Rúrik Gíslason beim 1. FC Nürnberg:Teil des isländischen Fußballwunders

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Gíslason am 4. Juli beim Freundschaftsspiel des 1.FC Nürnberg gegen den Bohemians Prag 1905 (Foto: imago/Zink)

Mit Island lehrte er die Niederlande das Fürchten, darf sogar von der EM-Teilnahme träumen: Nun gibt Rúrik Gíslason auch beim 1. FC Nürnberg den Ton an.

Von Fabian Swidrak

Rúrik Gíslason traute sich als Erster auf die wackelige Konstruktion. Ganz vorne hatte er es sich auf dem Floß schon bequem gemacht, da beäugte der ein oder andere seiner neuen Mitspieler das Vehikel noch recht skeptisch und mit einigen Metern Sicherheitsabstand. In Achter-Gruppen sollten die Spieler des 1. FC Nürnberg mit selbstgebauten Flößen die Regnitz überqueren - Teambuilding während des Kurztrainingslagers in Bamberg am Wochenende.

Vier große Reifenschläuche und ein paar Bretter hatten sie mit Seilen und Spanngurten zusammengezurrt. Das würde funktionieren, da war sich Nürnbergs isländischer Zugang sicher. Und tatsächlich: So schnell wie sein Team schaffte es keine andere Gruppe über den Fluss.

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"Alles andere hätte mich auch enttäuscht", gesteht Nürnbergs sportlicher Leiter Wolfgang Wolf und lacht. Wer solle denn sonst wissen, wie man ein Floß baut? "Wasser gibt es in Island wirklich genug. Nein, im Ernst: Rurik ist ein cleveres Kerlchen. Der weiß schon, wie man sowas macht." Erst vor zwei Wochen stieß Nürnbergs neuer Rechtsaußen zur Mannschaft.

Trainer Réne Weiler hatte ihm nach einem Aufenthalt bei der isländischen Nationalmannschaft ein paar zusätzliche freie Tage gewährt. "Sein Urlaub war kurz. Aber er hat sich sehr schnell integriert. Er gibt jetzt schon den Ton an", verrät Wolf. Bereits am ersten Tag verblüffte er seine neuen Kollegen und die Medienvertreter mit seinem Sprachtalent. "Er hat wirklich viel gelernt in den ersten beiden Wochen. Ich bin sicher, dass er in zwei Monaten alles versteht und gut sprechen kann", sagt Wolf.

Ob auf Deutsch oder nicht: Gíslason Worte haben jetzt schon Gewicht in der Mannschaft. Mit seinen 27 Jahren zählt er zu den gestandenen Spielern im Kader der Nürnberger. Der Isländer übernimmt Verantwortung, geht vorneweg. Neben, aber auch auf dem Platz. Sein erster Treffer im Trikot der Franken bescherte dem Club am Samstag den ersten Testspielsieg der Saisonvorbereitung. 1:0 gewann der FCN dank Gíslasons Treffer beim Regionalligisten FC Schweinfurt 05, und auch sonst war er der auffälligste Akteur der Nürnberger. Wie schon bei den Niederlagen gegen Jahn Regensburg (1:2) und den tschechischen Erstligisten Bohemians Prag (0:1) blieb die Leistung der Mannschaft sehr ausbaufähig, Gíslasons Tor aber beruhigte wenigstens einige bereits erregte Fan-Gemüter.

"Er kommt immer besser rein", freut sich Wolf, der Gíslason als "recht preiswerten" Zugang bezeichnet. Eine niedrige sechsstellige Summe dürften die Nürnberger für den flinken Außenbahnspieler an den FC Kopenhagen überwiesen haben. 2013 spielte er dort in der Champions-League-Gruppenphase gegen Juventus Turin und Real Madrid. In der vergangen Saison absolvierte er für die Dänen insgesamt 34 Pflichtspiele und erzielte dabei einen Treffer.

Wenn es nach Wolf geht, wird er "bei uns häufiger zum Abschluss kommen und mehr Tore schießen. Unser Spielsystem ist offensiver, als er das aus Kopenhagen kennt." Die Fähigkeiten bringe er dafür alle mit: "Er ist technisch gut, stark am Ball, schlägt gute Flanken, hat ein Auge für den Mitspieler, sucht aber auch selbst den Abschluss", sagt Wolf.

Längst hat sich Gíslason damit auch in den festen Kreis der isländischen Nationalmannschaft gespielt, derzeit wohl Europas Team der Stunde. In der Qualifikation für die kommende Europameisterschaft in Frankreich führt Island die Gruppe A vor Tschechien und dem WM-Dritten aus den Niederlanden an. Mit 2:0 legten die Isländer im Oktober vergangenen Jahres die Holländer aufs Kreuz. Eine Teilnahme an der EM 2016 wäre die erste in der Historie des nordischen Inselstaates.

"Seit wir 16 Jahre alt sind, stehen wir fast immer in derselben Formation auf dem Platz", verrät Gíslason das isländische Erfolgsrezept. Er selbst ist Teil des sportlichen Aufstiegs der Inselnation aus dem hohen Norden.

Sportlich erfolgsverwöhnt ist Gíslason ohne Frage. Mit Kopenhagen wurde er zuletzt immerhin Vizemeister und dänischer Pokalsieger. Ähnlich erfolgreich wäre der Isländer gerne bald auch mit dem 1. FC Nürnberg. "Ich bin gekommen, um in die Bundesliga aufzusteigen", hat er direkt nach seiner Ankunft gesagt. "Gott sei Dank hat er nicht gesagt, in welchem Jahr er aufsteigen will", scherzt Wolf. Drei Jahre hat er nämlich Zeit, um diesen Plan in die Tat umzusetzen. So lange läuft sein Vertrag in Nürnberg.

© SZ vom 14.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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