Russland 2018:Der WM-Entzug wäre die passende Drohung

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Der russische Nationalmannschaftskapitän Wasili Berezutski (links). (Foto: dpa)

Vier große Wintersport-Veranstaltungen wurden Russland aufgrund der Doping-Enthüllungen entzogen. Nun gerät auch die Fußball-WM in die Diskussion.

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Vermutlich wäre die Debatte heute schon eine andere, hätten Europas Fußballer den Fußballern Russlands im Sommer 2016 hinterherhecheln müssen. Hätten also die Russen bei der Europameisterschaft die Konkurrenz genarrt wie Russlands Olympioniken den Rest der Welt bei den Spielen zwei Jahre zuvor in der Loipe und im Labor. Mit 33 Medaillen, davon 13 goldenen, hatte die russische Winter-Mannschaft in Sotschi auf Platz eins die Potenz von Putins Sportreich demonstrieren können. In Frankreich, bei der Fußball-EM, klappte das nicht gar so gut.

Im Gegenteil, selten war sich der Chor der Experten derart einig, dass es sich bei jener Truppe, die Russland ins Trikot steckte, um die ungeschickteste der 24 Delegationen in Frankreich gehandelt hatte. Einem 1:1 gegen England folgte ein 1:2 gegen die Slowakei und ein 0:3 gegen Wales. Mit der im Fußball ohnehin eher selten und verschämt gestellten Doping-Frage wurde diese Auswahl kaum belästigt. Die fiel in anderem Zusammenhang: Wer nur hatte jene mysteriösen russischen Schläger, die die Altstadt von Marseille und einige englische Hooligans demolierten, mit Adrenalin und Sonstigem vollgepumpt? Begleitet wurde der Heimflug von Moskaus Abordnung von der Überlegung, ob das überhaupt noch was werden könne mit einer ordentlichen Repräsentanz bei der Russland-WM, die 2018 vorgesehen ist.

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Binnen nur zwei Jahren ist eine wundersame Auferstehung in einer Teamsportart kaum zu schaffen. Aus dieser Erkenntnis heraus fehlt im Fußball auch fast jeder leistungssportliche Druck. Anders als etwa im Ski-Langlauf, wo über 100 Athleten ihren Weltverbands-Chef Gian Franco Kasper über Weihnachten zu konsequenteren Reaktionen auf das im McLaren-Report dokumentierte russische Staatsdoping aufforderten. Von Fußball-Kapitänen wie Ronaldo oder Messi, Neuer oder Rooney sind vergleichbare Forderungen kaum zu erwarten. Es liegt ja auch eine direktere Motivlage vor, wenn ein einzelner Athlet in der Loipe immer wieder erleben muss, wie der Nebenmann den Turbo zündet.

Zu vermuten ist nun aber, dass sich König Fußball von der realen Sportwelt isoliert hat

Ausgerechnet Ski-Boss Kasper aber spielt den Ball offensiv weiter. Kasper fragt in der Berliner Zeitung, ob jetzt nicht auch über die Fußball-WM 2018 debattiert werden müsse: "Die Diskussion müsste eigentlich noch in Gang kommen." Es könne nicht sein, dass nur die kleineren, nachrangigen Sport-Verbände reagieren - vier internationale Veranstaltungen (Skilanglauf-Weltcupfinale, Eisschnelllauf-Weltcup-Finale, Biathlon-Weltcup, Bob-WM) wurden Russland in diesem Winter bereits entzogen. Zwar steht Russlands Fußball nicht im Zentrum des McLaren-Reports, mehr als 30 Doping-Erwähnungen betreffen jedoch auch die Königsdisziplin.

Zu vermuten ist nun aber, dass sich König Fußball von der realen Sportwelt weitgehend isoliert hat. Dass er sich allenfalls eine Rest-Solidarität mit jenen gestattet, die versuchen, ihren Laden wenigstens etwas sauberer zu bekommen. Dabei würde ein ständig drohender Entzug der WM 2018 die Arbeit der Reinigungskräfte sicher nicht behindern.

© SZ vom 29.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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