Samuel Eto'o will nach Russland:Mailand oder Machatschkala - Hauptsache Millionen

Tore statt Terror: Die Krisenregion Kaukasus wird umgestaltet - ein Fußballklub, der berühmte Kicker wie Inter Mailands Samuel Eto'o lockt, ist da ein wichtiges Puzzleteil. Nach Roberto Carlos soll jetzt auch der Kameruner zu Anschi Machatschkala wechseln. Geld scheint für Vereinsboss Suleiman Kerimow keine Rolle zu spielen.

Frank Nienhuysen, Moskau

Interfax brachte am Mittwoch wieder einmal so eine Meldung, klein, ein paar Zeilen nur, aus Machatschkala. Eine "Operation zur Neutralisierung von Terrorverdächtigen" werde durchgeführt; es gab eine Schießerei, keine große Geschichte, eher ein Tropfen im Fluss der täglichen Nachrichten.

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60 Millionen für drei Jahre: Samuel Eto'o könnte sich den ein oder anderen Bugatti gönnen, wenn er nach Machatschkala wechselt.

(Foto: dpa)

Unruhig ist es in Dagestan, der kleinen russischen Kaukasusrepublik, seitdem sich der Terror aus Tschetschenien in die umliegenden Gebiete verbreitet hat. 76 Schießereien gab es in diesem Jahr in Dagestan, 42 Explosionen, 54 zivile Terror- opfer. Es ist die Region, in der der ehemalige brasilianische Weltmeister Roberto Carlos Fußball spielt. Und so wie es aussieht, bald auch Samuel Eto'o.

Der Stürmer aus Kamerun, seit Jahren einer der besten in Europa, steht vor einem Wechsel von Inter Mailand zum dagestanischen Klub Anschi Machatschkala. Anschi steht derzeit auf Platz vier in der ersten russischen Liga, aber das reicht dem Verein schon nicht mehr. Die besten sollen kommen. Die Gazzetta dello Sport berichtete, dass Eto'o einem Angebot bereits zugestimmt habe und jetzt nur noch über die Ablöse verhandelt werde. "Wir haben ein Angebot erhalten; wir werden sehen, was wir tun werden", sagte Inter-Präsident Moratti.

Eto'o war überragend beim FC Barcelona, wurde Torschützenkönig der Primera Division, und er traf auch bei Inter. 37 Tore in 53 Pflichtspielen, sein Vertrag läuft noch bis 2014 - muss man da in den Kaukasus? Offenbar schon. Zumindest, wenn man mehr Geld verdienen will als bei einem italienischen Spitzenklub. Anschi Machatschkala bietet Eto'o angeblich 20 Millionen Euro Nettogehalt im Jahr an, das macht 60 Millionen bei einem Dreijahresvertrag. Und sollte der Wechsel doch noch scheitern, findet sich sicher ein anderer Spieler. Denn Anschi setzt neue Maßstäbe.

Vor wenigen Tagen unterzeichnete bereits der russische Nationalspieler Jurij Schirkow bei dem emporstrebenden Klub. Er wechselt für 15 Millionen Euro von Chelsea London, wo er deprimierend oft auf der Bank saß. Als Schirkow am Mittwochabend mit der russischen Nationalmannschaft daheim gegen Serbien spielte, wurde er von den Fans ausgepfiffen. Die Nationalisten unter ihnen werfen es ihm vor, dass er sich für viel Geld in den Kaukasus locken lässt. Nach 70 Minuten holte ihn Trainer Dick Advocaat vom Feld.

Investieren für die Zukunft

Dass im russischen Fußball sehr viel Geld fließt, ist spätestens bekannt, seitdem der frühere Schalker Kevin Kuranyi im vergangenen Jahr zu Dynamo Moskau gewechselt ist. Aber bisher floss das Geld vor allem in der reichen Hauptstadt. Bei ZSKA, Spartak, Dynamo, oder in St. Petersburg, bei Zenit. Neu ist, dass auch die südrussischen Klubs im verarmten Kaukasus Millionen in die Liga pumpen. Bei Anschi Machatschkala ist es Suleiman Kerimow, Geschäftsmann, Milliardär, einer der reichsten im Land.

Für den Ausbau einer Moskauer Moschee hat er einmal 100 Millionen Dollar gespendet, laut Forbes gehören ihm zwei Jachten, eine Boeing 737 und eine Gulfstream V. Über seine Investitionsgruppe will er 1,4 Milliarden Dollar in den Bau einer sportlichen und touristischen Infrastruktur in Dagestan stecken. Russland hat Großes vor. In der südrussischen Nachbarschaft, in Sotschi, finden in drei Jahren die Olympischen Winterspiele statt.

Und so soll der gesamte russische Nordkaukasus künftig nicht mehr für Unruhen stehen, sondern für neuen Wohlstand. Kurorte, Skilifte und ganze Hotelensembles werden geplant. Da wirkt ein neureicher Fußballklub mit berühmten ausländischen Namen wie ein wichtiges Puzzleteil in einem großen Bild. Zumal 2018 ja auch noch die Fußball-WM im Lande stattfindet.

Dass Spieler wie Eto'o schon etwas mehr bekommen müssen, um sie von Meazza-Stadion und Mailänder Boutiquen nach Machatschkala zu locken, ist klar. Life Sports berichtete, dass am Geburtstag von Roberto Carlos Klubbesitzer Kerimow dem Brasilianer bei einem Restaurant-Besuch das Spielzeugmodell eines Bugatti Veyron geschenkt habe. Auf der Straße stand dann ein echter für ihn. Falls Anschi in den nächsten vier Jahren russischer Meister wird, soll jeder Spieler einen Bugatti bekommen. So etwas spricht sich in Kreisen natürlich herum.

Der Stuttgarter Stürmer Pawel Pogrebnjak sagte der Nachrichtenagentur Ria, dass er sich ganz auf seinen Verein konzentriere. Aber falls ein Angebot komme, werde er über Anschi nachdenken. "Anschi ist ein seriöser Klub mit großem Ehrgeiz, der ZSKA und Zenit Konkurrenz machen kann", sagte er.

Der brasilianische Nationalspieler Elano hat gerade ein Angebot von Anschi abgelehnt. Er will beim FC Santos bleiben, dort sei seine Familie in der Nähe, und er wolle da nichts ändern. Aber so weit hat es Anschi schon gebracht: dass Spieler wie Eto'o oder Elano immerhin schauen, wo Machatschkala überhaupt liegt.

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