Süddeutsche Zeitung

Rummenigges Maske:Am Ende des Tragens

Der Bayern-Boss hat es schwer: Erst verrutscht sein herkömmlicher Mund-Nasen-Schutz ständig, dann misslingt das Experiment mit einer futuristischen Tauchermaske - einen Kniff hat er noch parat.

Von Jonas Beckenkamp

Vielleicht sollte sich Karl-Heinz Rummenigge bei seinem leitenden Angestellten Jérôme Boateng erkundigen. So ganz unverbindlich und back to earth beim Plausch unter Trendsettern. Boateng kennt sich aus mit Brillen, er trägt sie, verkauft sie und ganz bestimmt weiß er auch, wie dieses ewige Dilemma beim Masketragen in Griff zu kriegen ist. Brillenträger wissen Bescheid: Der Mund-Nasen-Schutz führt auf nervigste Weise oft zu beschlagenen Gläsern, was einem derart den Durchblick vernebeln kann, dass sich das Leben wie ein ewiger Shishabar-Besuch anfühlt.

Der Bayern-Boss kämpft seit Monaten mit seiner Maske, es gibt ganze Bilderserien im Internet, auf denen er als Falschträger entlarvt wird. Meist rutscht ihm die Nase nach oben heraus oder eben die Maske zu weit nach unten - so dass ihm manche bereits eine gewisse Hochnäsigkeit unterstellen. Der Rummenigge, so der Chor der Empörten, kriegt's nicht hin, das Ding richtig aufzusetzen. Das könnte stimmen, es könnte aber - wie Rummenigge selbst sagen würde "am Ende des Tages" - auch ganz anders sein, wie sich jetzt herausstellt. Ist der Vorstandsvorsitzende nur ein Opfer der Kälte und seines eigenen Atems? Ein Gescholtener der FFP2-Kollateralschäden?

Zumindest lässt er nichts unversucht, denn am vergangenen Sonntag trat er im Schalker Stadion plötzlich mit einer Art Taucherbrille um Nase und Mund auf. Ein Modell in bester Mad-Max-Manier, ein dernier cri von Überüberübermorgen. Was, wenn sie das künftig als Verkleidung im Berghain tragen? Ein Teil, das selbst für Boatengs Kollektion zu schrill wäre? Rummenigge hatte sich einen Plexiglas-Mund-und-Nasenschutz umgestülpt, mit dem er aussah wie ein Schnorchellehrer in Sharm el Sheikh.

Überall Anforderungen, da blickt keiner mehr durch

Jetzt folgte Rummenigges Erklärung in der Bild-Zeitung: "Als Brillenträger habe ich - wie wahrscheinlich viele andere auch - das Problem, dass meine Brille immer beschlägt, wenn ich eine Maske trage." Genau das sollte sein neues Accessoire jetzt verhindern, aber: Pustekuchen. Auf Bildern ist zu sehen, wie dem 65-Jährigen zu Beginn des Spiels in Gelsenkirchen trotzdem die Linse vernebelt.

"Deswegen bin ich auf Schalke dann zu einer herkömmlichen FFP2-Maske zurück", erklärte Rummenigge seinen fliegenden Wechsel auf der Tribüne. Der Import einer Firma aus der Steiermark war also ein netter Versuch, aber das Experiment ist gescheitert. Der Lifehack wäre auch zu schön gewesen, denn eigentlich ist das Taucherbrillenteil für ganz andere Zwecke gedacht: Es soll unter anderem gehörlosen Menschen helfen, die Mimik und den Mund des Gegenübers zu erkennen. Für überforderte Fußballfunktionäre in Pandemien ist es eher nicht wirksam.

Rummenigge hätte auch die von dem Unternehmen angebotene Maßanfertigung per 3-D-Scan nichts gebracht - der Atem entweicht halt gerne nach oben, Motorradfahrer mit beschlagenem Helmvisier kennen das. "Leider habe ich noch keine Maske gefunden, die den gesundheitlichen sowie politischen Anforderungen und zugleich meinen Anforderungen genügt", räumte Rummenigge ein. Überall Anforderungen, da blickt dann halt keiner mehr durch.

Rummenigge, der Münchner Maskenmann, gab schließlich auch zu, dass ihm der übliche Corona-Schutz oft sichtbedingt und bewusst unter die Nase geflutscht sei. Sein neuer Kniff, um ungetrübt Fußball zu schauen, ist nun: Das Spiel ohne Brille verfolgen und sie dann aufsetzen, "sobald es Richtung Strafraum geht". Rummenigge ist also zumindest phasenweise da angekommen, worüber er selbst gerne spricht: am Ende des Tragens.

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