Süddeutsche Zeitung

Karl-Heinz Rummenigge:Der Bayernboss übergibt

Entgegen dem ursprünglichen Plan wird Karl-Heinz Rummenigge den Klub bereits im Juni verlassen. Oliver Kahn übernimmt den Posten des Vorstandschefs - Rummenigges Zukunft ist offen.

Von Martin Schneider

Als Karl-Heinz Rummenigge vor drei Jahren im Studio des TV-Senders Sky mit dem Moderator Jörg Wontorra zum ersten Mal öffentlich länger über seinen bevorstehenden Abschied beim FC Bayern sprach, mündete das schließlich in einem kuriosen Dialog. Wontorra hatte viele Frage gestellt zum designierten Nachfolger Oliver Kahn, der von Rummenigge im sehr exklusiven Ausbildungsberuf "Bayern-Boss" eingearbeitet werden sollte.

Rummenigge erklärte im Zuge dessen die Komplexität des Klubs, dass der FC Bayern mit einem mittelständischen Unternehmen vergleichbar sei und - sinngemäß - dass die Fähigkeiten als Torhüter und/oder Titan auf der Geschäftsstelle vielleicht hilfreich, aber nicht ausreichend seien, weswegen er die Konstellation befürworte. Wie Wontorra so fragte, kam dann das Thema auf die Zukunft, ob er etwa einen Posten beim FC Bayern behielte, wie zum Beispiel Uli Hoeneß nach dessen Rückzug. Als Rummenigge all dies verneinte, dämmerte es dem Moderator und so fragte er:

Wontorra: Sind Sie ganz raus dann?

Rummenigge: Ja.

Wontorra (erstaunt): Ne!

Rummenigge: Ja.

Der Moment, in dem Rummenigge "ganz raus" ist, ist nun früher gekommen als damals angepeilt. Bis Ende des Jahres lief sein Vertrag als Vorstandsvorsitzender, nun löst er ihn zum 30. Juni auf. Das sei der "strategisch sinnvollste und logische Zeitpunkt", ließ Rummenigge in einer Mitteilung des FC Bayern vom Dienstag wissen. Das Geschäftsjahr sei zu Ende, zudem fange in Julian Nagelsmann ein neuer Trainer an, deswegen sollte die neue Spielzeit "von Beginn an von Oliver Kahn verantwortet werden".

Kahn hatte sich in den vergangenen Monaten beim Dauerstreit zwischen Ex-Trainer Hansi Flick und Sportvorstand Hasan Salihamidzic noch den Luxus erlaubt, weitgehend im Hintergrund zu agieren. Kahn, durch seine Expertentätigkeit beim ZDF eigentlich ziemlich souverän im Umgang mit Medien, wird also schneller nach vorne treten müssen. Er, Salihamidzic und Herbert Hainer als Präsident und Aufsichtsratsvorsitzender bilden nun die Chefetage an der Säbener Straße, Hoeneß schaut vom Tegernsee und vom Aufsichtsrat aus mit strengem Blick auf den Klub.

Rummenigge hingegen wird dem FC Bayern zum 1. Juli erstmals seit drei Jahrzehnten nicht angehören. 1991 machte ihn der damalige Präsident Fritz Scherer zusammen mit Franz Beckenbauer zum Vize-Präsidenten, seit 2002 war Rummenigge Vorstandsvorsitzender der damals neu gegründeten AG. Spätestens mit dem Ausscheiden von Beckenbauer waren er und Hoeneß das Machtzentrum des Klubs, ein Duopol der Alphatiere, manchmal einer Meinung, mit fortschreitender Zeit oft auch nicht. Was aber im Ergebnis nichts daran änderte, dass der FC Bayern nun so dominant und stark dasteht wie noch nie in seiner Geschichte.

Was Rummenigge nun tun wird, darüber gibt es nur Spekulationen. Bis 2024 sitzt er noch im Exekutivkomitee des europäischen Fußballverbandes Uefa. Dorthin hatte es den im europäischen Fußball exzellent vernetzten 65-Jährigen gespült, weil er und der FC Bayern sich nicht am Super-League-Wahnsinn beteiligten. Allerdings ist das kein tagesfüllender Job.

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