Rostock:Nach dem Doppel-Rauswurf

HSV-Torhüter Martin Pieckenhagen

In der Chefetage: Martin Pieckenhagen, 47, wird Sportvorstand in Rostock. Als Torwart hatte er von 1996 bis 2001 insgesamt 110 Bundesligaspiele für Hansa bestritten.

(Foto: Carmen Jaspersen/dpa)

Neu-Manager Pieckenhagen sucht bei Drittligist Hansa einen Trainer.

Von Thomas Hahn, Hamburg

An diesem Dienstag reisen die Drittliga-Fußballer von Hansa Rostock ins Trainingslager nach Belek, Türkei. Nach Stand der Dinge werden sie das unter der Leitung des 56-jährigen Vladimir Liutyi tun, der seit dem Trainingsauftakt im neuen Jahr seinen Posten als A-Junioren-Coach ruhen lässt, um den des beurlaubten Cheftrainers Pavel Dotchev zu bekleiden. Aber vielleicht ändert sich vorher auch noch was, denn Hansa Rostock ist gerade wieder in einer Phase, in der sich ziemlich viel ziemlich plötzlich ändert. Die Entlassung von Dotchev und Sportvorstand Markus Thiele wurde am Donnerstag öffentlich, am Samstag stellte der Klub schon den früheren Profitorwart Martin Pieckenhagen als neuen Sportvorstand vor. Und der wiederum erklärte, die Trainerfrage mit Tempo angehen zu wollen. Nach einer Meldung des NDR ist Pieckenhagen "zuversichtlich, in kürzester Zeit" einen neuen Chefcoach präsentieren zu können. Noch vor der Belek-Reise?

Hansa Rostock ist der letzte DDR-Meister und im strukturschwachen Bundesland Mecklenburg-Vorpommern ein Identifikationsfaktor. Aber seit dem Abstieg aus der zweiten Liga 2012 ist Hansa nicht mehr über die Drittklassigkeit hinaus gekommen. Zwischendurch drohte die Insolvenz, verschiedene Kapriolen ließen den Verein nicht sehr gut sortiert aussehen.

Längst hat der gebürtige Rostocker und schwerreiche Immobilien-Unternehmer Rolf Elgeti als Investor dafür gesorgt, dass Hansa aus dem Gröbsten raus ist. Aber ganz ohne Drama kommt der Klub offenbar nicht aus: Der überraschende Doppelrauswurf von Dotchev und Thiele ist der nächste Ausschlag in Hansas Geschichte als etwas unausgeglichenes Nordost-Unternehmen im modernen Bezahl-Fußball. Hansa überwintert als Tabellenachter und damit hinter den Erwartungen. Aber der Grund für den Wechsel war wohl weniger Erfolglosigkeit als vielmehr der Umstand, dass die Zusammenarbeit zwischen Dotchev, 53, und Thiele, 37, nicht funktionierte. "Bei allen individuellen Verdiensten der beiden um den Verein steht das Gesamtwohl des FC Hansa über allem, und dies kann nur gewährleistet werden, wenn sich die für den sportlichen Bereich Verantwortlichen als Einheit verstehen und agieren", erklärte der Vorstandschef Robert Marien, "dies ist trotz vieler intensiver Gespräche leider nicht mehr gegeben."

Die Ostsee-Zeitung druckte eine Chronik des Zerwürfnisses, das demnach schon im September deutlich wurde: Nach einem 0:0 in Großaspach kritisierten Thiele und Dotchev sich gegenseitig. Es folgten halbherzige Friedensbekundungen, wechselhafte Teamleistungen und schließlich der Beschluss von Vorstand und Aufsichtsrat, Dotchev nicht über das Saisonende hinaus zu beschäftigen. Thiele teilte Dotchev die Entscheidung mit, und dann muss der Konflikt der beiden derart eskaliert sein, dass der Klub durchgriff: beide raus, sofort.

Jetzt darf also Pieckenhagen versuchen, den Klub zu alten Ehren zu führen. Er kennt Rostock. Ehe er für den Hamburger SV, den niederländischen Erstligisten Heracles Almelo und Mainz 05 spielte, absolvierte er zwischen 1996 und 2001 110 Bundesliga-Spiele für Hansa. Er habe Hansas Entwicklung "aufmerksam verfolgt", sagt er. Und Marien will festgestellt haben, dass Pieckenhagen "genau weiß, was ihn beim FC Hansa Rostock erwartet". Was genau? Zunächst mal eine Trainersuche. Im Gespräch sind Jens Härtl, bis November Coach beim Zweitligisten Magdeburg, und Bernd Hollerbach, der 2018 sehr erfolglos beim HSV arbeitete.

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