Rodeln:Alle Fallen umkurvt

Rodeln: Teamspirit: Das deutsche Quartett (von links) Tobias Wendl, Tobias Arlt, Natalie Geisenberger und Johannes Ludwig feiert den nächsten Erfolg im Eiskanal.

Teamspirit: Das deutsche Quartett (von links) Tobias Wendl, Tobias Arlt, Natalie Geisenberger und Johannes Ludwig feiert den nächsten Erfolg im Eiskanal.

(Foto: Michael Sohn/AP)

Die deutschen Rennrodler gewinnen wie erwartet auch die Teamstaffel und sind doch sehr erleichtert - mit ihrer vierten Goldmedaille ist Natalie Geisenberger nun die erfolgreichste Athletin ihrer Sportart.

Von Volker Kreisl

Es war ein spannender Wettkampf. Zum Abschluss der Rodel-Wettbewerbe ging es hin und her auf der Bahn von Pyeongchang. Die Zeit, die gestoppt wurde, wies erst große Vorsprünge auf, sprang wieder zurück, und niemand konnte sich sicher sein, ob der jeweilige Schlitten am Ende als Führender durchs Ziel schoss oder doch noch zurückfiel.

So ging das bei der Teamstaffel im Wesentlichen zwölfmal drei Schlitten lang, dann war die 13. Mannschaft dran, die deutsche. Die unterbot die bis dahin beste Zeit spielerisch. Sportler und Untersatz bildeten das gewünschte perfekte System, schnitten gerade auf der Ideallinie hinab und sammelten Zehntel um Zehntel Vorsprung, bis sich am Ende das deutsche Doppel auch noch einen Fahrfehler hätte leisten können. Dreieinhalb Zehntelsekunden betrug der Vorsprung, da brannte nichts mehr an.

Natalie Geisenberger, Johannes Ludwig sowie die Doppelsitzer Tobias Wendl und Tobias Arlt holten auch den Olympiasieg in der Teamstaffel, vor den Teams aus Kanada und Österreich. Für Geisenberger (Miesbach) und das Doppel vom Königssee war es jeweils die zweite Goldmedaille von Pyeongchang und die vierte olympische insgesamt. Für die Teams aus Kanada und Österreich hat indes jeder einzelne Podestplatz eine überragende Bedeutung. Aber auch die Deutschen, die schon so viele Rodelmedaillen in ihren Vitrinen lagern, fielen sich im Ziel um den Hals und schlugen sich auf Rücken und Schultern. Mittendrin auch Bundestrainer Norbert Loch, der später sagte: "Das so runterzufahren, das war sensationell."

Geisenberger ist nun die erfolgreichste Rennrodlerin der Olympiageschichte mit viermal Gold und einmal Bronze. Wendl und Arlt folgen in diesem Ranking dahinter. Und Ludwig, der 31-Jährige aus Oberhof, jagt zwar keine Rekorde, erlebt aber in Pyeongchang einen Karriere-Frühling. Nach Bronze im Einzel nimmt er bei seinen ersten Spielen nun auch noch Gold mit nach Hause und erwägt, seine Laufbahn um vier Jahre zu verlängern.

Teamwettbewerbe gibt es im Rodeln schon seit 1989, seit 2008 werden sie in Form einer Staffel ausgetragen. Das bringt für die Zuschauer mehr Action. Wenn ein Schlitten unmittelbar auf den anderen folgt, ergibt das einen langen Lauf mit Höhen und Tiefen und mehr Spannung - die koreanischen Zuschauer wurden nicht nur bei ihrem eigenen Quartett laut, in dem auch die eingebürgerte Sächsin Aileen Frisch dabei war, sondern bei allen. Zum anderen bringt diese Wettkampfform besondere Spannung für die Rodler selber. "Wir sind echt erleichtert", erklärte Wendl.

Staffelrodeln enthält Fallen, jeder Fehler kostet gleich den Sieg und sieht auch noch plump aus. Die Staffelübergabe funktioniert ja elektronisch, der ankommende Rodler schlägt auf eine Matte, manche haben diesen Lappen in den Anfangsjahren verfehlt, weil sie sich zu spät aufgerichtet hatten. Wenn's klappt, geht automatisch oben ein Starttor auf, durch das die vorwärtspaddelnden Nächsten möglichst hindurch treffen sollten, anstatt dagegen zu fahren wie es Wendl und Arlt einmal am Königssee taten.

Der Staffelstart ist also ein Sport im Sport, der extra trainiert wird. Wendl und Arlt investierten im Herbst noch einmal Sonderschichten, in denen sie übten, so schnell wie möglich durch das Tor zu fahren. Also dessen Öffnung optisch (Vordersitzer Wendl) oder per Piepton akustisch (Hintermann Arlt, der wegen Wendl nichts sieht) wahrzunehmen, sofort anzuschieben, aber sich dabei nicht mit den Schläuchen zu verheddern, die zur Synchronisierung die Arm-Paare miteinander verbinden - alles schon passiert.

Nicht aber diesmal in Pyeongchang. Nach dem gelungenen Start fuhren auch die Doppelsitzer fehlerfrei und flott ins Ziel und vollendeten das, was alle wie selbstverständlich von ihnen erwartet hatten: die nächste Goldmedaille zum Abschluss der Rennrodel-Wettbewerbe, den abschließenden dicken Strich unter den Auftritt der Deutschen.

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