Basketball:Der Philosoph

Basketball: Mutmacher: Sasa Filipovski will in Würzburg bleiben und hat einiges vor - wenn sich Geldgeber finden.

Mutmacher: Sasa Filipovski will in Würzburg bleiben und hat einiges vor - wenn sich Geldgeber finden.

(Foto: Heiko Becker/HMB-Media/Imago)

"Basketball ist soziale Katharsis": Solche Sätze zeigen, dass Sasa Filipovski anders ist als andere Trainer. Mit seiner Art hat er Bundesligist Würzburg vor dem Sturz in den Abgrund gerettet.

Von Sebastian Leisgang

Irgendwann, das Gespräch dauert schon mehr als eine halbe Stunde, da zitiert Sasa Filipovski ein chinesisches Sprichwort, bei dem klar wird, dass es hier um viel mehr geht als nur um Sport. Dass er, der Trainer der Würzburger Basketballer, sich selbst nicht nur als Trainer der Würzburger Basketballer versteht. Filipovski sagt: "Sex kann man kaufen, Liebe nicht. Ein Haus kann man kaufen, ein Zuhause nicht. Eine Rolex kann man kaufen, Zeit nicht." Deshalb findet Filipovski: "Das Wichtigste sind die Menschen."

Ein Donnerstagnachmittag im Würzburger Stadtteil Zellerau, ein Besprechungsraum im ersten Stock des Trainingszentrums. Seit dem vergangenen Wochenende ist klar, dass Würzburg auch in der nächsten Saison in der Bundesliga spielen wird. Filipovski, 47, erscheint im Trainingsanzug und setzt sich auf den freien Stuhl, hinter dem ein paar Pokale stehen. Da sitzt er dann und redet. Über Basketball, über Werte, über Reichtum. Es ist ein Bild, das irgendwie schief wirkt.

Filipovski und Pokale, das passt nicht zusammen. Er hat zwar schon in Slowenien und in Polen gearbeitet, in Russland und in Italien, in der Türkei und in Frankreich. Er hat hier den einen und dort den anderen Pokal gewonnen, doch darum, das ist schon bei den ersten Antworten zu spüren, geht es Filipovski nicht.

"Man muss im Moment leben, deshalb haben wir uns in der Trainingshalle eingeschlossen."

Sich mit Würzburgs Trainer über Basketball zu unterhalten, heißt auch, mit ihm über das Leben zu sprechen, übers Menschsein, darüber, worauf es letztlich ankommt. Filipovski findet: "Das Einzige, was einen Menschen glücklich macht, ist, einen anderen Menschen glücklich zu machen." Und das, meint Filipovski, sei es auch, was er sich für seine Aufgabe in Würzburg vorgenommen habe. Das ist sein Ziel, das ist es, was über allem steht. "Basketball ist soziale Katharsis", sagt Filipovski. Er will mit seiner Mannschaft Zuflucht sein, Mutmacher für die Leute, Auffangbecken für diejenigen, bei denen es gerade schwierig ist im Alltag.

Es ist ein großer Plan, den Filipovski da verfolgt. Ein Plan, der irgendwie ambitioniert klingt. Ist es aber nicht tatsächlich das, was im Zentrum stehen sollte? Ist es nicht der Kern, den Leuten mit dem Spiel Freude zu bereiten?

Seit vier Monaten ist Filipovski in Würzburg. Und Freude, das lässt sich wohl sagen, haben die Leute mittlerweile wieder. Als Filipovski kam, war die Lage ziemlich prekär. Die Mannschaft im Abstiegskampf, die Ära Denis Wucherer am Ende, der Hauptsponsor s.Oliver nicht willens, die Zusammenarbeit fortzusetzen: Alles stand vor dem Abgrund - doch im März drehte es sich.

Sieben Mal in Serie gewann dieselbe Mannschaft, die im Winter noch zwölf Mal hintereinander verloren hatte

"Auch die Putzfrau ist ein Star", sagt Filipovski im Besprechungsraum. Kurze Pause, um den Satz wirken zu lassen, dann erklärt er: "Weil sie dazu beiträgt, dass wir gut trainieren können." Was der Slowene damit sagen will: Basketball ist Teamsport. Und deshalb geht es nicht nur um denjenigen, der die meisten Körbe wirft. "Es gibt auch einen, der den Ball zu ihm spielt", sagt Filipovski, "und es gibt auch einen, der sich um seine Wohnung und um sein Auto kümmert, damit er sich wohlfühlt."

Ist es das, was den Erfolg erklärt? Ist es vor allem dieses Miteinander, mit dem sich am besten erklären lässt, wie die Mannschaft sieben Mal in Serie gewinnen konnte, nachdem dieselbe Mannschaft im Winter noch zwölf Mal hintereinander verloren hatte? Oder wie war es möglich, alles zu drehen? "Wir haben uns auf den Moment konzentriert", sagt Filipovski, "die Zukunft hängt immer davon ab, was wir in der Gegenwart tun. Deshalb macht es keinen Sinn, über die Zukunft nachzudenken. Man muss im Moment leben, deshalb haben wir uns in der Trainingshalle eingeschlossen." Dort, ein Stock unter dem Besprechungsraum, entstand das, was Filipovski jetzt "unsere Teamidentität" nennt. Und damit ist er wieder beim Menschsein, bei den Werten, die er großschreibt.

Werte sind ein zentrales Thema bei ihm. Ehrlichkeit, Empathie, Respekt, ein Gespür für die Gruppe, "das ist der Schlüssel", meint Filipovski, "wenn wir das leben, können wir wachsen". Und wenn nicht? "Hier", ruft Filipovski, "gibt es keine Parasiten, Piranhas oder Haie." Soll heißen: Es ist ein aufrechter Verein, für den er da arbeitet. Einer, aus dem sich eine Menge rausholen lässt, weil er zwar noch am Anfang einer neuen Zeit steht, aber alles mitbringt, um voranzukommen - wenn es denn gelingt, nach dem Abschied des Hauptsponsors eine finanzielle Basis für weiteren Bundesliga-Basketball zu schaffen. Darum wirbt Filipovski, er findet: "Der Verein ist wie ein Kind. Und wenn du das Kind erziehst, kann es größer werden und eine gute Persönlichkeit ausbilden."

Filipovski hat seinen Vertrag soeben verlängert, wie der Verein am Samstag bekannt gab. Dass der Trainer hier noch einiges vorhat, das wird klar, als es um die Basketballstadt Würzburg geht, um die Geschichte des Klubs, um Dirk Nowitzki und Maximilian Kleber. Filipovski findet: "Es ist nicht nur wichtig, dass Würzburg sagt: Wir sind stolz darauf, dass Nowitzki und Kleber hier waren. Es ist auch wichtig, dass Nowitzki und Kleber sagen: Wir sind stolz darauf, dass wir in Würzburg waren."

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