Weltcupfinale im SkisportHütchen, Kugeln und eine Verfolgungsjagd im Schnee

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Die Italienerin Federica Brignone wird den Gesamtweltcup gewinnen, das steht schon vor den finalen Rennen der Saison fest.
Die Italienerin Federica Brignone wird den Gesamtweltcup gewinnen, das steht schon vor den finalen Rennen der Saison fest. (Foto: Marco Bertorello/AFP)

Den alpinen Skiwinter der Frauen hat noch einmal die 34-jährige Federica Brignone aus Italien dominiert. Aber schon bahnt sich ein Generationenwechsel an. Vor dem Saisonfinale: ein Blick auf die Senkrechtstarterinnen im Schnee.

Von Felix Haselsteiner, Mailand

Die große Kristallkugel ist im Ski-Weltcup der Frauen vergeben, daran wird auch das Saisonfinale in Sun Valley im US-Bundesstaat Idaho nichts mehr ändern. Zu überlegen war Federica Brignone in diesem Winter, dem besten ihrer langen Karriere: Zehn Weltcuprennen hat sie gewonnen, vier weitere Male gehörte sie zum schnellsten Trio auf den Pisten. Sie kämpft daher auch noch in drei Disziplinen – Abfahrt, Super-G und Riesentorlauf – um die beste Saisonwertung. Allerdings lauert bereits die Konkurrenz: Brignone ist mit ihren 34 Jahren fast schon eine Art Großtante im Weltcupzirkus – eine Reihe sehr viel jüngerer Athletinnen jagt ihr hinterher. Vor dem finalen Zielschuss der Saison deshalb ein Blick auf eine neue Generation von Rennfahrerinnen, die bewiesen hat, dass sie bereit ist, die Herrschaft im Schnee zu übernehmen.

Emma Aicher, Deutschland.
Emma Aicher, Deutschland. (Foto: Marco Bertorello/AFP)

Die Alleskönnerin

Bei so gut wie jedem Rennen ist Emma Aicher, 21, in dieser Saison an den Start gegangen – und trotz anfänglicher Schwierigkeiten hat sie bewiesen, dass diese Taktik richtig war. Reichlich Erfahrungen hat sie durch ihr interdisziplinäres Skistudium sammeln können, aber eben nicht nur: Ihre zwei Weltcupsiege bei der Abfahrt in Kvitfjell und dem Super-G in La Thuile haben bewiesen, was für ein einzigartiges Talent der Skiverband in seinen Reihen hat. Beim DSV will man in Zukunft noch gezielter mit der Ausnahmekönnerin arbeiten, der nur noch die Konstanz fehlt, um bald in Sichtweite von kleinen und großen Kristallkugeln zu kommen.

Lauren Macuga, USA.
Lauren Macuga, USA. (Foto: Patrick Steiner/Gepa/Imago)

Die Stilbewusste

Wer dachte, dass die prominente Rückkehrerin Lindsey Vonn in den Vereinigten Staaten alle anderen Ski-Themen überstrahlen würde, der hatte die Rechnung ohne die Frau mit den Hütchen gemacht. Die immer gut gelaunte Lauren Macuga bringt ihren eigenen Stil in den Ski-Weltcup: mit einem Bucket-Hat auf dem Kopf – davon besitzt sie eine bunte Kollektion – und einem furiosen, wilden Fahrstil, dessen Furchtlosigkeit an Vonn in ihren besten Tagen erinnert. Macuga hatte man zu Saisonbeginn nach ihrem Sieg in St. Anton fälschlicherweise noch als Zufallsgewinnerin abgetan, dann aber schnappte sich die 22-Jährige bei der WM in Saalbach-Hinterglemm auch ihre erste Medaille bei einem Großereignis. Spätestens seitdem gilt sie als eine Speedfahrerin der Zukunft.

Lara Colturi, Albanien.
Lara Colturi, Albanien. (Foto: Jonas Ericsson/Zoom/Getty)

Die Ungeduldige

Heute noch ärgern sie sich beim italienischen Skiverband darüber, dass sie der Ungeduld der Lara Colturi nicht nachgegeben haben. Bereits mit 16 Jahren wollte die Tochter der Skirennläuferin Daniela Ceccarelli im Weltcup mitfahren, bekam allerdings in Italien keinen Kaderplatz – und entschwand gemeinsam mit ihrem Bruder nach Albanien. Das Land hat sich durch diesen Nationenwechsel in eine echte Skination verwandelt: Colturi, heute 18 Jahren alt, ist bereits eine konstante Top-10-Fahrerin im Weltcup. Sie raste in dieser Saison zweimal knapp an ihrem möglichen ersten Sieg vorbei und gilt als beste Technikerin seit Mikaela Shiffrin, die einst dieselbe Ungeduld hatte. Auch Shiffrins Karriere begann schon im Teenageralter.

Camille Rast, Schweiz.
Camille Rast, Schweiz. (Foto: Giovanni Auletta/dpa)

Die Beharrliche

Wenn es um die Zukunft des Frauen-Skisports geht, bestimmt die derzeit dominanteste Nation das Tempo mit: Die Schweiz ist dem Rest enteilt, vor allem dem früher so überlegenen Österreich. Einen nicht zu unterschätzenden Anteil am Sieg in der Nationenwertung hat Camille Rast, die mit 25 Jahren fast schon zu alt ist, um noch als Talent zu gelten. Dafür hat sie auch einen gewissen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz: Denn Rast hat in ihrer Karriere bereits einige schwere Sportverletzungen überstehen müssen und sich zurückgekämpft in die Weltspitze. Dort ist sie seit dieser Saison etabliert.  Ihre ersten Weltcuprennen gewann sie im Dezember und Januar. Und mit ihrer Slalom-Goldmedaille bei der WM hat sich Rast bereits den großen Titel gesichert, der den anderen noch fehlt.

Zrinka Ljutic, Kroatien.
Zrinka Ljutic, Kroatien. (Foto: Giovanni Auletta/dpa)

Die Nachfolgende

Fast schon nostalgisch wirkten die Bilder in diesem Winter bei Slalomrennen: Die kroatischen Flaggen im Zielraum erinnern an die goldenen Zeiten der kleinen Skination, als Janica Kostelic noch rasant durch die Stangen fädelte, angeleitet von ihrem Vater Ante, der mit den Kostelic-Geschwistern Janica und Ivica eine Dekade des Skiweltcups prägte. Nun ist da eine Athletin, deren Erfolg auf einem ähnlichen Muster basiert: Zrinka Ljutic, 21, wird ebenfalls trainiert von ihrem Vater und Förderer Amir, der früher Schiffsbauer war und nun Slalom-Parcours in den Schnee setzt, die seine Tochter gewinnt. Ljutic ist in Abwesenheit der Überfiguren Shiffrin und Petra Vlhova in dieser Saison die Regentin der kurzen Schwünge gewesen und führt vor dem letzten Rennen am kommenden Donnerstag vor Camille Rast den Slalom-Weltcup an. Und auch wenn sie den Vergleich nicht gerne mag: Falls sie die erste Kristallkugel gewinnt, dürfte das dazu führen, dass sie in ihrer Heimat euphorisch als Nachfolgerin der Kostelics gefeiert wird.

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