Rosberg-Sieg in Spielberg:Stärker als der Hammer

Formel 1, Nico Rosberg, Mercedes

Austria Formula One Grand Prix epa04272496 German Formula One driver Nico Rosberg of Mercedes AMG F1 Team lifts the trophy as he celebrates his victory on the podium after the Formula One Grand Prix of Austria at the Red Bull Ring in Spielberg, Austria, 22 June 2014. EPA/HANS KLAUS TECHT +++(c) dpa - Bildfunk+++

(Foto: dpa)

Der Schlussspurt des Teamkameraden bringt ihn nicht aus der Ruhe: Mercedes-Pilot Nico Rosberg gewinnt den Großen Preis von Österreich souverän vor Lewis Hamilton und baut seine WM-Führung aus. Sebastian Vettel wird von einem seltsamen Defekt zurückgeworfen - und ist ratlos.

Von René Hofmann

Die Formel-1-Saison 2014 bietet viele Kuriositäten. Acht Rennen dauerte es, bis zum ersten Mal der WM-Führende gewann: Mercedes-Mann Nico Rosberg war der Schnellste beim Großen Preis von Österreich in Spielberg vor seinem Teamkollegen Lewis Hamilton und Williams-Fahrer Valtteri Bottas.

Rosberg, 28, hatte in diesem Jahr zwar schon zwei Erfolge gefeiert. Weil Hamilton, 29, aber viermal triumphiert hatte und zweimal ausgefallen war, hatte er bisher noch nie als WM-Führender auf die höchste Stufe des Siegertreppchens gedurft. In der Steiermark änderte sich dies nun, was Rosberg "Woo Hoo Woo" fand. Das zumindest rief er seinen Vorgesetzen im Ziel am Funk zu.

Dritter und Vierter im Ziel: Die Williams-Fahrer überraschen

Nico Rosberg gegen Lewis Hamilton - das Duell, das die Saison seit dem Start prägt, stand auch in Österreich im Mittelpunkt des Interesses. Allerdings mit einer kleinen Variation: Zum ersten Mal in diesem Jahr schaffte es Hamilton nicht, in der ersten Startreihe zu stehen. Beim letzten Versuch, eine schnelle Runde zu drehen, unterlief dem Briten in der Qualifikation ein Fehler. Sein Auto drehte sich und versperrte Rosberg den Weg zur Bestzeit. Von dem Missgeschick profitierten die zwei Williams-Fahrer. Felipe Massa eroberte die Pole Position vor seinem Teamkollegen Valtteri Bottas. Zum ersten Mal seit elf Jahren standen wieder zwei Williams-Piloten in der ersten Startreihe; damals hießen die Protagonisten Ralf Schumacher und Juan Pablo Montoya.

Rosberg durfte als Dritter an der Startampel parken, Hamilton bloß als Neunter. Auf den ersten Metern kamen sie sich damit nicht nahe. Lange dauerte es allerdings nicht, bis sich das gewohnte Gegeneinander abzeichnete. Massa gewann den Start, Rosberg schob sich an Bottas vorbei auf Platz zwei, Hamilton zog - mutig durch die Mitte - an vielen Rivalen vorbei und war schon bald im Windschatten seines Teamkollegen.

"Okay Lewis, it's hammer time"

Nach der ersten Boxenstopp-Runde übernahm Rosberg die Führung. Weil Massa zu einem schlechteren Zeitpunkt stoppte als Bottas, landete der Brasilianer am Ende als Vierter einen Platz hinter dem Finnen. Hamilton arbeitete sich an den beiden vorbei und jagte - nachdem die Mercedes-Strategen ihren beiden Piloten zur Rennmitte aus Furcht vor Brems- und Kühlungsproblemen Zurückhaltung verordnet hatten - auf den letzten Runden dann doch wieder erbarmungslos Rosberg.

"Okay Lewis, it's hammer time": Diese Losung des Renningenieurs eröffnete den Schlussspurt. Doch auch der ganz große Hammer half dieses Mal nichts. Rosberg blieb fehlerlos, Hamilton kam nicht an ihm vorbei. Zum dritten Mal nacheinander holte er weniger Punkte als sein deutscher Gegenspieler. Was Hamilton davon hielt, war ihm deutlich anzumerken.

Sichtlich reserviert begegnete er Rosberg in dem Raum, in dem sich die drei Besten auf die Siegerehrung vorbereiten dürfen. Rosberg wiederum kommentierte das Resultat nüchtern, knapp und zufrieden: "Ein tolles Wochenende. Ich habe mein Ziel erreicht: Ich habe die Führung in der WM-Wertung ausgebaut." Hamilton ist er nun um mehr Punkte voraus, als es für einen Sieg gibt: um 29.

Ich weiß auch nicht, wieso bei mir immer was ist"

Für Sebastian Vettel war es erneut ein enttäuschendes Wochenende. In der Qualifikation verpasste er den Durchgang der zehn Schnellsten. Während er an Position 13 geführt wurde, arbeitet sich sein Teamkollege Daniel Ricciardo bis auf Startplatz fünf vor. Eine Erklärung für den Rückstand konnte Vettel nicht bieten. Die Ratlosigkeit setzte sich am Sonntag fort. Bereits nach einer Runde wurde Vettel langsam. Richtig langsam. Er lenkte seinen Red Bull von der Ideallinie und ließ alle Konkurrenten vorbeiziehen.

Die Perspektive konnte ihm nicht gefallen. Anders als bei anderen Gelegenheiten in diesem Jahr ließ er sich den Frust aber nicht anmerken. Förmlich informierte er die Spezialisten am Kommandostand ("Ich habe Vortrieb verloren") und bat freundlich: "Sagt mir bitte, was ich tun soll!" Eine Antwort blieb allerdings aus. Auch die Experten wussten nicht weiter. Vettel ließ den Motor laufen - und siehe da, einige Sekunden später nahm die Maschine wieder Befehle entgegen, die Vettel ihr per Tritt aufs Gaspedal zukommen ließ.

Fast von allen überrundet, fädelte Vettel wieder im Feld ein. Um noch Chancen auf Punkte zu haben, hätte ihm eine Safety-Car-Phase geholfen. Als es bis Rennmitte eine solche nicht gab, stellte Vettel sein unzuverlässiges Gefährt ab, um den Motor zu schonen. "Das ist natürlich frustrierend. Ich weiß auch nicht, wieso bei mir immer was ist", so Vettel, der vorrechnete, wie oft für ihn in diesem Jahr schon etwas schieflief: "Drei Ausfälle und viele Probleme." Bei dem Gestotter sei es "klar, dass man nicht richtig in die Gänge kommt".

In der vergangenen Saison gewann er die letzten neun Rennen. In diesem Jahr kam er in den ersten acht nicht über die Verfolgerrolle hinaus. In der WM-Wertung ist ihm sein Teamkollege Ricciardo, der in Österreich in der letzten Runde Force-India-Fahrer Nico Hülkenberg mit einem frechen Manöver den achten Platz entriss, mit 83 Punkten inzwischen 23 Zählern voraus. Mit Rosberg (165 Punkte) oder Hamilton (136 Punkte) braucht Vettel sich derzeit nicht zu vergleichen.

"Allzu viel Lust zum Reden habe ich jetzt nicht", gab er zu. Um die Frage, ob er sich nach vier Jahren nun schon vom Titel verabschieden müsse, kam er aber nicht umhin. Vettels Antwort: "Man braucht kein Genie zu sein. Ich stehe hier und mache keine Punkte. Das tut einem nie gut. Das ist natürlich bitter, aber es ist nicht so, als hätte es sich nicht abgezeichnet." Die nächste Gelegenheit zur Kurskorrektur bietet sich am 6. Juli in Silverstone. Dann folgt am 20. Juli das Rennen in Hockenheim.

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