Russland im weltweiten Sport:Risse im Rodeln und Tischtennis

Russland im weltweiten Sport: Die russische Mannschaft bei der Eröffnungsfeier der Winterspiele 2014.

Die russische Mannschaft bei der Eröffnungsfeier der Winterspiele 2014.

(Foto: Mark Humphrey/AP)

Ein Komplettbann für russische Teams und russische Athleten - das war die Reaktion des Sports auf den Angriffskrieg. Doch nun weichen erste verbandsrechtliche Entscheide diese Haltung auf.

Kommentar von Johannes Aumüller

Nein, Eintracht Frankfurt und RB Leipzig müssen sich keine Sorgen machen, dass plötzlich noch Spartak Moskau mit einer sportjuristischen Volte um die Ecke kommt. Wenn sie ihre Rückspiele am Donnerstag erfolgreich gestalten, stehen sie im Finale der Europa League. Da kann auch kein russischer Klub, der wegen des Angriffskriegs gegen die Ukraine am grünen Tisch ausgeschlossen worden ist, noch etwas dagegen tun.

Damit haben die Fußballer den Tischtenniskollegen von Borussia Düsseldorf etwas voraus. Das Team um Timo Boll wähnte sich schon als Sieger der Champions League - bis das Schiedsgericht von Europas Tischtennisverband nun nachträglich ein bemerkenswertes Urteil sprach. Der Wettbewerbsbann für die russischen Klubs Fakel Orenburg und UMMC Jekaterinburg, die Düsseldorfs Finalgegner ermitteln sollten, sei unzulässig gewesen.

Das ist ein Entscheid, den nicht nur die Tischtenniswelt aufmerksam verfolgt. Seit Kriegsbeginn entwickelte sich bei den großen Föderationen ein Muster, das bis auf wenige Ausnahmen gilt: Russische Funktionäre und Fachverbände bleiben unbehelligt. Russische Athleten, Klubs und Nationalteams hingegen werden ausgeschlossen.

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Doch inzwischen wird diese Haltung verschiedentlich aufgeweicht. Erst verfügte das verbandsinterne Schiedsgericht des Rodel-Weltverbands, dass Russlands Schlittenfahrer wieder starten dürfen - dies sei ansonsten eine politische Diskriminierung. Nun folgten die Juristen des europäischen Tischtennis-Verbandes mit dem Kernargument, dass man Klubs nicht wie Nationalteams behandeln dürfe.

Gewiss: Bei jedem Verband sind die Fälle und die Regularien ein wenig anders. Aber die Entwicklungen zeigen, dass es in der Sportjustiz offenkundig nicht ganz so einfach ist mit dem Komplettbann - und die Sportlobbyisten des russischen Kriegsverbrecherregimes, oft bestens vertreten von teuren westlichen Advokaten, reiben sich bester Dinge die Hände. Die nächsten Wochen werden bei diesem Thema besonders intensiv. Beim Internationalen Sportgerichtshof (Cas) liegen fast zehn Verfahren, in denen Russland gegen Verdikte der internationalen Verbände vorgeht, von Fußball bis Biathlon.

Im Fußball etwa wurde der Ausschluss russischer Klubs und Nationalteams im Eilverfahren des Cas bestätigt. Das Hauptverfahren hingegen läuft noch. Dass also nach dem Schlussspurt der aktuellen auch die nächste komplette Europapokal-Saison ohne russische Mannschaften abläuft, wie das die Uefa-Exekutive am Montag noch einmal beschloss, ist sportjuristisch noch nicht final geklärt.

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