Rosberg-Sieg beim GP von Brasilien:Hamilton ins Schlamassel gelockt

F1 Grand Prix of Brazil

Nico Rosberg vor Lewis Hamilton - die beiden machen den Titel zum Schluss unter sich aus.

(Foto: Getty Images)

Lewis Hamilton attackiert, doch Nico Rosberg passt auf: Der Deutsche gewinnt das vorletzte Rennen der Formel-1-Saison und verkürzt den Vorsprung in der WM-Wertung. Nun kommt es in Abu Dhabi zum Showdown.

Von René Hofmann

São Paulo/MünchenLewis Hamilton hätte auch den Großen Preis von Brasilien gewinnen können. Obwohl sein Mercedes-Kollege Nico Rosberg am Start vor ihm auf der Pole Position parkte. Und obwohl Rosberg im Rennen kein Fehler unterlief. Was Hamilton ganz besonders auszeichnet, das zeigte der Brite um Rennrunde 27. Nach Rosbergs zweitem Boxenstopp setzte Hamilton alles auf eine Karte: Vollgas. Attacke.

"Hammer time", wie das bei ihm am Funk heißt. In einer einzigen Runde fuhr Hamilton acht Zehntelsekunden schneller als zuvor. Das war eine Kampf- ansage. Noch bevor Rosberg sich allerdings Sorgen machen musste, bekam er auch schon eine Entwarnung ins Cockpit gefunkt: "Dem anderen Auto" sei ein Fehler unterlaufen, teilte ihm sein Renningenieur mit.

Hamilton hatte es im Übereifer übertrieben. Er war in Kurve vier neben die Strecke geraten und hatte sich gedreht. Die Aktion kostete weit mehr als acht Zehntelsekunden. Mit ihr vergab Hamilton die Chance, an Rosberg vorbeizukommen. Der 29 Jahre alte Deutsche konnte seinen Vorsprung anschließend bis ins Ziel verwalten, das er nach 71 Runden vor Hamilton und Williams-Fahrer Felipe Massa erreichte. Vierter wurde McLaren-Routinier Jenson Button vor Noch-Red-Bull-Fahrer Sebastian Vettel.

Noch-Ferrari-Pilot Fernando Alonso, der laut Sport Bild einen Dreijahresvertrag bei McLaren unterzeichnet hat, wurde Sechster vor seinem Noch-Teamkollegen Kimi Räikkönen. Nico Hülkenberg belegte im Force India Rang acht. Adrian Sutil, der 2015 nicht mehr für Sauber fahren darf, startete aus technischen Gründen aus der Boxengasse; er wurde Sechzehnter. "Das war ein wirklich tolles Rennen", freute sich Mercedes-Sportchef Toto Wolff nach dem 15. Sieg der Firma in diesem Jahr, der gleichzeitig den elften Doppel- erfolg bedeutete. Nach fünf Triumphen in Serie von Hamilton hieß der Sieger dieses Mal Rosberg.

Vor dem Saisonfinale in Abu Dhabi trennen die beide nun 17 Punkte. Beim letzten Auftritt werden die Punkte verdoppelt. Ein Sieg bringt dann 50 Zähler, der zweite Platz wird 36 Punkte wert sein. Das bedeutet: Hamilton reicht ein zweiter Platz, um zum zweiten Mal nach 2008 - damals mit McLaren - Weltmeister zu werden. Rosberg war noch nie Champion.

"Ein echt cooles Wochenende. Ich habe mich immer wohl gefühlt und konnte attackieren", freute Rosberg sich nach getaner Arbeit. Vom ersten Training an war er in São Paulo schneller gewesen als Hamilton. Auch im Zeitfahren am Samstag hatte er dominiert. Acht Tage zuvor, beim Rennen in Austin/Texas, war das allerdings auch der Fall gewesen.

"Ich habe aus Austin gelernt": Nico Rosberg gibt sich nach dem fünften Saisonsieg selbstbewusst

Dort aber hatte Hamilton Rosberg im Rennen überrascht und abgekocht. "Was mich besonders freut: Ich habe aus Austin gelernt", gab Rosberg deshalb zu, "dort habe ich im entscheidenden Moment nicht genügend Druck gemacht, um ihn hinter mir zu halten."

Besonderer Erfolg für Rosberg

Der fünfte Sieg in diesem Jahr ist für Rosberg ein besonderer. "Psychologisch wichtig" nennt ihn Sportchef Toto Wolff, dem zusammen mit Team-Aufsichtsratschef Niki Lauda die heikle Aufgabe zukommt, den Wettbewerb zwischen den beiden Hochambitionierten auszubalancieren.

Um die konkurrierenden Mechaniker-Mannschaften zu versöhnen, hatten Wolff und Lauda diese in São Paulo zu einem Dinner in eine Churrascaria eingeladen. Rosberg hatte sich dort auch gezeigt. Derlei Gesten sind im sich zuspitzenden Titel- duell nicht unwichtig. Auf den letzten Metern kann nun jedes Detail den entscheidenden Unterschied bringen.

Der Auftritt in Interlagos war der erste, bei dem feststand, dass nur noch Hamilton und Rosberg Titelchancen haben. Diese Ausgangslage brachte dem Gegeneinander noch weitere Würze. "Wir haben unsere Ziele erreicht", sagte Sportchef Wolff vor dem Rennen. Das Duell zwischen Hamilton und Rosberg werde deshalb "intensiver: Da kann es jetzt schon einmal ein wenig härter zur Sache gehen".

Einmal sind die beiden in diesem Jahr kollidiert - beim Großen Preis von Belgien im August. In São Paulo kamen sich Hamilton und Rosberg nahe, gefährlich nahe aber kamen sie einander nie. Hamilton gab sich als fairer Verlierer. "Das war mein Fehler", sagte er über seinen Dreher.

An den Rivalen, der einmal sein Freund war, adressierte er Komplimente: "Nico ist super gefahren, er hat sich super verteidigt." Er selbst habe "bis zur Ziellinie gepusht: Das hat Spaß gemacht". Dafür, dass er der Verlierer des Tages war, gab Hamilton sich erstaunlich gefasst. Was den Frust vermutlich linderte: Dass er weiter als Favorit ins Finale geht.

Rosberg sagt dazu: "Ich wusste, dass ich mir keinen Fehler erlauben darf. So kann es nun weitergehen. Ich muss in Abu Dhabi wieder unbedingt gewinnen. Mein Teamkollege ist ein starker Widersacher." Vor dem 19. Rennen sollen an den Autos von Hamilton und Rosberg alle Teile zweimal überprüft werden, damit ja kein Defekt den Showdown trübt. Vier Ausfälle wegen technischer Schäden musste Mercedes 2014 hinnehmen. Zuletzt erwischte es am 21. September in Singapur Rosberg.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: