Russland bei der Fußball-WM:Für Putin ist das Auftaktspiel immens wichtig

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Die Russen trainieren fürs Auftaktspiel - wie gut, dass der Gegner bloß Saudi-Arabien heißt. (Foto: AFP)

Die Fußball-WM beginnt - und die Skepsis ob der schwachen Leistungen der russischen Mannschaft ist groß. Dabei soll das Turnier zur großen Propaganda-Bühne für den Präsidenten werden.

Kommentar von Johannes Aumüller, Moskau

Vor ein paar Tagen saß Wladimir Putin mal wieder im russischen Fernsehen. "Prjamaja linija" - zu Deutsch in etwa: "Der direkte Draht zu Wladimir Putin" - heißt das seit dem Beginn des Jahrtausends bewährte Format, in dem der Kremlchef selektierte und meist freundliche Fragen live fürs Land beantwortet. Und natürlich ging es angesichts des Zeitpunktes auch um die Fußball-Weltmeisterschaft und die Frage, was Russlands Mannschaft bei dem Turnier erreichen könne. Es stimme leider, dass die Sbornaja zuletzt keine guten Ergebnisse erzielt habe, teilte der Kreml-Boss also mit. Aber er hoffe, dass sie beim Turnier dann losfeuere.

Mit dem Spiel Russlands gegen Saudi-Arabien beginnt an diesem Donnerstag eine WM, die vor allem eines sein soll: ein großes Fest und eine große Propaganda-Möglichkeit für Putins Regime. Und damit das in der avisierten Form möglich ist, braucht es neben manch anderen Dingen nicht zuletzt eine Zutat: Die eigene Mannschaft muss erfolgreich auftreten. Entsprechend kommt dem Auftaktspiel im Luschniki-Stadion nicht nur aus sportlicher, sondern auch aus atmosphärischer und politischer Perspektive eine bedeutende Rolle zu.

Auftaktspiele können eine Mannschaft durchs Turnier tragen

Auch in anderen Ländern haben Auftaktpartien schon so manches Mal als Initial für ein Turnier gewirkt. Das gilt nicht zuletzt für das 4:2 Deutschlands über Costa Rica bei der WM 2006, wo genauso wie vier Jahre später in Südafrika oder jetzt in Russland zufälligerweise der schwächste Gruppengegner des Gastgebers der Auftakt-Kontrahent war.

Ebenso sind gastgebende Mannschaften schon zu unterschiedlichsten Zeiten auf bemerkenswerte Art durch ein großes Fußball-Turnier getragen worden. Selten dokumentierte sich das besser als bei der WM 2002, als Südkorea durch falsche Schiedsrichterentscheidungen und strittige Siege gegen Italien und Spanien bis ins Halbfinale vorstieß.

In Russlands Öffentlichkeit ist die Skepsis ob der zuletzt gezeigten schwachen Leistungen der Sbornaja und des scheinbar unbefriedigenden Kaders vor dem WM-Start groß. Es kann aber gut sein, dass sich das schon am Donnerstagabend ändert und es zu der von Putin erhofften Explosion kommt.

Und danach wären Russland, aufgrund seiner jüngeren Doping-Vergangenheit, aber auch der Weltverband Fifa aufgrund seiner vielfältigen dokumentierten Machenschaften selbst schuld, dass ganz genau hingeschaut werden müsste, wie es zu einem plötzlichen Erwachen dieser Mannschaft kommen konnte.

© SZ vom 14.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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