Ronaldo bei Reals Champions-League-Feier:"... die, die sich dopen"

Ankunft Real Madrid

In Party-Laune: Cristiano Ronaldo nach dem dritten Champions-League-Finalsieg in Serie.

(Foto: dpa)
  • Cristiano Ronaldo relativiert seine Andeutungen, Real Madrid zu verlassen. Bei den Feierlichkeiten zum Champions-League-Gewinn ruft er ins Mikrofon: "Bis zum nächsten Jahr!"
  • Die Mannschaft soll ihn überzeugt haben zu bleiben. Die weniger romantische Erklärung lautet, dass es Ronaldo nur ums Geld ging.
  • Für Aufsehen sorgt Ronaldo auch, indem er auf dem Mannschaftsbus den Text eines Liedes zu Reals Erfolg weiterdreht - und "... los que se dopan ..." ("die, die sich dopen") anhängt.

Von Javier Cáceres

Zu den erfolgreichsten Exportschlagern der kubanischen Kulturindustrie zählt das Lied "Guantanamera"; es ist unzählige Male gecovert worden. Sogar die Düsseldorfer Musikkapelle Die Toten Hosen wagte sich einst an die Weise, was auf ein ungeahntes Grölpotenzial hinweist. Es kommt auch nicht von ungefähr, dass der Song seit langer Zeit Teil der Stadionkultur ist: In Deutschland wurde einst zu den Noten von Guantanamera "Es gibt nur ein' Rudi Völler" gesungen; im Bernabéu-Stadion von Real Madrid wiederum hält man es mit der Zeile "Reyes de Europa, somos los reyes de Europa ...", "wir sind die Könige Europas". Denn häufiger als Real Madrid hat kein Klub die Königsklasse gewonnen: dreizehn Mal.

Am Sonntagabend kam das Lied natürlich auch am Rande der Feierlichkeiten des jüngsten Triumphs zur Aufführung. Diesmal sorgte es für Aufsehen, weil Cristiano Ronaldo, 33, zum Mikrofon griff - und den Text weiterdrehte. Verteidiger Theo hatte zum "Reyes de Europa" angesetzt. Und Ronaldo hängte ein "... los que se dopan ..." an. Zu Deutsch: Die Könige Europas sind also "die, die sich dopen". Die Nachwuchshelden Lucas Vázquez und Marco Asensio krümmten sich vor Lachen.

Seit das Video von der Szene in der Welt ist, fragen sich Spaniens Fußballanhänger, welchen Reim sie sich auf die Lyrik Ronaldos machen sollen. Eine Selbstbezichtigung im klassischen Sinne darf man wohl ausschließen. Und ob der Stürmer mit den stählernen Muskeln dem Unterbewusstsein in die Falle getappt ist, wäre eine Spekulation, die in den Bereich der Unterstellung lappen würde. Die Zeitung El Mundo Deportivo aus Barcelona lieferte einen anderen Erklärungsansatz: Möglicherweise spielte Ronaldo auf die Kritiker an, die Spaniens sagenhafte Erfolgsserie im europäischen Vereinsfußball - 30 von 56 Titel seit dem Sommer 2000 - mit Doping in Verbindung bringen. In jedem Fall ahnt das Blatt, dass Ronaldos Lied wohl noch "Folgen haben wird".

Denn: Es wirft ein Schlaglicht auf das Geraune, das Spaniens Sport generell und auch seinen Fußball umschwirrt. Mitunter hat es ja sogar sehr handfeste Indizien gegeben, dass in der spanischen Liga verbotene Mittelchen genascht werden. Der berühmte Gynäkologe Eufemiano Fuentes etwa, der 2006 bei der Dopingrazzia "Operación Puerto" aufflog und vor allem im Radsport tätig war, hat erklärtermaßen versucht, auch in der Fußballszene zu operieren. Ein früherer Präsident von Real Sociedad San Sebastián, Iñaki Badiola, erklärte vor Jahren, dass Fuentes zwischen 2001 und 2007 von seinem Verein 300 000 Euro für Medikamente bekommen habe, die als Dopingmittel galten. Näher verfolgt wurde das Thema in Spanien freilich nicht.

Womöglich bietet sich bald die Gelegenheit, Ronaldo selbst zu fragen, was er mit seinem kryptischen Halbsatz gemeint haben könnte. Der Weltfußballer versprach am Samstag, sich in den kommenden Tagen wegen seiner beruflichen Zukunft öffentlich erklären zu wollen. Andererseits weiß man bei Ronaldo nicht immer genau, wie lang die Halbwertzeit seiner Aussagen ist. Und das gilt auch jetzt.

Was Ronaldo zum Umdenken bewogen haben soll

Unmittelbar nach dem Finale in Kiew hatte der Portugiese von seiner Zeit in der spanischen Hauptstadt in der Vergangenheitsform gesprochen: "Es war sehr schön, bei Real gewesen zu sein", hatte er in einem Interview erklärt - und damit alle Alarmglocken in Madrid schrillen lassen. Auch auf Nachfragen ließ er am Samstag noch offen, ob er über den Sommer hinaus in Madrid bleibt.

Dafür gestand er ein, dass der Zeitpunkt für die Erörterung seiner Zukunftspläne "nicht ideal" gewesen sei. Am Sonntag ruderte er noch weiter zurück. Wohl unter dem Eindruck der Massen, die die knapp sieben Kilometer lange Strecke zwischen Almudena-Kathedrale und Bernabéu-Stadion säumten und die ihm ein "Ronaldo quédate" zuriefen, "Ronaldo bleib", gab er zu erkennen, nun doch willens zu sein, in Madrid zu bleiben. Jedenfalls resultiert das aus der Deutung eines anderen Satzes, den er in ein Mikrofon brüllte: "Bis zum nächsten Jahr!" Dann will Real Madrid den 14. Champions-League-Titel holen, der für Ronaldo der sechste seiner Karriere wäre.

Was ihn zum Umdenken bewog? Aus der Mannschaft soll er zu hören bekommen haben, dass es keinen anderen Klub gibt, der auf der Höhe seiner eigenen Ambitionen sei. Die weniger romantische Erklärung lautet, dass es Ronaldo nur ums liebe Geld ging - was Ronaldo selbstredend verneint hat - und er dem Klub die Pistole auf die Brust setzen wollte. Dem Vernehmen nach will er sein Salär von derzeit 23 Millionen Euro netto verdoppelt sehen, damit würde er ähnlich viel Geld verdienen wie Lionel Messi beim FC Barcelona oder Neymar Junior bei Paris Saint-Germain. Zudem verfolgt ihn eine Steueraffäre, die ihn einen hohen Millionenbetrag an Geldbuße kosten wird - und bei der er "Hilfe" des Klubs erwartet. Allerdings sitzt Real Madrid am längeren Hebel. Vereinsboss Pérez, der liebend gern Neymar holen würde, hat wiederholt darauf hingewiesen, dass Ronaldos Vertrag bis 2021 läuft - was unter anderem impliziert, dass er nur sofort gehen kann, wenn ein interessierter Klub eine Milliarde Euro als Ablöse zahlt.

Das andere Problemkind Reals bleibt der Waliser Gareth Bale, der sich gegen 500 Millionen Euro freikaufen könnte und angeblich von Manchester United umschwärmt wird. Er hatte nach seinen Toren beim 3:1-Sieg von Kiew mehr Spielzeit eingefordert. Damit aber brachte er seinen Trainer Zinédine Zidane in die Bredouille. Denn Bales Ansinnen bewegt sich hart am Rande einer Einsatzgarantie - und diese würde das Leistungsprinzip aushöhlen, das Zidane mit Mühe und Geschick etabliert hat. Madrid steht wohl ein heißer Sommer bevor.

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