Süddeutsche Zeitung

Antonio Rüdiger im SZ-Interview:"Ich fühle mich auf jeden Fall angesprochen"

Joachim Löw sieht im DFB-Team "viele Alternativen", besonders in der Abwehr. Antonio Rüdiger nimmt diesen Appell im SZ-Gespräch gerne an - und zeigt sich selbstbewusst.

Von Christof Kneer

Es sei "keine Entscheidung von Dauer", sagte Joachim Löw, als er Jérôme Boateng aus dem Kader für die Länderspiele gegen Russland und die Niederlande strich. Dennoch ist unklar, ob der Bundestrainer seinem langjährigen Lieblingsverteidiger am Ende eines missratenen Länderspiel-Jahres nur eine kleine Schaffens- und Erholungspause gönnt - oder ob es sich wie im Fall Sami Khedira um eine besonders rücksichtsvolle Art der Verabschiedung handelt. Fest steht immerhin, dass Löw auf Boatengs Position wenig Nachwuchssorgen hat.

Ihm stehen auf hohem Niveau bereits erprobte und auch sehr selbstbewusste Kandidaten zur Verfügung - wie Antonio Rüdiger, der es beim FC Chelsea im zweiten Jahr zum Publikumsliebling gebracht hat und sich nicht scheut, im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" (Montagsausgabe) seine Ansprüche geltend zu machen. "Ich bin jetzt seit vier Jahren in der Nationalmannschaft dabei und kann die Dinge sehr gut einordnen: Wenn Jérôme oder Mats den Platz mal frei machen, dann möchte ich den übernehmen. Definitiv", sagte der 25-Jährige. "Ich habe ja auch beim FC Chelsea bewiesen, dass ich mich durchsetzen kann, obwohl mir das nicht viele zugetraut hatten."

Von Löws Äußerung, auf Boatengs Position gebe es bereits jetzt "viele jüngere Alternativen", fühle er sich "auf jeden Fall" angesprochen, "da gehöre ich gerne dazu", sagt Rüdiger, um dann in mannschaftsverträglicher Bescheidenheit nachzuschieben: "Aber nicht nur ich, sondern auch Niklas Süle, Jonathan Tah, Matthias Ginter oder Thilo Kehrer."

Rüdiger rechtfertigt seine Ansprüche mit seinem Werdegang. Erst die Jugendteams in Berlin und Dortmund, dann Bundesliga beim VfB Stuttgart, dann AS Rom in Italien, jetzt der FC Chelsea: Von diesem step-by-step-Aufstieg hat Rüdiger sehr profitiert, und der wichtigste Schritt sei "mit Sicherheit der ins Ausland" gewesen, von Stuttgart nach Rom. "Beim VfB, das weiß ich selbst, waren meine Spiele nicht immer gut, meine Athletik, mein Tempo und meine Zweikampfführung waren immer da, aber ich hatte schon auch einige Schwankungen im Spiel." Erst in Italien habe er "gelernt, das Spiel richtig zu lesen", sagt Rüdiger, "und heute weiß ich: Man muss nicht immer die volle Kraft oder das volle Tempo einsetzen, wenn man die Dinge antizipieren kann. Diese Facette hatte meinem Spiel bis dahin gefehlt, deswegen war dieser Schritt nach Italien so wichtig." Der italienische Ansatz tue seinem Spiel gut, er möge auch die italienischen Trainer sehr.

Rüdiger ist auch durchaus stolz darauf, sich in der englischen Premier League schnell etabliert zu haben, "jetzt, in meinem zweiten Jahr, sagen viele, ich sei einer der Fanlieblinge". Allerdings räumt er auch ein, dass seine Leistungen beim DFB noch nicht auf demselben Toplevel seien wie beim FC Chelsea. Rüdiger sagt, er könne "definitiv noch mehr, als ich bei der Nationalmannschaft bisher gezeigt habe".

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Quelle:
SZ vom 19.11.2018/jbe
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