Rosberg-Sieg in Hockenheim:Champagner statt Apfelschorle

Formel 1 - GP Deutschland

Vereint im Jubelschrei: Nico Rosberg (links) mit Daimler-Boss Dieter Zetsche.

(Foto: dpa)

Erst die Hochzeit, dann der Heimsieg: Nico Rosberg gelingt in Hockenheim ein einsamer Start-Ziel-Erfolg, dahinter geht es turbulent zu. Lewis Hamilton rast fast durchs ganze Feld auf Rang drei, Sebastian Vettel kämpft mit einem klebrigen Defekt.

Von René Hofmann, Hockenheim

Nico Rosberg ist wirklich ein vorbildlicher Sieger. Da gewinnt er sein Heimrennen, ein Woche nach seiner Hochzeit, und baut damit seinen Vorsprung in der WM-Wertung vor seinem Teamkollegen Lewis Hamilton um satte zehn Punkte aus. Und wie freut er sich? Ausgelassen? Überschwänglich? Enthemmt gar? Keine Spur.

Nachdem er als Erster abgewunken worden war beim Großen Preis von Deutschland auf dem Hockenheimring, lenkte der 29-Jährige seinen Formel-1-Mercedes vor die Mercedes-Tribüne. Statt sein Gefährt dort wild kreiseln zu lassen, reckte Rosberg aber lediglich seinen Zeigefinger aus dem Cockpit und ließ diesen kreisen. Leise, rauchfrei, effizient: So freuen sich Formel-1-Sieger 2014.

"Das ist ein sehr besonderer Tag. Es freut mich riesig, dass ich hier gewonnen habe. Mein Auto lief gigantisch. Das macht wirklich Spaß", sagte Rosberg - allerdings ohne besondere Vibration in der Stimme. Gemessen an seinen Erfolgen in Österreich und in Monaco war es ein vergleichsweise einfacher gewesen. Genau genommen hatte Rosberg nach dem Start einen ziemlich einsamen Nachmittag erlebt. "Das war eine Gala-Vorstellung", lobte Toto Wolff trotzdem. Der Mercedes-Sportchef meinte: "Für uns fühlt es sich an, als hätten wir die Plätze eins und zwei belegt."

Hamiltons rast nach vorne

Das Gefühl täuschte leicht: Lewis Hamilton, der zweite Mercedes-Mann, wurde an diesem Nachmittag lediglich Dritter - weil ihn in der Qualifikation am Samstag ein Defekt ereilt hatte. Im ersten Durchgang war Hamiltons rechte Bremsscheibe geplatzt. Der Brite war mit großer Wucht gegen die Streckenbegrenzung geschlagen und hatte sich schwer atmend aus seinem Auto geschält. Neben den Bremsscheiben musste nach dem Unfall auch noch das Getriebe vorzeitig getauscht werden. Das bedeutete: Zum mäßigen 15. Startplatz noch eine Strafversetzung um fünf Positionen zum Rennauftakt. Von so weit hinten war Hamilton allerdings schon einmal bis aufs Podium gestürmt: 2009 in Brasilien.

In Hockenheim glückte ihm ein ähnlicher Sturmlauf. Kaum war die Startampel erloschen, begann Hamilton, Platz um Platz gutzumachen. Hätte er am Ende seine Reifen nicht schonen müssen - er wäre dem Zweitplatzierten Finnen Valtteri Bottas noch gefährlicher geworden. So aber wiederholte der Williams-Lenker seinen Erfolg vom jüngsten Auftritt in Silverstone. Und: Fast hätte noch ein Williams-Angestellter ganz vorne mitgemischt.

Felipe Massa hatte am Samstag den vielversprechenden dritten Startplatz erobert. Von diesem aus spielte der Brasilianer am Sonntag tatsächlich eine Hauptrolle - allerdings anders, als dies geplant gewesen war: In der ersten Kurve kam der erfahrene Massa dem noch recht unerfahrenen McLaren-Fahrer Kevin Magnussen zu nahe. Die Autos berührten sich dort, wo sie sich besser nicht berühren sollten: an den Rädern. Massa überschlug sich spektakulär und schied aus; er blieb unverletzt. Magnussen konnte weiterfahren. Er wurde letztlich aber nur Neunter.

Prestige-Erfolg für Vettel

An der Spitze monoton wie selten, dahinter abwechslungsreich wie so oft: So war dieser Deutschland-Grand-Prix. Über einen Prestige-Erfolg konnte sich Sebastian Vettel freuen. Zum ersten Mal, wenn beide Red-Bull-Autos ins Ziel kamen, wurde er vor seinem Teamkollegen Daniel Ricciardo abgewunken. Während der Australier von Startplatz fünf aus Sechster wurde, glückte Vettel eine Verbesserung: Als Sechster war er losgezogen, am Ende der 67. Runde wurde er als Vierter gefeiert.

Auf dem Weg dorthin legte er sich unter anderem so mit den Ferrari-Fahrern Fernando Alonso und Kimi Räikkönen an, dass Karbonteile von den Frontflügeln stoben. "Wir haben heute das Optimum rausgeholt", war Vettel sich sicher, "außer Apfelschorle war heute nichts drin." Von dem Getränk bekam er allerdings schon während des Rennens reichlich ab: Immer, wenn Vettel den Knopf an seinem Lenkrad drückte, der die Pumpe in seiner Trinkflasche aktivierte, spritzte diese ihm den Saft nicht in den Mund, sondern auf den Rücken. Ein ziemlich klebriger Defekt.

Pech für Sutil

Kurioser noch: der Technik-Fehler, mit dem Nico Hülkenberg zu kämpfen hatte. Mitten im Rennen stotterte der Mercedes-Motor im Heck seines Force India derart, dass Hülkenberg einen Reset vornehmen musste. Als er den dafür vorgesehenen Knopf am Lenkrad drückte, passierte aber erst einmal gar nichts - außer dass so gut wie alle Leuchtdioden gleichzeitig blinkten. In dem Moment waren Fingerspitzengefühl und Nervenstärke gefragt. Hülkenberg bewies beides und wurde so am Ende Siebter. "Schöne sechs Punkte" seien das, freute sich der 26-Jährige, den vor allem eine beinahe beispiellose Konstanz auszeichnet: Bisher hat Hülkenberg in jedem der zehn Saisonrennen Punkte eingefahren. Das ist ansonsten nur Ferrari-Lenker Fernando Alonso geglückt, der in Hockenheim Fünfter wurde.

Pech hatte dagegen erneut Adrian Sutil. Der Sauber-Chauffeur drehte sich mitsamt seinem Dienstwagen nach 51 Runden beim Einbiegen auf die Start- und Zielgerade. Grund dafür war angeblich, dass die Leistung des Ferrari-Motors in dem Moment unerwartet ausgeblieben war. Es war Sutils fünfter Ausfall in dieser Saison.

Das nächste Rennen findet bereits am kommenden Sonntag in Budapest statt. Nico Rosberg und Lewis Hamilton werden auf der Anreise einen Zwischenstopp in Wien einlegen: Team-Aufsichtsrat Niki Lauda hat sie nach der so erfolgreichen ersten Saisonhälfte zu einem gemeinsamen Abendessen eingeladen.

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