Rosberg-Sieg in Brasilien:Wie eine Fahrt im ICE

F1 Grand Prix of Brazil

Sein Sieg in Brasilien ist gut fürs Selbstvertrauen: Nico Rosberg nach dem Rennen.

(Foto: Getty Images)
  • Nico Rosberg gewinnt den Großen Preis von Brasilien und düpiert damit zum zweiten Mal nacheinander seinen Mercedes-Kollegen Lewis Hamilton.
  • Er entscheidet nebenbei auch das deutsche Duell gegen Ferrari-Pilot Sebastian Vettel für sich - und wird WM-Zweiter.
  • Hier gibt es den Liveticker zum Nachlesen.

Von René Hofmann

Seit er den Titelkampf verloren hat, läuft es für Nico Rosberg. Der 30 Jahre alte Deutsche gewann am Sonntagabend den Großen Preis von Brasilien auf der Rennstrecke in Interlagos in São Paulo. Es war der zweite Triumph in Serie für Rosberg. Bereits vor zwei Wochen, beim Grand Prix von Mexiko, hatte er seinen Mercedes-Teamkollegen Lewis Hamilton, 30, hinter sich gelassen; der Brite steht bereits seit dem Rennen in Austin/ Texas am 25. Oktober als Champion fest.

"Es war ein großartiges Wochenende für mich. Ich bin sehr glücklich. Alles ist perfekt für mich gelaufen", freute sich Rosberg über den Start-Ziel-Sieg, der ihn zum 40. Mal auf das Siegertreppchen brachte. "Ich habe versucht, Nico durch den Verkehr zu verfolgen. Das hat meine Reifen ruiniert", sagte Lewis Hamilton, dem die schnellste Rennrunde glückte, "es war ein wenig langweilig, hinter ihm her zu fahren." Als Dritter zur Siegerehrung durfte Sebastian Vettel, der sich freute: "Das war ein gutes Rennen für uns." Sein Ferrari- Kollege Kimi Räikkönen wurde Vierter vor Williams-Fahrer Valtteri Bottas. Guter Sechster: Nico Hülkenberg im Force India.

Vettel verliert das deutsche Duell

Rosberg hat mindestens drei Gründe, sich über den Erfolg zu freuen:

1. Das deutsche Duell mit Vettel um den zweiten WM-Platz hat er für sich entschieden. Vor dem Saisonfinale am 29. November in Abu Dhabi steht es zwischen den beiden 297 zu 266.

2. Rosberg kann sich selbst einreden, dass er nicht chancenlos ist gegen Lewis Hamilton, der inzwischen mit dem Selbstbewusstsein eines dreimaligen Weltmeisters seine Kreise zieht, während Rosberg noch seinen ersten WM-Titel jagt. Vor allem in der Qualifikation hat Rosberg inzwischen zu der Stärke zurückgefunden, mit der er im vergangenen Jahr das Titelrennen lange offen hielt. In Brasilien eroberte er zum fünften Mal nacheinander den besten Startplatz.

3. Vor allem mit Blick auf das kommende Jahr ist es gut, wenn Rosberg jetzt sein Selbstvertrauen noch einmal nährt. 2016 wird sich bei den Top-Teams wenig ändern. Sebastian Vettel tritt bei Ferrari weiter neben Kimi Räikkönen an; sein Status als Nummer eins des traditionsreichen Rennstalls, dem in diesem Jahr ein bemerkenswerter Aufschwung glückte, ist damit so gut wie sicher. Rosberg wird sich bei Mercedes weiter mit Hamilton auseinandersetzen müssen. Die Protagonisten werden also die gleichen bleiben. Da ist es ratsam, so früh wie möglich, die eigene Größe ins Schaufenster zu rücken.

Auf dem Autódromo José Carlos Pace in São Paulo hat es schon viele Formel-1-Rennen gegeben. Und nicht wenige von ihnen sind packend gewesen. Die 2015er Ausgabe fällt nicht in diese Kategorie. Das Rennen verlief ohne große Aufreger. In der ersten Kurve, die am Ende der Start- und Zielgerade nach links und ordentlich bergab führt und in der es nicht erst einmal eng wurde, verteidigte Nico Rosberg die Ideallinie gegen Hamilton, der neben ihm hatte starten dürfen.

Kontrolliert und routiniert

Kein Rutschen, kein Reifenqualmen - als säße er nicht in einem leichten Einsitzer, dessen bärenstarker Antrieb nur schwer zu zähmen ist, sondern in einem ICE-Triebwagen, der sicher auf Schienen rollt - so nahm Rosberg die erste Biegung. Es sah kontrolliert und routiniert aus. Wäre er in diesem Jahr häufiger so gestartet - Hamilton wäre nicht so schnell zum Titel gekommen.

Hamilton oder Rosberg? Für den Sieg kam auch dieses Mal sonst keiner in Frage. Sebastian Vettel hatte als Dritter schnell einen Rückstand, der ihm noch nicht einmal mehr erlaubte, einen Blick auf das Führungsduo zu erheischen.

Die Mercedes-Crew trödelt zweimal

"Es ist unmöglich, hier hinterher zu fahren", klagte Hamilton dann bald schon über seine Chancenlosigkeit bei der Rosberg-Jagd. Bis auf 0,4 Sekunden kam er an den Führenden heran. Der aber ließ sich in keinen Fehler treiben. Auch ein kleines Malheur beim ersten Boxenstopp blieb für Rosberg folgenlos.

Nach dem Reifenwechsel musste er eine Sekunde lang warten, bevor er wieder Gas geben konnte - um Vettel in der Boxengasse nicht vor den Ferrari zu biegen. Als kurz darauf Hamilton seinen Stopp absolvierte, trödelte die Mercedes-Crew ebenfalls. So änderte sich an der Reihenfolge nichts - und ein Eindruck, der auch schon in Mexiko aufgekommen war, verfestigte sich weiter: Die Marke mit dem Stern ist offenbar wild entschlossen, die beiden bis zum letzten Meter so gleich wie möglich zu behandeln.

Lewis Hamilton wünschte sich am Funk flehentlich eine Strategie, mit der er es an Rosberg hätte vorbeischaffen können. Als Vettel seine Strategie umstellte, schaltete Mercedes aber beide seine Angestellten gleich: Sowohl Rosberg als auch Hamilton wurden zu einem dritten Reifenwechsel einbestellt, um den elften Doppelerfolg in dieser Saison abzusichern.

Damit stand Hamiltons zweiter Platz fest. "Nico hat einen guten Job gemacht", lobte der Seriensieger, der in Brasilien noch nie gewonnen hat, seinen Stallrivalen Rosberg. Der konnte sein aktuelles Hoch selbst nicht erläutern: "Ich habe keine Erklärung, warum ich jetzt so schnell bin", gelobte mit dem Blick aufs nächste Rennen und das nächste Jahr jedoch: "Ich will das auf jeden Fall fortsetzen."

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