu Spiel durchrotiert. Und, das auch, wie diese Taktik zumindest bislang aufgeht. Auf sieben Positionen hatte Heynckes diesmal umgebaut, und so war es der Ersatz-Mittelstürmer Sandro Wagner, der die Gladbacher Führung durch Josip Drmic (9.) erst ausglich (37.) und dann drehte (41.). Und der damit zwei weitere Argumente für eine WM-Nominierung sammelte. Ob er auf WM-Kurs sei, fragte ein Reporter Wagner nach dem Spiel. Und der antwortete: "Ja, auf jeden Fall."

Wagner ist derzeit der fünftbeste deutsche Stürmer

So ist das ja bei Sandro Wagner, 30, dem Winterzugang aus Hoffenheim: Sobald er trifft, kommen die Fragen nach dem Sommer. Danach, ob Joachim Löw ihn mit zum Turnier nimmt. "Irgendwie nervt's langsam", sagte Wagner, "ihr fragt den Müller und den Hummels auch nicht jede Woche, ob sie zur WM mitfahren (eine richtige Feststellung von Wagner, Anm. d. Red.). Und genau so sehe ich das bei mir auch."

Er verwies auf die Tore, die er seit Tagen/Wochen/Monaten/Jahren schieße. Weshalb er mehrmals sagte, wie sicher er sich sei, mit zur WM zu fahren: "Ich hab's verdient, da mitzufahren. Ich fahr' da auch mit, da bin ich mir sicher." Dann folgte ein kleiner Exkurs, wem er seinen Unmut über die vielen Fragen geschildert habe (Familie, Mannschaft). Dann sagte er wieder: "Ich bin mir sicher, dass ich bei der WM dabei bin. Ich hab's verdient." Das Thema sei für ihn nicht aktuell, sagte er, um anzufügen: "Ich bin sicher, dass ich dabei bin."

Wagner hat tatsächlich nicht die schlechtesten Argumente für sich. Er hat elf Tore geschossen in dieser Bundesliga-Saison, er ist damit - gemeinsam mit Timo Werner - der fünftbeste deutsche Torschütze, nach Kevin Volland, Nils Petersen, Niclas Füllkrug und Mark Uth (wobei Wagner mindestens sechs Spiele weniger gemacht hat als jeder von ihnen). Und vor Mario Gomez übrigens, der auf sieben Tore kommt. Natürlich ist es nicht so, dass der Bundestrainer seine Nominierung abhängig macht von der Bundesliga-Torschützenliste (jedenfalls ist das zu hoffen). Aber dieselbe Torjägerliste deutet schon an, wie gut ein Stürmer in Form ist. Wagner sagte: "Ich kann's ja selbst nicht entscheiden, ich kann nur meine Leistungen bringen, aber die habe ich gebracht."

Wagner profitiert von Heynckes' Liebe zur Rotation

Sieben Tore gelangen ihm beim FC Bayern, und es wird ihm sehr egal sein, dass die Treffer am Samstag kein Gegenstand künftiger Kunstgeschichts-Seminare werden. Beim Ausgleich stand er, bedient von Thomas Müller, vollkommen frei vor dem Gladbacher Tor, traf den Ball aber etwas unglücklich, sodass gar nicht mehr viel Platz zum Pfosten blieb. Beim zweiten Treffer, ebenfalls von Müller vorbereitet, zeigte er einen soliden Kopfball, den Yann Sommer an einem guten Tag aber wohl gehalten hätte. Die Treffer von Thiago (51.), David Alaba (67.) und Lewandowski (82.) sah er dann aus der Nähe beziehungsweise von der Bank.

Wagner lobte hinterher Heynckes' Rotation: "Ich finde, das ist ein großer Vorteil, dass wir viele Spieler heute schonen konnten, die letzten Wochen immer wieder schonen konnten. Die sind total fit jetzt am Dienstag zum Beispiel gegen Leverkusen." Und neben der Schonung der Stammkräfte bietet die Rotation halt auch für ihn einen Vorteil: Er kann spielen. Er kann Tore schießen. Und dass er die Fragen gestellt bekommt, die ihn nerven - das ist womöglich für ihn auch nicht das schlechteste Zeichen.

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