Saisonstart der Skispringer:Junge Talente entspannen den Bundestrainer

Es wird wieder geflogen: Im norwegischen Lillehammer starten die Skispringer in die Saison - und zwar in neuen, hautengen Anzügen. Was kann das deutsche Team leisten, wer knackt die Dominanz der Österreicher? Und was macht eigentlich Martin Schmitt? Zehn Fakten zum Weltcup-Start.

Thomas Hahn

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Saisonstart der Skispringer:Roter Knopf

Vierschanzentournee 2008/2009

Quelle: ddp

Es wird wieder geflogen: Im norwegischen Lillehammer starten die Skispringer in die Saison - und zwar in neuen, hautengen Anzügen. Was kann das deutsche Team leisten, wer knackt die Dominanz der Österreicher? Und wo ist eigentlich Martin Schmitt? Zehn Fakten zum Weltcup-Start.

Von Thomas Hahn

Roter Knopf: Ab der neuen Saison haben die Trainer die Möglichkeit, in die Jury-Entscheidungen einzugreifen. Per sogenanntem Roten Knopf können sie anzeigen, ob der Anlauf im Sinne ihres Springers verändert werden soll. Ob die Neuerung nötig war? Seit die Jury Windverhältnisse, Weite und Anlauflänge mit einer ausgeklügelten Formel zu vergleichbaren Ergebnissen verrechnen kann, ist es für sie leichter geworden, die Wettkämpfe zu führen - da müsste man einen Teil der Verantwortung eigentlich nicht unbedingt an die Trainer weitergeben.

Der deutsche Bundestrainer Werner Schuster (im Bild) ist jedenfalls ein bisschen skeptisch, ob der Rote Knopf wirklich dem Wettkampfablauf dienen wird. "Im Sinne der Sicherheit ist es eine gute Grundidee", sagt Schuster, "aber sie könnte als taktisches Mittel missbraucht werden." Wie eine Art Spielverzögerung, die auch beim Fußball niemand wirklich braucht.

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Saisonstart der Skispringer:Maßanzüge

Finland's Matti Hautamaeki takes off from the ski jump during the practice for the third event of the 60th four-hills ski jumping tournament in Innsbruck

Quelle: REUTERS

Maßanzüge: Das Skispringen hat sich im Sommer wieder ein bisschen verändert. Um vier Zentimeter genau, was nach nicht viel klingt, aber in Wirklichkeit durchaus einen Einschnitt bedeutet für den Schanzensport. Die Neuerung betrifft die Maße der Skisprunganzüge. Diese sind vor vielen Jahren so wenig reglementiert gewesen, dass die Springer sie in der Luft fast wie ausgebreitete Schwingen tragen konnten. Das war nicht gut, weil das den Leichtgewichten im Feld einen Vorteil verschaffte und dadurch das Kampfhungern zu einer geheimen Nebendisziplin der Weitenjagd wurde. Regelreformen in den vergangenen Jahren haben Schritt für Schritt dazu geführt, dass es für die Springer wieder wichtiger wurde, athletisch statt nur leicht zu sein. Vor allem die Anzüge wurden im Zuge dieser Entwicklung schmaler.

Bis zur vergangenen Wintersaison durften aber immerhin noch sechs Zentimeter Luft zwischen Stoff und Körper sein. Im vergangenen Sommer ließ der Weltskiverband Fis dann mit Anzügen experimentieren, die exakt Körpermaß hatten. "Da hat man gemerkt, dass das ziemlich unbequem ist", sagt der deutsche Bundestrainer Werner Schuster. Jetzt dürfen zwei Zentimeter Raum zwischen Stoff und Körper sein. Die Folge: Die Springer werden in diesem Winter deutlich weniger Tragfläche haben als noch im vergangenen. Sie müssen am Tisch kraftvoller in die Höhe springen und sie brauchen eine höhere Anlaufgeschwindigkeit, um für gute Weiten ins Fliegen zu kommen. Das ist keine geringe Umstellung, mit der nicht jeder  gut zurecht kommen dürfte. 

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Saisonstart der Skispringer:Dominante Österreicher

60th Four Hills Tournament - Bischofshofen

Quelle: dpa

Dominante Österreicher: Gregor Schlierenzauer (im Bild) hat im Oktober zum zweiten Mal die Goldene Teekanne überreicht bekommen, den Publikumspreis als beliebtester Nordischer Skisportler Österreichs. Das hat ihn bestimmt sehr gefreut, denn ansonsten machte er im Sommer mal ein bisschen Pause vom Gewinnen. Bei den einschlägigen Sommerwettkämpfen ist von den österreichischen Skispringern insgesamt nicht viel zu sehen gewesen. Und der Weltmeister Schlierenzauer, der mit seinen 40 Weltcupsiegen in der neuen Saison den Finnen Matti Nykänen (46 Siege) als erfolgreichsten Weltcup-Springer ablösen könnte, ist in der abgelaufenen Sommer-Grand-Prix-Runde auch nur sehr vereinzelt aufgetreten. Skisprungmüde? Wackelt die Dominanz von Schlierenzauer und Kollegen?

Die kleine Schanzensportwelt hofft es ein bisschen, und schon die vergangene Saison hat gezeigt, dass die Konkurrenz aus Slowenien, Polen, Japan, Norwegen und Deutschland aufgeschlossen hat. "Ich denke, dass es nicht mehr so extrem klar sein wird wie in den letzten Jahren", sagt der Schweizer Cheftrainer Martin Künzle. Und macht sich trotzdem keine übertriebenen Hoffnungen. Skisprungidole wie Schlierenzauer oder Thomas Morgenstern verlieren ihr Talent nicht über einen Sommer. Künzle ahnt: "Sie werden trotzdem auch in diesem Jahr vorne sein."

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Saisonstart der Skispringer:Dichter Weltcup-Kalender im vorolympischen Jahr

Vierschanzentournee Innsbruck - Pascal Bodmer

Quelle: dpa

Dichter Weltcup-Kalender im vorolympischen Jahr: Diese Saison sticht dadurch hervor, dass es die letzte vor den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi ist. Deshalb bricht die Weltelite nach den ersten beiden Wettkampfwochenenden in Lillehammer und Kuusamo auch nach Sotschi auf, um die dortigen Schanzen unter Wettkampfbedingungen zu testen. Der eigentliche Höhepunkt des Jahres ist aber die WM im Val di Fiemme auf den Schanzen von Predazzo (20. Februar bis 3. März). Oder doch die traditionelle Vierschanzentournee ab 29. Dezember? Schwer zu sagen.

Der dichte Terminkalender weist die Tournee jedenfalls nicht als ein Ereignis aus, nach dem die Springer kurz innehalten können. Im Gegenteil. Am Mittwoch nach dem Tournee-Finale am 6. Januar in Bischofshofen steht in Wisla/Polen schon der nächste Weltcup auf dem Programm und drei Tage später in Zakopane/Polen der nächste. Das klingt nach Hektik.

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Saisonstart der Skispringer:Chancen der deutschen Athleten

Germany's Freund sits in a chairlift during the World Cup large hill ski jumping event at Ruka ski resort near Kuusamo

Quelle: REUTERS

Chancen der deutschen Athleten: Der deutsche Bundestrainer Werner Schuster wirkt ziemlich entspannt vor dem Weltcup-Auftakt in Lillehammer am Wochenende. Er hat keine Ahnung, was genau auf ihn und seine Skispringer zukommt in dieser Saison, aber er scheint das gute Gefühl zu haben, dass sich die jahrelange Aufbauarbeit, seit er 2008 die kriselnden deutschen Skispringer übernahm, langsam auszahlt.

Das Durchschnittsalter seiner A-Mannschaft ist deutlich gesunken, vor allem weil zwei Teenager in den Kreis der Weltcup-Starter aufgestiegen sind, der Oberstdorfer Karl Geiger, 19, und der 17-jährige Team-Jugend-Olympiasieger Andreas Wellinger vom SC Ruhpolding. Severin Freund (im Bild) und Richard Freitag, die in den vergangenen zwei Jahren insgesamt drei Weltcupsiege einholten, hat Schuster im Training ebenfalls in guter Form gesehen. Werner Schuster sagt: "Ich bin schon mit einem mulmigeren Gefühl zum Saisonstart gefahren."

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Saisonstart der Skispringer:Sommer-Gewinner Andreas Wank

DSV-Springer wollen Titel holen

Quelle: dpa

Sommer-Gewinner Andreas Wank: Der Oberhofer Andreas Wank (2.v.l.), 24, begeht den Winter mit der Empfehlung, in der Vorbereitung den Gesamtsieg im Sommer-Grand-Prix davongetragen zu haben. Aber macht ihn das gleich zum Weltcup-Favoriten? Eher nicht. Der Sommer-Grand-Prix gilt allgemein eher als Testlauf für die Elite, viele der Besten nehmen ihn gar nicht wahr. Außerdem profitierte der großgewachsene, athletische Wank in diesem Jahr wohl auch von den neuen Anzügen. Als beim Grand-Prix-Finale in Klingenthal fast wieder die komplette Weltelite versammelt war, musste er sich gleich wieder auf Platz 15 einreihen. Zum Gesamtsieg reichte das trotzdem, und anschließend sagte Wank mit dem Realitätssinn des Szenekenners, sein neuer Titel sei ihm "um ehrlich zu sein, nicht wichtig", es zähle nur der Winter.

Aussichtsreichster Deutscher im Weltcup dürfte stattdessen Severin Freund (l.), 24, von der DJK Rastbüchl sein. Wegen einer Bandscheiben-Operation im April war er zu einem besonders nachhaltigen Formaufbau gezwungen, stieg erst spät in die Sommerwettkämpfe ein und sprang gleich brillant. Das Grand-Prix-Finale in Klingenthal gewann er. Die weitere Vorbereitung verlief ohne Probleme. Severin Freund sagt ohne übertriebene Bescheidenheit: "Ich fühle mich nach wie vor gut."

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Saisonstart der Skispringer:Der Alte

Germany's Schmitt concentrates in the waiting area prior to the practice for the second event of the 60th four-hills ski jumping tournament in Garmisch Partenkirchen

Quelle: Reuters

Der Alte: Martin Schmitt? Ist auch noch da. Natürlich. Ohne die Frage, was den Mann in seinem Alter noch dazu veranlasst, immer noch Skispringer zu sein, ist eine Skisprungsaison ja im Grunde schon gar nicht mehr denkbar. Immerhin, im Herbst hat Schmitt, 34, in Köln eine Trainerdiplomausbildung angefangen. Das heißt, der frühere Überflieger und Weltmeister bereitet sich schon konkret aufs Leben nach dem Athletendasein vor. Aber vorher will er nochmals wissen, wie weit er mit seinen alten Knochen und seinem leicht überholten Sprungstil noch kommt auf den Schanzen dieser Welt. "Es ist mein Projekt", sagt er und nimmt klaglos hin, dass Bundestrainer Schuster ihn vorerst nur im zweitklassigen Continental Cup springen lässt.

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Saisonstart der Skispringer:Olympiasieger mit Pilotenschein

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Quelle: AFP

Olympiasieger mit Pilotenschein: Simon Ammann aus der Schweiz geht ganz gerne in die Luft, und zwar nicht nur bei seiner Tätigkeit als Skisprungprofi. Im Sommer nach seinem zweiten Doppel-Olympiasieg 2010 in Vancouver ließ er sich von einem Sponsor auf die Tragflächen eines Doppeldeckers schnallen und flog auf diese Weise über den Vierwaldstätter See. Mittlerweile hat Ammann zudem sichergestellt, dass er auch mal selbst ein Flugzeug steuern kann. Nach 65 Flugstunden konnte er pünktlich zum Beginn der Skisprungsaison vermelden, dass er Besitzer einer Privatpilotenlizenz ist. Hauptbeschäftigung bleibt im Winter allerdings weiterhin das Skispringen und die Arbeit an der letzten Herausforderung, die Ammann auf den Schanzen der Welt noch nicht bewältigt hat: die Vierschanzentournee zu gewinnen.

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Saisonstart der Skispringer:Nordamerikanische Allianz

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Quelle: AP

Nordamerikanische Allianz: Die Welt des Skispringens ist klein und elitär, und es ist selbst für sehr große Nationen gar nicht so einfach, dort hinein zu kommen. Die Skisprung-Verbände der USA und Kanadas haben deshalb eine Kooperation vereinbart, um ihre geringen Kräfte besser zu bündeln. In den vergangenen zehn Jahren haben in beiden Ländern Olympische Spiele stattgefunden, 2002 in Salt Lake City/USA, 2010 in Vancouver/Kanada.

Trotzdem sind die nordamerikanischen Staaten Entwicklungsländer des Schanzensports geblieben. Zumindest was die Männer angeht. Der Aufschwung des Frauenskispringens hat auch den Nordamerikanern Erfolge gebracht. In Sarah Hendrickson stellen die USA die Gesamtweltcup-Gewinnerin von 2012, 2009 wurde Lindsey Van (USA) in Liberec die erste offizielle Skisprung-Weltmeisterin, und die Kanadierin Alexandra Pretorius gilt als aussichtsreiche Weltcup-Starterin für diese Saison.

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Saisonstart der Skispringer:Frauen auf dem Vormarsch

Ladies Ski Jumping 100m Hill - FIS Nordic World Ski Championship 2009

Quelle: Bongarts/Getty Images

Frauen auf dem Vormarsch: Frauen haben Konjunktur im Skispringen. Die Veranstalter des Weltcupauftakts von Lillehammer erwarten eine Rekordbeteiligung von 60 Starterinnen in Training und Qualifikation, für Deutschland gehen neben Ulrike Gräßler (im Bild) noch fünf weitere Athletinnen an den Start. Dazu gibt es am Freitag auf dem Lysgaardsbakken die Weltcup-Premiere des Mixed-Wettbewerbs mit zwei Frauen und zwei Männern pro Team, der auch zum Programm der Ski-Nordisch-WM im Val di Fiemme gehören wird.

Insgesamt umfasst der Frauen-Weltcup 16 Wettkämpfe an zehn Orten, womit er fünf Stationen mehr umfasst als in der vergangenen Premieren-Saison. Und am Ende der Saison dürfen die besten 30 Frauen des Weltcups in Oslo erstmals im Wettkampf offiziell von der Großschanze springen. Der Olympiastatus für Sotschi 2014 hat der jungen Disziplin offensichtlich einen ziemlichen Schub gebracht.

© SZ.de/ska/holz
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