Süddeutsche Zeitung

Rupert Heindl:Der Mann, der über Hoeneß richten wird

Was Richter Heindl treibt, interessiert zurzeit kaum jemanden. Das wird sich bald ändern: Der 47-Jährige leitet den Prozess gegen Uli Hoeneß. Auf den Bayern-Präsidenten wartet ein strenger Richter, der sich auch von Tränen nicht beeindrucken lässt.

Von Annette Ramelsberger

Wenn der Vorsitzende Richter der Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht München II Rupert Heindl derzeit einen Prozess leitet, ist nicht sehr viel Öffentlichkeit zugegen. Der Angeklagte, sein Verteidiger und ganz hinten im Saal der Vater und die Schwester des jungen Mannes, der da vor Gericht steht.

Es ist ja auch nichts Aufsehenerregendes: ein junger Kerl, angeklagt wegen Untreue und Betrug. Er wollte mit seiner Solarfirma expandieren und nahm windige Kreditversprechen von einem Mann aus Dubai ernst, und als er merkte, dass sein Geld im Wüstensand verschwand, da warf er dem verlorenen Geld immer noch mehr hinterher - nur um nicht das Gesicht zu verlieren. Am Ende schuldete er seiner Firma 770.000 Euro.

Ein Prozess, der quasi unter Abwesenheit der Öffentlichkeit stattfindet. Was Richter Heindl treibt, interessiert derzeit kaum jemanden. Das wird sich bald ändern. Denn Heindl, 47, wird vom 10. März an den Prozess gegen den Präsidenten des FC Bayern, Uli Hoeneß, leiten. Nur dass der Saal, in dem gegen Hoeneß wegen Steuerhinterziehung verhandelt wird, nicht reichen wird für alle Besucher - obwohl das Gericht eigens in den Münchner Justizpalast umziehen wird.

Doch auch in dem kleinen Prozess kann man erkennen, was auf Hoeneß zukommt. Denn Heindl hat Prinzipien - ohne Ansehen der Person. "Diese Kammer macht keine Deals", sagt er gleich zu Anfang zum Verteidiger. "Unsere Fälle sind meistens so komplex, dass man nicht weiß, was am Ende rauskommt. Ich sage das, weil das immer noch nicht überall bekannt ist." Es klingt wie ein Programm.

Mit dieser Ansage muss auch Hoeneß leben. Was bedeutet: kein Gemauschel, kein Gegenrechnen von guten Taten gegen böse Steuerhinterziehung. Der Richter nimmt es genau. Als der junge Angeklagte sagt, er habe einmal 90.000 Euro abgehoben, da geht Heindl dazwischen: "Auf dem Kontoauszug steht 90.500 Euro. Und was ist mit den 500 passiert?"

Richter Heindl ist direkt, klar, aber nicht unhöflich. Er hat diesen schönen altbayerischen Klang in der Stimme, der jede scharfe Nachfrage ein bisschen verbindlicher klingen lässt. Doch man sollte sich nicht täuschen. Heindl bohrt immer am wunden Punkt.

Als der junge Angeklagte nicht mehr erklären kann, warum er auch noch 30.000 Euro an den Herrn aus Dubai gab, ohne Quittung, da wird der Richter energisch. "Entschuldigung, Sie sind Vorstand einer Aktiengesellschaft und geben 30.000 Euro ohne Quittung raus!" Der Angeklagte beginnt zu weinen. Heindl wirkt unbeeindruckt. Tränen hat er in seinen Prozessen immer wieder. Uli Hoeneß wäre nicht der Erste.

Und auch mit wohlsituierten Bürgerlichen hat er es ständig zu tun. Eine 75-jährige Dame verurteilte er zu drei Jahren Haft, weil sie eine Frau um 250.000 Euro betrogen hatte. Einen Arzt ließ er durch die Polizei abholen, weil der nicht einsah, dass er zum Prozess persönlich erscheinen muss.

Ungewöhnliches Verhalten nimmt der Richter mit Achselzucken. "Wenn Sie meinen Job hätten, würden Sie sich nicht wundern, was die Leute alles bar übergeben", seufzt er im Prozess. Vermutlich ist er der Einzige, der sich nicht über Hoeneß Spielgeld-Eskapaden wundert.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1864846
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 17.01.2014/sonn
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.