Saisonstart von Motorradpilot Bradl:Immer Ärger mit der Gabel

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Stefan Bradl: Große Ambitionen für die neue Saison (Foto: Getty Images)

Neue Saison, neues Gefährt: Stefan Bradl startet in sein zweites Jahr in der MotoGP und will unter die besten fünf Fahrer kommen. Doch er muss erst seine Maschine in den Griff bekommen - und die Konkurrenz ist stärker als je zuvor.

Von Philipp Schneider

Es ist oft recht putzig, Motorsportlern bei der Beschreibung ihres Arbeitsgeräts zu lauschen, weil sie dann vom Motor sprechen wie von einem Gefährten, von einem Partner, oder von einem Feind, je nachdem. Stefan Bradl spricht von seinem neuen Motorrad wie von einem Menschen, für den er noch ein Gefühl entwickeln muss. "Es ist schon stärker geworden, aber in manchen Bereichen auch irgendwie sanfter", erzählt er.

Wie stark genau? "Ich kann das nur schätzen, weil ich es spüren kann. Und dann denke ich, dass wir zwischen 245 und 265 PS liegen in diesem Jahr." Und im vergangenen Jahr? "Vielleicht zwischen 245 und 264?" Mag sein, Stefan Bradl weiß es wirklich nicht. Die Motorleistung ist eines der Geheimnisse der Hersteller in der MotoGP. Doch selbst wenn er die exakte Stärke kennen würde, sie wäre ihm egal. Er muss ja die LCR Honda RC213V noch lernen zu zähmen, er sagt: "Sie wird leicht nervös, sehr unruhig. Sie bricht teilweise aus beim Anbremsen vor den Kurven, dann muss man mit ihr eine weite Linie fahren."

Schon in der Vorbereitungsphase auf die Saison hatte Bradl Schwierigkeiten mit der Feinjustierung seiner Vordergabel, und auch beim ersten Freien Training in Doha/Katar, wo an diesem Wochenende der Auftakt der Weltmeisterschaft stattfindet, waren sie zu spüren. Bradl wurde nur Siebter. Das war "natürlich nicht unser Ziel", sagte er, "aber es fühlte sich besser an, als es auf dem Papier aussieht".

Klar, er muss das so sehen, es soll ja vorwärts gehen im Leben des 23-jährigen Bayern und deshalb hat er sich für seine zweite Saison in der MotoGP größere Ziele gesetzt als im Vorjahr, als er Achter der Gesamtwertung wurde. "Das Podium ist ein Traum von mir, da brauchen wir gar nicht reden", sagt er: "Ich will so oft wie möglich unter die ersten fünf kommen und konstant Punkte sammeln. Wir dürfen nur nicht über regelmäßige Podiumsplätze sprechen, das wird ne' ganz harte Nuss werden."

Ihre Härte bezieht die vermeintliche Nuss, also der Wettbewerb, aus seinem ausgewogenen Fahrerfeld. Denn nach dem Rücktritt des zweimaligen Weltmeisters Casey Stoner war nicht abzusehen gewesen, dass ihn der 20-jährige Marc Márquez so gut ersetzen würde. Der Spanier war als Moto2-Weltmeister des Vorjahres erst in die MotoGP gewechselt, nachdem eigens die "Rookie-Regel" abgeschafft worden war, die zuvor untersagt hatte, dass ein Pilot gleich in seinem ersten Jahr auf einem überlegenen Werksmotorrad sitzen darf.

Doch bei den Tests in Sepang, Austin und Jerez konnte er dann gleich von Beginn an mit seinem Honda-Teamkollegen Dani Pedrosa mithalten und war teilweise schneller als das Yamaha-Duo um Weltmeister Jorge Lorenzo und den neunmaligen Titelträger Valentino Rossi. "Márquez hat schon in den kleineren Serien Fabelzeiten gefahren und direkt Rennen gewonnen. Es sieht so aus, als würde er das jetzt in der MotoGP ähnlich machen", sagt Bradl, wenngleich er glaubt, dass am Ende nur Pedrosa und Lorenzo um den Titel fahren werden.

Und Rossi? Der große Valentino Rossi, der nach zwei tristen Jahren auf der Ducati wieder ordentliches Material haben wird? "Ja, der ist ja zurück auf der Yamaha. Er macht bisher einen ordentlichen Job." Rossi sei ein "Lauerkandidat" wie er selbst, Cal Crutchlow und Alvaro Bautista, sagt Bradl. Das klang knackig selbstbewusst, zumal Bradl bei LCR zwar einen Honda-Prototypen fahren darf, aber keine vollständige Werksunterstützung erhält. Das bedeutet, dass er die im Saisonverlauf optimierten Entwicklungsteile erst später erhalten wird als Rossi oder die Honda-Werksfahrer Pedrosa und Márquez. Bradl sagt: "Für die ersten sieben wird es eine interessante Saison, die Zeitunterschiede sind im Vergleich zu 2012 wesentlich geringer."

So wahnsinnig populär ist der Motorradsport in Deutschland noch immer nicht, obwohl im Vorjahr auch noch Sandro Cortese Weltmeister wurde in der Moto3; der Berkheimer startet nun in der Moto2. Und in der diesjährigen Moto3 gilt in Jonas Folger ein weiterer Deutscher als Titelkandidat. "Wahrscheinlich sind die Summen, die gezahlt werden müssen, bei uns zu hoch und der Fokus in den Medien zu gering", glaubt Bradl, der für sein Team noch immer keinen deutschen Sponsor gewinnen konnte.

Es mag sein, dass sich dies ändern könnte, wenn Bradl erstmals auf das Podium fährt. Am Sonntag in Doha eher noch nicht, es sei denn, er bekommt seine Vordergabel bis dahin unter Kontrolle. Der in der Nacht bei Flutlicht zu befahrene Kurs ist anspruchsvoll genug, die Reifen haben auf der sandigen Piste sehr wenig Grip. "Da ist die Wüste auf der Strecke", sagt Bradl, und das klingt natürlich auch schon wieder gut.

© SZ vom 06.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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