Ronnie O'Sullivan:Der Erfolgslauf des Grantlers

Ronnie O'Sullivan: Spiel nach seinen Regeln: Ronnie O'Sullivans Übermacht am Tisch ist auch mit 42 nicht ernsthaft gefährdet.

Spiel nach seinen Regeln: Ronnie O'Sullivans Übermacht am Tisch ist auch mit 42 nicht ernsthaft gefährdet.

(Foto: AFP)
  • Mit seinem Sieg bei der UK Championship beweist Ronnie O'Sullivan, dass er auch mit 42 Jahren weiter zur Weltspitze zählt.
  • Dem Ruf des sympathischen Grantlers wird er auch nach den jüngsten Erfolgen weiter gerecht.

Von Carsten Scheele

Die Zuschauer eines Fernsehsenders durften entscheiden, also hat Ronnie O'Sullivan jetzt eine neue Hymne: Bei der UK Championship lief O'Sullivan zu einem der größten Britpop-Klassiker der Neunzigerjahre ein, zum Song "Rock 'n' Roll Star" der Band Oasis, und O'Sullivan ließ wenig Zweifel daran, dass er genau das ist: der größte Rockstar seiner Sportart. Niemand bekommt mehr Begeisterungsschreie, wenn er die Stufen im Barbican Centre in York hinunter zum Tisch schreitet. Niemand rümpft cooler die Nase, auch wenn O'Sullivan mit 42 Jahren im gehobenen Snooker-Alter angekommen ist. Und niemand lässt den Applaus des Publikums lässiger an sich abprallen, wenn er ein großes Finale gewonnen hat.

Die UK Championship ist so ein großes Finale im Snooker-Kalender, O'Sullivan gewann den ersten Saisonhöhepunkt am Sonntagabend mit 10:5 über Shaun Murphy. Mit seinem dritten Turniersieg binnen weniger Wochen hat O'Sullivan bewiesen, dass der Sport mit den kleinen, flitzenden Kugeln gerade nach seinen Regeln gespielt wird; ungewöhnlich früh im Winter, häufig erreicht O'Sullivan erst nach dem Jahreswechsel seine Bestform.

"Ich würde niemals sagen, dass ich der Größte bin"

Siegestrunken war er dennoch nicht. Mit dem Gerede, der alte Held zeige es der Jugend gerade richtig, kann O'Sullivan sowieso nicht viel anfangen. "Ich würde niemals sagen, dass ich der Größte bin", befand der fünfmalige Weltmeister. Richtig glücklich war O'Sullivan mit seiner Leistung in York schon gar nicht. "Wir können beide besser spielen", sagte er stellvertretend für sich und seinen Finalkollegen Murphy.

Der Brite macht sich eine Show daraus, den Grantler raushängen zu lassen, der nie zufrieden ist, aber trotzdem fast immer gewinnt. Seine Konstanz kann sich sehen lassen. Mitte Oktober gewann er die English Open, dann das Shanghai Masters, auch beim Champions-of-Champions-Turnier kam er ins Finale, das er gegen Murphy verlor. Nun sein sechster Sieg bei der UK Championship, womit er zum bisherigen Rekordsieger Steve Davis aufschließt. All das macht O'Sullivan schon jetzt zum Favoriten für das große Masters der weltbesten Spieler Anfang Januar, da sich aktuell niemand anschickt, O'Sullivan am Tisch ernsthaft zu gefährden.

O'Sullivan gab sich trotzdem große Mühe, seine Siegesserie kleinzureden. In York erlaubte er sich dafür einen Witz auf Kosten von Mark Selby, dem formschwachen Weltranglistenersten. Er sage ja immer, es gäbe "nur einen Typen, der schlecht spielt und trotzdem gewinnt", spottete O'Sullivan - nämlich Selby, der in Normalform gnadenlos effizient agiert, dafür nur selten spektakuläre Bälle locht. Nun, in dieser Disziplin habe er Selby Konkurrenz gemacht. Die meisten seiner Matches in York seien harte Arbeit gewesen: In der vierten Runde hatte O'Sullivan mit dem Thailänder Akani Songsermsawad überraschende Probleme. Gegen Michael Gould im Viertelfinale hatte er beinahe eine komfortable Führung verspielt, ehe er sich zusammenriss und mit 6:3 ins Halbfinale einzog, das er wiederum umkämpft gegen Stephen Maguire gewann (6:4). Schwer zu ertragen für einen wie O'Sullivan, der in seinem Inneren immer nach Perfektion strebt.

Das Finale war dann nur bis zur Pause eng, weil Murphy von mancher Schusseligkeit O'Sullivans profitierte und die Partie bis zum 4:4 offen hielt. In der Abendsession zog der Favorit dann davon, wiederum begünstigt durch Fehler seines Kontrahenten, auf 8:5. Murphy hätte sich noch einmal wehren können, hätte er im 14. Frame, auf Maximum-Kurs liegend, nicht die schwarze Kugel per Hilfsqueue an den Tascheneingang prallen lassen. O'Sullivan reagierte eiskalt, eine Viertelstunde später war das Match beendet.

Seine Gegner müssen die Übermacht von "The Rocket" anerkennen. Murphy entschuldigte sich in York bei O'Sullivan, weil er in der Vergangenheit Kritik an dessen Extravaganzen und demonstrativer schlechter Laune losgelassen hatte (nicht als einziger in der Branche). O'Sullivan nahm an, bemerkte aber, es interessiere ihn nicht, was die Leute über ihn denken. Der Rockstar erwiderte: "Ich weiß, dass ich ein netter Kerl bin."

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