Süddeutsche Zeitung

Ronaldo:Verliebt in Valladolid

  • Ronaldo kauft sich beim spanischen Klub Real Valladolid ein - und verspricht, sich häufig in der Stadt blicken zu lassen.
  • Der bisherige Aktieninhaber und Präsident hat lange nach einem Käufer gesucht. Ronaldo ist einer von nunmehr vier Ausländern, die einen Klub der spanischen Primera División besitzen.
  • "Wir werden so weit kommen, wie uns unsere Träume tragen", verspricht Ronaldo, er will den Spielern "all meine fußballerischen Kenntnisse zur Verfügung stellen".

Von Javier Cáceres

Ronaldo Luís Nazário de Lima, 42, wird sich warm anziehen müssen. Denn die neueste Investition des früheren brasilianischen Weltklassestürmers, der spanische Erstligaklub Real Valladolid, ist in einem Stadion beheimatet, das offiziell José Zorrilla heißt, im Volksmund aber "Estadio de la Pulmonía" genannt wird, zu Deutsch: Stadion der Lungenentzündung. Weil es dort so schrecklich zieht.

Und dennoch: Ronaldo hat versprochen, sich häufiger in Valladolid blicken lassen zu wollen; die 600 000-Einwohner-Stadt ist rund 200 Kilometer von seiner Wahlheimat Madrid entfernt. "Glaubt ihr etwa, dass ich einen Klub kaufe und anderntags in Urlaub fahre?", fragte der Weltmeister von 2002, nachdem er als sichtbare Spitze einer Investorengruppe 51 Prozent der Aktien des Aufsteigers übernommen hatte, für angeblich 30 Millionen Euro. "Ich bin in diese Stadt und in diesen Klub verliebt. Es ist eine unglaubliche Stadt, mit einem Wahnsinnspotenzial", versicherte O Fenômeno, der einst bei Mannschaften wie PSV Eindhoven, FC Barcelona, Inter Mailand, Real Madrid und AC Mailand glänzte.

Natürlich sind sie in Valladolid stolz und erstaunt, dass die seit Mai wabernden Gerüchte um ein Engagement Ronaldos nun tatsächlich Wirklichkeit geworden sind. "Willkommen, Ronaldo", lautete am Dienstag der Titel des Leitkommentars der Lokalzeitung El Norte de Castilla. Schon seit geraumer Zeit war Ronaldo auf der Suche nach einer geeigneten Möglichkeit, sein beachtliches Portfolio um einen spanischen Klub zu erweitern. Der bisherige Aktieninhaber und Präsident Carlos Suárez, ein Unternehmensverwalter, der schon seit 17 Jahren an den Schalthebeln sitzt und im Jahr 2011 die Aktienmehrheit übernommen hatte, suchte ähnlich lange nach einem Käufer. Nach dem Chinesen Chen Yansheng (Espanyol Barcelona), dem Singapurer Peter Lim (FC Valencia) und Mansour Al Nahyan aus den Vereinigten Arabischen Emiraten (FC Girona) ist Ronaldo einer von nunmehr vier Ausländern, die einen Klub der spanischen Primera División besitzen.

Ronaldo hat auch schon in E-Sports investiert

Seit seinem Karriereende bei Corinthians São Paulo (2011) hat sich Ronaldo als überaus geschäftstüchtig erwiesen; sein Vermögen wird von der spanischen Sportzeitung As auf 350 Millionen Euro taxiert. Vor ein paar Jahren definierte er sich selbst in einem Interview mit der brasilianischen Finanzzeitung Valor Econômico als einen "sehr konservativen" Anleger, der viele Immobilien hält, in E-Sports und eine Sport- und Entertainment-Firma namens Octagon investiert hat. Im Dezember 2014 übernahm er zudem in den USA 25 Prozent der Aktien eines anderen Fußballklubs: Fort Lauderdale Strikers, der in den siebziger Jahren Legenden wie George Best, Gerd Müller, Elías Figueroa und Gordon Banks verpflichtete.

Noch zu seiner aktiven Zeit hatte er einen kleinen Anteil an einer Weinkellerei namens "Cepa 21" gekauft, die zum Weinimperium Emilio Moro gehört. Dessen heutiger Eigner José Moro war zeitweise Vizepräsident von Real Valladolid - und offenkundig eine der Figuren, die Ronaldo den Kauf schmackhaft machten. Der Brasilianer besprach sich bereits mit Trainer Sergio González und dem Mannschaftsrat - und versicherte ihnen, dass ihm gefalle, was er sehe, berichtete Kapitän Javier Moyano: "Das gibt uns, der Mannschaft, sehr viel Ruhe und Vertrauen".

Welche genauen Pläne der einst weltbeste Stürmer verfolgt, hat er noch nicht im Detail verraten. Versprochen hat er einstweilen Effizienz, Seriosität und Aufrichtigkeit, unter Einbindung der Fans. Die Euphorie, die in der Stadt entstanden ist und am Montag schon dazu führte, dass Ronaldo vom Bürgermeister empfangen wurde und ein Bad in der Menge nahm, veranlasste Kapitän Moyano dazu, die erste Warnung auszusprechen. Der Verein dürfe das einzige Ziel nicht aus den Augen verlieren. Und das lautet: Klassenerhalt.

Nach drei Spieltagen rangiert Valladolid mit zwei Punkten auf dem 16. Tabellenplatz, was nicht weiter verwundern kann. Der Aufsteiger aus der zweiten Liga hat sich kaum verstärkt, Präsident Suárez kümmerte sich im Sommer vor allem um den Verkauf des Klubs, nicht die Aufrüstung des Kaders. Der Verein hat zwar die schlimmsten Zeiten hinter sich, knapp bei Kasse ist er aber immer noch. 2013 hatten sich Schulden von 72 Millionen Euro aufgetürmt, der Klub stand bei etwa 400 Gläubigern in der Kreide - und damit kurz vor dem Aus. Nach einem brutalen Schuldenschnitt schmolzen die Verbindlichkeiten. Zuletzt wurde über Schulden von angeblich rund 20 Millionen Euro spekuliert, die nun mit dem Einstieg Ronaldos zu einem erheblichen Teil getilgt worden sein sollen.

"Wir wollen wachsen", sagte Ronaldo nun. Als Ad-hoc-Maßnahme will er den Spielern "all meine fußballerischen Kenntnisse zur Verfügung stellen". Die sind bekanntermaßen immens; kaum ein Stürmer der Jahrtausendwende pflegte ein beeindruckenderes Verhältnis zum Tor als er, der Doppeltorschütze des WM-Finales von 2002 gegen Deutschland. "Wir werden so weit kommen, wie uns unsere Träume tragen", versprach Ronaldo, der gewillt ist, in Kastilien zu frieren. Mitte August lag der 42-Jährige auf Ibiza übrigens noch auf der Intensivstation, die Diagnose: Lungenentzündung.

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SZ vom 05.09.2018/ska
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