FC Bayern:Warten auf den Dominoeffekt

  • Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge wird auf einer Pressekonferenz zum Münchner Trainingsstart auch zu den Münchner Transferaktivitäten befragt.
  • Er verweist darauf, dass es in Europa keinen großen Transfer gegeben habe und dass alle großen Vereine gerade prüfen, was die Konkurrenz unternimmt.
  • Für die Außenspieler Serge Gnabry und Kingsley Coman fehlt den Münchnern ein starker Ersatzmann - auch daran wird Rummenigge gedacht haben, als er sagte, dass "wir auf gewissen Positionen noch im operativen Bereich tätig".

Von Benedikt Warmbrunn

Wo das Gespräch stattfand, ist nicht überliefert, auch nicht, ob die in manchen Büros beim FC Bayern beliebten Butterbrezn serviert wurden. Überliefert ist allein, dass das Gespräch am Montagmorgen stattgefunden hat, erzählt hat das Karl-Heinz Rummenigge, der Vorstandschef des FC Bayern. Dass er es erzählt hat, ist nicht ganz uninteressant, immerhin ging es in dem Gespräch ja darum, dass in Zukunft weniger in der Öffentlichkeit über interne Abläufe gesprochen werden soll. Rummenigge also sagte: "Ich glaube, es ist gut, wenn wir in Zukunft etwas weniger in der Öffentlichkeit über Transferaktivitäten sprechen. Das weckt einen Erwartungshorizont, der nicht gut ist."

Den Erwartungshorizont, den Rummenigge mit der Aussage am Montagmittag in der Münchner Arena geweckt hat, ist also der, dass der Klub in den nächsten Wochen nicht mehr so viel versprechen wird, sondern vielleicht lieber einfach zwei, drei Transfers erfolgreich abschließen wird.

Die Transferaktivitäten der Münchner sind fünfeinhalb Wochen vor dem Auftakt der neuen Bundesliga-Saison das große Thema der Liga. Die gesamte nationale Branche wartet darauf, wen die Münchner noch verpflichten werden, und ob das Versprechen eingelöst werden wird, das Präsident Uli Hoeneß im Februar gegeben hatte: "Wenn Sie wüssten, wen wir alles schon sicher haben ..."

Neuers Berater sei nicht dessen Sprachrohr, erklärt Rummenigge

Thomas Kroth, der Berater von Kapitän Manuel Neuer, hatte am Wochenende in der SZ gesagt, dass der Kader zurzeit nicht "konkurrenzfähig aufgestellt" sei. Er habe am Montag mit Neuer telefoniert, erzählte Rummenigge in dieser Angelegenheit, nun wisse er, dass Kroth "nicht das Sprachrohr" von Neuer sei und dass er eine "rein private Meinung" geäußert habe. Es war eine spannende gedankliche Konstruktion, da es ja der Beruf eines Beraters ist, die Meinung des eigenen Klienten zu vertreten.

Auch sonst musste Rummenigge am Montag bei der Auftaktpressekonferenz viele Fragen beantworten, die sich darum drehten, ob es dem Klub noch gelingen werden, irgendeinen Spieler zu verpflichten. Rummenigge antwortete höflich, hin und wieder wies er freundlich darauf hin, dass ein Zugang doch direkt auf dem Platz neben ihm sitze. Ganz nebenbei übrigens der teuerste Zugang der Klubgeschichte.

"Danke. Gut. Servus, ich bin Lucas. Ich bin glücklich, hier zu sein. Ich freue mich auf ein gute Saison mit dem FC Bayern. Also, pack ma's." Mit diesen Worten in einer beeindruckend sicheren Mischung aus Hochdeutsch und Bayrisch stellte sich der 80-Millionen-Euro-Mann vor, Lucas Hernández, als Innenverteidiger von Atlético Madrid gekommen, als Linksverteidiger 2018 Weltmeister mit Frankreich geworden. Sein neuer Klub bemühte sich, mit dieser Präsentation die Schlagzeilen über all die möglichen Verpflichtungen zu vermeiden, ein Film wurde abgespielt, unterlegt mit schweren Bässen: Lucas bei der WM-Feier. Lucas bei einer Grätsche. Lucas beim Torschuss. Lucas in der Nahaufnahme, beim Krafttraining, im Schwimmbecken, vor der Staatsoper, erneut mit dem WM-Pokal. Dass die gesamte nationale Branche sehnsüchtig auf weitere Münchner Zugänge wartet, ist angesichts dieses prominenten Neulings schon eine kleine Ungerechtigkeit. Aber das ist nur die eine Seite.

"Wir arbeiten mit Hochdampf auf dem Transfermarkt"

118 Millionen Euro hat der FC Bayern bisher ausgegeben, neben Hernández noch 35 Millionen für den Verteidiger Benjamin Pavard vom VfB Stuttgart sowie drei Millionen für den Stürmer Jann-Fiete Arp vom Hamburger SV. Doch in der Innenverteidigung war das Team auch in der vergangenen Saison gut besetzt; vor wenigen Wochen ist dem Überangebot Mats Hummels gewichen.

Der vielleicht beste Münchner Spieler der Rückrunde kehrte nach Dortmund zurück. "Ich glaube, wir sind in der Innenverteidigung top aufgestellt", sagte Rummenigge. Er sei der Meinung, "der beste deutsche Innenverteidiger spielt beim FC Bayern München und übrigens auch in der deutsche Nationalmannschaft". Es war eine gar nicht mal so dezente Spitze in Richtung von Hummels, und ein Kompliment für Niklas Süle, für Trainer Niko Kovac der Innenverteidiger Nummer eins. "Das ist nicht nur für die Bundesliga top", folgerte Rummenigge, "sondern auch was den europäischen Anspruch betrifft, sind wir sehr gut aufgestellt." Doch die andere Seite ist die, dass die wirklich wichtigen Investitionen ohnehin in der Offensive anstehen.

Für die Außenspieler Serge Gnabry und Kingsley Coman fehlt ein starker Ersatzmann - auch daran wird Rummenigge gedacht haben, als er sagte, dass "wir auf gewissen Positionen noch im operativen Bereich tätig" sind. Bei Leroy Sané äußerte er sich verhalten. Der deutsche Nationalspieler kehre erst in dieser Woche aus dem Urlaub zurück. "Wir müssen abwarten, ob sich noch was bewegt", sagte Rummenigge. Der Vorstandsboss verwies zudem darauf, dass es in Europa keinen großen Transfer gegeben habe und dass alle großen Vereine gerade prüfen, was die Konkurrenz unternimmt. "Auf diesen Dominoeffekt wartet ganz Fußballeuropa", sagte Rummenigge: "Wir sind in Position, wir haben Geduld." Und er sagte: "Wir arbeiten mit Hochdampf auf dem Transfermarkt, insbesondere der Hasan", also Sportdirektor Salihamidzic. Selbstverständlich sagte Rummenigge dies, ohne einen Erwartungshorizont zu wecken, der nicht gut ist.

Am Ende des Mittags lief Lucas noch auf den Rasen, er hob für die Fotografen die Daumen, kniete sich runter zu einem Fußball. Ob er diesen jonglieren könne? Der teuerste Mann der Vereinsgeschichte, der vor drei Monaten operiert worden war, sagte verlegen: "Das ist nicht möglich - mein Knie."

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FC Bayern-Trainer Niko Kovac (rechts) mit Vorstandsboss, Karl-Heinz Rummenigge im Käfer-Zelt auf dem Oktoberfest in München.

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Niko Kovac muss in seinem zweiten Jahr beim FC Bayern kämpfen. Seine Transfer-Wunschliste findet kaum Beachtung, Rummenigge gibt weiter den Kritiker - und der Trainer selbst fragte sich für kurze Zeit, ob er sich das alles noch antun muss.

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