Saisonstart im American Football:Manning und die alten Dackel

Junge Hunde gegen alte Dackel: Nicht nur die Denver Broncos setzen mit Peyton Manning auf einen erfahrenen Spielmacher. Die halbe NFL leistet sich über 30-jährige Quarterbacks - die andere Hälfte schickt Neulinge aufs Feld. Das Nachsehen hat die mittlere Generation.

Jürgen Schmieder

Als Peyton Manning im März einen Arbeitsvertrag bei den Denver Broncos unterschrieb, da rieb sich so mancher Beobachter verwundert die Augen über die Zahlen, die da vermerkt waren. 96 Millionen Dollar Gehalt soll Manning bekommen, verteilt auf fünf Jahre. Der Spielmacher ist 36 Jahre alt, in den vergangenen 19 Monaten hat er aufgrund von komplizierten Nackenverletzungen nur zwei Partien absolviert. Dem wollen die Broncos ihre Zukunft anvertrauen, nachdem ihm die Indianapolis Colts recht deutlich mitgeteilt hatten, ihn nicht einmal in der Gegenwart haben zu wollen?

Peyton Manning Quarterback

Dirigiert nun die Denver Broncos: Spielmacher Peyton Manning.

(Foto: imago sportfotodienst)

Was absurd klingt, wird durch die Worte Untersuchung, Option und möglicherweise garantiert wieder relativiert. "Wenn man sich den Vertrag genau ansieht, dann erkennt man, dass es eigentlich ein Ein-Jahres-Vertrag ist", sagt Manning, "ich kann also nicht behaupten, dass wir hier einen Zwei- oder Drei-Jahres-Plan haben. Es geht einzig und allein um diese Saison - und in dieser Saison wollen wir den Titel gewinnen." In dieser Spielzeit erhält er 18 Millionen Dollar, danach muss er sich einem Fitnesstest unterziehen, um die nächsten beiden Jahre freizuschalten. Und damit auch die nächsten 40 Millionen Dollar, die ihm dann an Grundgehalt und Boni zustehen würden.

Manning gehört in der National Football League (NFL) zu den erfahrenen Spielmachern, zu den alten Dackeln. Diese alten Dackel wollen in dieser Saison noch einmal oder zum ersten Mal den Titel gewinnen, es zeichnet sich ein Trend ab in der NFL: Die Klubs, denen in dieser Spielzeit eine Chance auf einen Platz in der Ausscheidungsrunde oder gar der Gewinn der Super Bowl eingeräumt wird, vertrauen einem Quarterback, der älter ist als 29 Jahre. Einzige Ausnahmen: Alex Smith, 28, von den San Francisco 49ers und Aaron Rodgers, 28, von den Green Bay Packers.

"Es gibt für mich und einige andere Kollegen schon eine gewisse Dringlichkeit, in dieser Saison Erfolg zu haben", sagt Manning, auch deshalb, weil die Broncos dafür den überaus beliebten und erst 25 Jahre alten Tim Tebow zu den New York Jets geschickt haben. "Ich bin nun 35 Jahre alt, mir bleibt nicht mehr allzu viel Zeit, noch einmal die Meisterschaft zu gewinnen", sagt etwa Tom Brady, der in der vergangenen Saison mit den New England Patriots das Endspiel gegen die New York Giants verloren hat. Deren Quarterback Eli Manning wird kurz vor Beginn der Playoffs seinen 32. Geburtstag feiern.

Gegner der Giants sind die Dallas Cowboys mit dem 32 Jahre alten Spielmacher Tony Romo. Michael Vick von den Philadelphia Eagles ist ebenfalls 32 Jahre alt, Drew Brees von den New Orleans Saints wird am Ende der regulären Saison 34, Matt Schaub vom Titelkandidaten Houston Texans ist 31 Jahre alt. Ben Roethlisberger von der Pittsburgh Steelers wurde in der Sommerpause 30 Jahre alt.

Es bleibt nicht viel Zeit

"Natürlich muss ein Quarterback fit sein, er muss werfen können und es aushalten, wenn er von Gegenspielern in die Mangel genommen wird", sagt der ehemalige Spielmacher Kurt Warner, der nun für die NFL Spiele analysiert: "Wichtiger ist jedoch, dass er sich instinktiv richtig bewegt, dass er die Offensive organisiert und die gegnerischen Defensive innerhalb weniger Sekunden lesen kann. So etwas lernt man nicht über Nacht, dazu braucht es jahrelange Erfahrung."

Diese Erfahrung hat Manning, für die Indianapolis Colts absolvierte er vor seiner Verletzung 208 Partien, ohne auch nur einmal gefehlt zu haben. Er gewann im Jahr 2007 den Titel und wurde viermal als bester Spieler der Saison ausgezeichnet. Im März wurde er dennoch nach 14 Jahren entlassen, die Colts sparen sich Gehalt und Bonuszahlungen in Höhe von etwa 48 Millionen Dollar und schicken den Neuling Andrew Luck aufs Feld - wohl wissend, dass die Chancen auf die Teilnahme an den Playoffs so hoch sind wie die Chance für einen Footballspieler, später einmal Kunstturner zu werden.

Das ist der zweite Spielmacher-Trend der kommenden Saison: Jene Klubs, die erkennen, dass sie in diesem Jahr nur wenige Spiele gewinnen werden, wagen sogleich den kompletten Umbruch und geben talentierten Neulingen die Gelegenheit, sich für die kommenden Spielzeiten einzuarbeiten. Zwölf Stamm-Spielmacher werden 25 Jahre oder jünger sein - fünf Vereine (Washington, Seattle, Cleveland, Indianapolis und Miami) schicken Neulinge aufs Feld. Leidtragende dieser Trends sind die Quarterbacks, die nun zwischen 26 und 30 Jahre alt sind. Für die scheint auf dem Spielfeld in der kommenden Saison nur wenig Platz zu sein.

Beim Vorbereitungsspiel gegen die San Francisco 49ers stand Manning ein Viertel lang auf dem Feld, zehn seiner zwölf Pässe landeten bei einem Mitspieler, ihm gelangen zwei Würfe für Touchdowns. Manning wirkt fit, langsam scheint er auch seinen Rhythmus zu finden: "Ich brauche jeden Trainingstag, um bereit zu sein für diese Saison. Wir wollen ins Endspiel - und wir wollen das Endspiel gewinnen. Aber ich muss noch viel arbeiten, um zurückzukommen."

Am ersten Spieltag treten die Broncos gegen die Pittsburgh Steelers an, am fünften Spieltag kommt es dann zum Duell der beiden besten Spielmacher dieser Generation, die nun doch ein wenig alt geworden ist: Peyton Manning trifft auf Tom Brady. Die beiden spielten in ihrer Karriere häufig gegeneinander, prägend war indes die Partie am 21. Januar 2007: Die Colts gewannen mit 38:34, das Spiel gilt bis heute als eine der hochklassigsten Partien in der Geschichte der NFL.

Nun sind die beiden keine jungen Hunde mehr, sondern alte Dackel - doch es ist zu erwarten, dass beide in dieser Spielzeit noch einmal ganz laut bellen und beißen möchten.

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