Süddeutsche Zeitung

Rücktritt von 1860-Geschäftsführer Schäfer:Der einzige gangbare Weg

Robert Schäfer tritt von seinem Amt als Geschäftsführer des TSV 1860 München zurück. Auch im Wissen, dass sich das Präsidium um Gerhard Mayrhofer und der jordanische Investor Hasan Ismaik längst auf seinen Abschied verständigt hatten.

Von Markus Schäflein und Philipp Schneider

Es wäre eine ziemlich komplizierte Prozedur geworden: Hasan Ismaik hätte nach München kommen müssen, der Beirat der Profifußball-KGaA des TSV 1860 München hätte sich erst einmal konstituieren müssen und dann den Geschäftsführer Robert Schäfer abbestellen. Diese Prozedur bleibt allen Beteiligten nun erspart - denn Schäfer, so die offizielle Lesart, erklärte am Freitagnachmittag seinen Rücktritt.

"Wir haben seinem Wunsch entsprochen", wurde Präsident Gerhard Mayrhofer in der Pressemitteilung zitiert. "Wir bedanken uns bei Robert Schäfer für das, was er für die Löwen geleistet hat, und wünschen ihm für seine Zukunft alles Gute." Es werde ein Auflösungsvertrag ausgehandelt; Schäfer sei ab heute beurlaubt. Er wolle "einem Neuanfang in der Zusammenarbeit mit unserem Investor nicht im Wege stehen", erklärte Schäfer, und habe daher "dem Präsidium das Angebot gemacht, mich zum Wohle des TSV 1860 zurückzuziehen".

Angesichts der neuen Einigkeit zwischen Klub und Ismaik blieb ihm auch nichts anderes übrig. Ob er Druck verspürt habe, wurde Schäfer gefragt, er antwortete: "Druck würde ich jetzt nicht sagen."

Die beiden Gesellschafter hatten sich zuletzt auf Trainer Friedhelm Funkel geeinigt, den Kandidaten des Vereins. Und es war natürlich eine ausgesprochene oder unausgesprochene Abmachung unter Mayrhofer und Ismaik, den zwei Machertypen auf einer Wellenlänge, dass in einer anderen - aus seiner Sicht weitaus wichtigeren - Personalie nun Ismaik das letzte Wort haben würde. Mayrhofer bestritt zwar einen direkten Zusammenhang, und es mag sogar sein, dass der Präsident dies nicht einmal wusste - aber Ismaik hätte der Personalie Funkel niemals in der Öffentlichkeit zugestimmt, hätte der Vereinspräsident nicht tags zuvor im ersten gemeinsamen Telefonat überhaupt seine Bereitschaft signalisiert, die KGaA zu professionalisieren (SZ vom 9.9.2013).

Was in Ismaiks Sprachgebrauch bedeutete, Schäfer zu entlassen, den er ja "nicht professionell" fand. Natürlich ging es also um Schäfer, als Mayrhofer über seinen Erstkontakt zu Ismaik sagte: "Wir sprechen die gleiche Sprache und haben ein sehr gutes grundsätzliches Verständnis, was wir bei 1860 verändern müssen, um noch professioneller zu werden."

Mayrhofer, der Ismaik mittlerweile in Abu Dhabi persönlich getroffen hat, wiederholte ähnliche Aussagen, drückte sich aber stets darum, aufzuklären, was er eigentlich meinte. Dennoch erzählte man sich in Vereinskreisen schon, dass es nur eine Frage von einigen Tagen sei, bis der Geschäftsführer gehen müsse. Mit einem lancierten Zeitungsartikel in der AZ am Donnerstag bereitete Schäfer einen Abschied ohne Gesichtsverlust vor; er machte deutlich, nicht am Posten zu kleben: "Wenn in der jetzigen Phase der Sanierung neue Leute ans Ruder sollen für die weitere Neuausrichtung, ist dies ein Vorgang, der in der Wirtschaft nicht unüblich ist."

So kann man das natürlich auch formulieren. Nicht auszuschließen, wenn auch unwahrscheinlich, wäre ja gewesen, dass Schäfer, 37, dem Verein in anderer Funktion erhalten geblieben wäre. Ismaik hatte bei einem seiner Besuche in München angedeutet, dass er sich vorstellen könne, dass sich Schäfer wieder um jene Dinge kümmere, von denen er etwas verstehe: Marketing, Ticketing. Solche Sachen. Aber selbst für eine derartige Maßnahme war es am Ende zu spät.

Nachdem Schäfer den Investor fast schon zielgerichtet immer weiter gegen den Verein - und vor allem sich selbst - aufgebracht hatte: Zuletzt hatte er eigenmächtig die Verträge der Sportlichen Leitung um Ex-Trainer Alexander Schmidt und Sportdirektor Florian Hinterberger verlängert, obwohl dafür keine Notwendigkeit bestand. Dann traf sich Schäfer mit Ismaiks Cousin Noor Basha gar vor dem Arbeitsgericht, und allerspätestens in diesem Moment war klar, dass sich Ismaik nie wieder mit Schäfer an einen Tisch setzen würde, geschweige denn Darlehen erteilen würde an eine KGaA, die von Schäfer als Geschäftsführer verantwortet würde.

Da Schäfer eine weiterhin defizitär arbeitende Firma zurücklassen wird, die auf Gelder von Ismaik angewiesen ist, hat sich das Mayrhofersche Präsidium für den einzigen gangbaren Weg entschieden. Kommissarisch wird nun Sportchef Hinterberger die Geschäfte führen.

"Natürlich wollen wir so schnell wie möglich einen Kandidaten finden, der den Anforderungen beider Gesellschafter entspricht", teilte Mayrhofer noch mit: "Wir wollen einen Profi, der Erfahrung hat in dem Bereich. Weil wir ja hohe Ziele haben mit unserem Verein. Wir wollen nach wie vor aufsteigen. Und das schaffen wir nur, wenn wir auf allen Positionen professioneller werden."

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Quelle:
SZ vom 28.09.2013/ebc
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