Rodeln bei Olympia:Bizarrer Zweiklassen-Sport

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Dreimal Gold, einmal Silber und zweimal Bronze: Die deutschen Rodler haben bei Olympia überlegen alles abgeräumt. Dabei gäbe es einen Weg zu mehr Spannung.

Kommentar von Volker Kreisl, Pyeongchang

Nach Olympia betrachten die Rennrodler dieser Welt ihren Sport aus zwei Perspektiven. Was hat Olympia mal wieder der Welt eingebracht? Und dann: was den Deutschen? Um die geht es zwangsläufig, sie sind die, die gewinnen. Diesmal hat nicht einmal der selbst verschuldete Gold-Verlust von Felix Loch etwas an diesem Prinzip geändert. Der deutsche Verband hat sonst wieder alles abgeräumt, dreimal Gold, einmal Silber und zweimal Bronze.

Die Aussichten der Athleten aus Nordamerika, Mittel- und Nordeuropa auf große Siege bleiben trübe. Im deutschen Männer-Rodeln lassen die Top-Leute um Felix Loch zwar etwas nach, und sie werden auch nicht von der eigenen Jugend unter Druck gesetzt. Aber Angst kommt nicht auf beim deutschen Verband. Mit vier Kunsteisbahnen und einem riesigen, effizienten Apparat wird man rechtzeitig einen neuen Dominator hervorbringen, wenn Loch in vier oder in acht Jahren aufhört. Bei Frauen und Doppelsitzern, die jeweils Erste und Zweite wurden, ist die Zukunft ohnehin gesichert.

Der Weltverband muss den Terminplan überdenken

Aus Sicht der Welt bleibt Rennrodeln auch nach diesen Spielen ein bizarrer Zweiklassen-Sport, wobei Olympia immer wieder zeigt, dass es vielleicht einen Weg zu mehr Spannung gäbe. Das hing diesmal mit der gelungenen Bahn in Pyeongchang zusammen. Auf der hat im Österreicher David Gleirscher auch deshalb ein Außenseiter gewonnen, weil die Anlage mit ihren technischen Schwierigkeiten allen zugesetzt und schnelles Material allein nicht entschieden hatte. Gäbe es mehr Eiskanäle dieser Sorte, rückten die Zeitabstände zusammen, die Podien wären gleichmäßiger besetzt, mehr nichtdeutsche Rodler fänden Geldgeber und säßen auch auf schnellen Schlitten.

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Meist finden aber knapp die Hälfte der Rodel-Weltcups auf deutschen Bahnen statt, die anderen in Nordamerika und Nordeuropa. Die kurzen Wege durch Deutschland halten zwar auch die Reisekosten nichtdeutscher Rodler gering, dennoch muss der Weltverband den Terminplan überdenken. Offensichtlich ist, dass sich mit der deutschen Heimspielquote nie etwas ändern wird an der Schieflage. Schon hoffen viele Trainer auf eine Asientour im Weltcup. In Sotschi, Pyeongchang, Nagano und bald Peking, dem Olympiaort 2022, stünden Bahnen.

Dass Rodeln in Deutschland so groß ist, weil es eben typisch deutsch sei, stimmt nicht. Schlitten gefahren wurde schon immer und überall, wo Schnee lag - früher zur Fortbewegung, heute zum Vergnügen. Und ausreichend Zuschauer, die sich von diesem Tempo-Sport mitreißen lassen, gibt es nicht nur an deutschen Eisbahnen; Nordamerikaner sind genauso leidenschaftlich und - wie sich gerade zeigt, auch viele Südkoreaner.

Vom deutschen Verband BSD sind Anstöße zu Reformen freilich nicht zu erwarten, wer entzieht sich schon selber die Grundlage des Erfolges? Dabei liegt es im Interesse aller, auch der Deutschen, dass der Sport, den sie betreiben, als Wettkampf ernst zu nehmen ist.

© SZ vom 16.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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