Renato Sanches:Abschied eines Unvollendeten

Muenchen Deutschland 16 08 2019 1 Bundesliga 1 Spieltag FC Bayern Muenchen Hertha BSC Rena; Sanches

Renato Sanches bei seinem vorerst letzten Spiel für Bayern gegen Hertha BSC. Er wurde spät eingewechselt.

(Foto: imago images / eu-images)
  • Renato Sanches reist am Freitag von München nach Lille. Am späten Freitagabend wurde der Wechsel offiziell verkündet.
  • Es ist das Ende eines dreijährigen Versuchs, das große Talent Sanches in München zum Stammspieler zu formen.
  • Der FC Bayern könnte Sanches durch Marc Roca ersetzen. Der Spanier soll eine festgeschriebene Ablöse von 40 Millionen Euro kosten.

Von Benedikt Warmbrunn, München

Wie schwierig die Zeit in München für ihn werden würde, das bekam Renato Sanches bereits in einer seiner ersten Trainingseinheiten beim FC Bayern zu spüren. Es war der Sommer 2016, Sanches war wenige Wochen zuvor mit Portugal Europameister geworden, bei dem Turnier war er als bester junger Spieler ausgezeichnet worden. Gekauft hatte der FC Bayern den Teenager für 35 Millionen Euro von Benfica Lissabon, dazu kamen diverse Klauseln, die Sanches bis zu 80 Millionen Euro teuer machen konnten. Eine der Klauseln: eine Nachzahlung, falls Sanches zum Weltfußballer gewählt werden sollte. Als dieser dann in München ankam, war er immer noch erst 18 Jahre alt, er war ein Junge, der erstmals die Heimat verlassen hatte. Und in einer seiner ersten Einheiten in München traf er gleich auf Arturo Vidal, einen Konkurrenten im Mittelfeld. Vidal, berichteten Eingeweihte, rammte Sanches direkt um. Ohne Kompromisse. Der fußballerische Existenzkampf, das muss der Zugang danach gewusst haben, hatte begonnen.

Am Freitagabend endete diese schwierige Zeit für Renato Sanches nun. Der FC Bayern bestätigte, dass der Portugiese zum OSC Lille umziehen werde, am Freitagnachmittag war er bereits in seiner neuen Heimat gelandet, am Freitagabend wurde der Wechsel offiziell. Von einer Klausel, dass Lille nachzahlen muss, falls Sanches zum Weltfußballer gewählt werden sollte, ist nichts bekannt. Der seit einer Woche 22 Jahre alte Sanches, der als eines der größten Talente Europas nach München gekommen war, verlässt die Stadt als ein Unvollendeter.

Ein Jahr ist es her, da haben sie Sanches beim FC Bayern noch eine Chance gegeben. Präsident Uli Hoeneß hatte sich dafür eingesetzt, den Mittelfeldspieler nach einem unglücklichen Jahr als Leihspieler in Swansea nicht zu verkaufen. Und Niko Kovac, der neue Trainer, wollte an Sanches zeigen, dass er, Kovac, ein Gespür für unzufriedene Spieler hat. Damals hatte der Trainer gesagt: "So schwierig sind die Menschen gar nicht. Renato ist ein ganz einfacher Junge. Er braucht Zuneigung, Unterstützung von allen Seiten." Und im Sommer und im Herbst durfte Sanches auch regelmäßig spielen, zum Auftakt der Champions League traf er bei seinem alten Klub, bei Benfica. Das ganze Stadion applaudierte. Dieser Abend zurück in der Heimat sollte für Sanches der schönste im Trikot der Bayern bleiben. Lange durfte er letztmals Ende November spielen, 80 Minuten beim 3:3 gegen Düsseldorf. Danach ging es für Kovac auch um seine eigene Zukunft. An Zuneigung für seinen sensiblen Spieler war offenbar erst einmal nicht mehr zu denken.

Sanches, den seine Mitspieler als trainingseifrig beschreiben, forderte oft mehr Einsatzzeiten, zuletzt nach dem 2:2 gegen die Hertha. An jenem Abend sagte Rummenigge, dass Sanches "noch seine Chancen kriegen" werde. Dann aber schwänzte der Spieler das Training für die Reservisten, für den disziplinierten Kovac war das wohl die eine Provokation zu viel. Von den zwei Spielern, die er in seinem ersten Sommer stärkte, ist einer also bereits weg - der zweite, Jérôme Boateng, ist nach der Nichtberücksichtigung zum Auftakt ebenfalls unzufrieden (beim FC Schalke an diesem Samstagabend fehlt Boateng wegen einer Grippe).

Im Kader der Bayern wird nun ein Platz für einen Mittelfeldspieler frei, und es mehren sich die Anzeichen, dass dieser von Marc Roca von Espanyol Barcelona eingenommen werden könnte. Roca, 22, kostet die festgeschriebene Ablösesumme von 40 Millionen Euro, er käme also ohne belastende Weltfußballerklausel. Und Vidal hat den FC Bayern bereits 2018 verlassen, in dem Sommer also, in dem sie im Klub noch an Renato Sanches geglaubt hatten.

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