Rom - Porto:Müde gegen Stachelbeeren

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Noch ein paar Nettigkeiten für den langen Heimweg nach Rom: Portos Verteidiger Pepe erzählt Edin Dzeko, was er von ihm hält. (Foto: Patricia de Melo Moreira/AFP)

Der Vorjahres-Halbfinalist Roma scheitert ermattet am FC Porto. Roma-Präsident Pallotta twitterte nach der Partie: "Ich geb's auf."

Von Birgit Schönau, Rom

Das war's dann also wieder, und für Daniele De Rossi, der im Sommer 36 wird, war's vielleicht schon das letzte Mal. 1:3 gegen den FC Porto nach 120 quälenden Minuten, quälend vor allem für die Zuschauer dieser grauen Partie, die in der regulären Spielzeit 2:1 wie im Hinspiel geendet hatte. Im Achtelfinale der Champions League auszuscheiden mit seiner Roma, das ist der Kapitän nach 18 Vereinsjahren gewohnt, in denen es sein Team nie weit gebracht hatte. Außer im Vorjahr: Erst im Halbfinale scheiterte die Roma am FC Liverpool, nachdem sie auch den FC Barcelona aus dem Turnier gestoßen hatte. La Grande Bellezza, die große Schönheit, entfaltete die Truppe damals, frisch, frech, leidenschaftlich. Jetzt sieht man nur noch la Grande Stanchezza, große Müdigkeit.

Einzig Klubpräsident James Pallotta schimpfte hellwach auf die Spiellleitung: "Man hat uns bestohlen!" Im fernen Boston hatte der Patron den türkischen Referees Cüneyt Cakir als Dieb der allerletzten Chance ausgemacht. Kurz vor Ende der Verlängerung hatte Cakir nach Konsultation des Videoschiedsrichters Porto den Elfmeter zum 3:1-Siegtor gewährt (117., Alex Telles), weil Alessandro Florenzi den Brasilianer Fernando am Hemd gezupft hatte. Bald darauf ließ Moussa Marega den Römer Patrik Schick an der Strafraumgrenze stolpern - Cakir verweigerte einen Blick auf den Bildschirm. Schlusspfiff, Ende, Aus. Der Türke hatte sich in Italien bereits beim Finale zwischen FC Barcelona und Juventus 2015 unbeliebt gemacht, jetzt gab er wieder Anlass zu Debatten. Er war aber nicht allein damit. Die Roma war viel zu spät aktiv geworden in diesem Spiel, in den allerletzten Minuten. Vorher war sie über lange Strecken die personifizierte Passivität. Sich bei 70 Prozent Ballbesitz des Gegners auf den Referee einzuschießen, ist selten ein Zeichen der Stärke. Voriges Jahr, nach dem rauschenden Sieg gegen Barcelona, hatte Pallotta noch freudetrunken in einem römischen Brunnen gebadet. Jetzt war er lieber gleich in Amerika geblieben.

"So auszuscheiden, ist fürchterlich", gestand Kapitän De Rossi. "Wir haben hier doch gezeigt, dass wir als Team zusammenstehen, das wir ernsthafte Leute sind." Dass solche Eigenschaften eine Elf nicht zwangsweise ins Viertelfinale der Champions League befördern, weiß De Rossi natürlich. Eigentlich wollte er sich nur noch einmal deutlich hinter seinen Trainer, Eusebio Di Francesco, 49, stellen; doch das war ein vergebliches Bemühen. Keine 24 Stunden nach der Niederlage gab Klubführung die Trennung von Di Francesco bekannt.

Di Francescos Startelf hatte sich gegen Porto als rückwärtsgerichtete Catenaccio-Formation mit de facto sieben Verteidigern. Die pure Angst. Zu Recht, wie sich bald erwies, denn Porto attackierte wild. Dass das Führungstor trotzdem spät kam (26., Tiquinho Soares), lag an den offenkundigen technischen Unzulänglichkeiten der Gastgeber. Einer von ihnen jedoch hatte es drauf: Moussa Marega assistierte erst Soares und traf nach der Pause dann selbst zum 2:1. Der 27-Jährige aus Mali hatte in Rom verletzt gefehlt, nun erwies er sich als Bester seines Teams. Porto hat sich ins Viertelfinale gewurschtelt, weil der Gegner müde war und der Schiedsrichter schwach.

Eusebio Di Francesco mochte gar nicht reden nach der Niederlage, die ihn seinen Job kostete. Vier Tage zuvor das demütigende 0:3 beim Derby gegen Lazio, dann die Klatsche in Portugal, wo der frühere Laziale Sergio Conceicao als Coach agiert. Zu seiner aktiven Zeit hatte Conceicao sowohl gegen Di Francesco als auch gegen De Rossi gekickt. Der Kapitän hatte die Roma zwischenzeitlich hoffen lassen, per Elfmeter erzielte er gegen einen tollpatschigen Iker Casillas das 1:1 (37.) nach einem Strafraumfoul an Diego Perotti. Kurz danach musste er um Auswechslung bitten: das Knie. Prompt kam nicht mehr viel.

La Grande Stanchezza schien auch den 19-Jährigen Nicolo Zaniolo erfasst zu haben, der im Hinspiel zwei Tore geliefert hatte. Edin Dzeko, der Held der vorigen Champions-League-Saison, zeigte erst am Ende der Verlängerung ein wenig Feuer und vergab in der 112. Minute eine Riesenchance. Zuvor investierte er so viel Energie in Kabbeleien mit der alten Stachelbeere Pepe, dass beide verwarnt wurden. Man kennt sich, man verabscheut sich. Pepe hatte an diesem Abend mit Dzeko nicht ganz so viel Arbeit, Casillas verbrachte über 100 Minuten im Vorruhestand.

Während die Portugiesen feierten, twitterte Roma-Präsident Pallotta: "Diese Sch... macht mich müde. Ich geb's auf." Was er damit meint? Will er den Klub gar verkaufen, wie so oft angedroht? Rom hat jetzt schlaflose Nächte.

© SZ vom 08.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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