Robert Lewandowski:Letzter Liebesbeweis für die Fans

Lesezeit: 3 min

Will am Samstag zum letzten Mal im BVB-Dress jubeln: Robert Lewandowski (Foto: AP)

Robert Lewandowski wurde in Dortmund nie innig geliebt, dennoch umweht die Anhängerschaft nun der Abschiedsschmerz. Der FC Bayern freut sich bereits auf seinen neuen Stürmer: Der Pole passt besser in Guardiolas System als Mandzukic.

Von Johannes Knuth

Die Tränen blieben aus. Und doch war es ein emotionaler Abschied, als Robert Lewandowski vor rund zwei Wochen nach seinem letzten Heimspiel für den Ballspielverein Borussia Dortmund von 1909 vor die Südtribüne trat, dem Zentralorgan der Dortmunder Fangemeinde. Die Fans zitierten seinen Namen, Lewandowski verbeugte sich wie ein Dirigent, der gerade eine große Sinfonie aufgeführt hatte. Dann schlich er bewegt in die Kabine.

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Vergangenen Dienstag ehrte der Dortmunder Anhang den 25-Jährigen dann noch mit einem sogenannten Flashmob, hunderte Fans schrieben zeitgleich um 19:09 Uhr an die digitale Pinnwand auf Lewandowskis Facebook-Seite, die meisten nur ein Wort: Danke.

Am Samstag trifft Borussia Dortmund im DFB-Pokalfinale auf Bayern München. Robert Lewandowski wird zum (vorerst?) letzten Mal das BVB-Trikot tragen, und je näher der Abschied des 25-Jährigen rückt, desto größer wird die Zuneigung des Fanvolks. Die Beziehung zwischen Lewandowski und den Dortmunder Anhängern war nie eine innige gewesen, meist hatte der Stürmer seinen Dienst so aufgeregt verrichtet wie ein Schichtarbeiter. Er erschien zum Dienst, produzierte Tore im Akkord, verschwand wieder.

Lewandowski bestach durch andere Qualitäten: Zuverlässigkeit, Effizienz, Professionalität - auch, nachdem er im vergangenen Januar seinen Wechsel zum Münchner Klassenfeind verkündet hatte. Dieser Arbeitsethos dürfte nicht unerheblich zur kleinen Romanze zwischen Fans und ihrem scheidenden Stürmer beigetragen haben.

Parallel dürfte beim FC Bayern, Lewandowskis künftigem Arbeitgeber, in aller Stille die Vorfreude wachsen. Die Bayern beschäftigen in Mario Mandzukic (noch) einen Vorarbeiter im Sturm, einen hochqualifizierten sogar. Doch vor dem letzten Duell der künftigen Mitspieler - für das Mandzukic leider verhindert ist - zeigt ein Blick in die Statistik: In Lewandowski erhalten die Bayern ein Upgrade für ihren Angriff, das Guardiolas Betriebssystem hervorragend ergänzt. Ein Vergleich:

Mandzukic lebt von seinem Kopf

Für Mandzukic sprechen seine Verdienste im Strafraumzentrum, der 27-Jährige besticht vor allem durch seine Schlüsselqualifikation: die Kopfballstärke. Seit seinem Wechsel in die Bundesliga im Sommer 2010 (damals von Dinamo Zagreb zum VfL Wolfsburg) erzielte Mandzukic 24 seiner 53 Bundesligatreffer per Kopf, eine Quote von 45 Prozent. Die Quote von Lewandowski, der ebenfalls 2010 in die Bundesliga übersiedelte, liegt für denselben Zeitraum deutlich niedriger: bei 14 Prozent (10 von 74 Tore). Mandzukic, folgerte sein Trainer Pep Guardiola zuletzt, sei der "weltbeste Spieler im Strafraum". Ein vergiftetes Lob. Guardiola erwartet von seinen Stürmern ja nicht nur Tore, sondern auch Zusatzqualifikationen für das Spiel außerhalb des Strafraums.

Lewandowski erfüllt Guardiolas Profil. Zunächst einmal schießt er Tore, viele Tore. In 47 Pflichtspielen in der aktuellen Saison traf er 28 Mal (26 Tore/47 Pflichtspielen für Mandzukic). In der Liga waren es 20 Tore (18), Lewandowski wechselt also als bester Torjäger der Saison nach München. Den aktuellen Torschützenkönig der Bundesliga haben sie beim FC Bayern übrigens noch nie verpflichtet.

Mehr Tore, mehr Pässe, mehr Vorlagen

Auch im Längsschnittvergleich führt Lewandowski. 103 Tore produzierte er in 186 Pflichtspielen für den BVB, Mandzukic kommt auf 68 Treffer für Wolfsburg und Bayern. Auch die übrigen Kategorien entscheidet Lewandowski fast exklusiv für sich, manche deutlich, manche knapp. Er benötigt weniger Zeit für seine Treffer, legt seinen Mitspielern mehr Tore auf, schießt öfters aufs Tor, berührt öfters den Ball und spielt ihn erfolgreicher ab.

Daten von unserem Dienstleister Opta (Foto: Opta)

Strafraumspieler Mandzukic

Die größten Unterschiede offenbaren sich in der Spielweise. Mandzukic beteiligte sich zuletzt vorbildlich am Pressing. Bei eigenem Ballbesitz belagerte er vorzugsweise den gegnerischen Strafraum und die Flanken, er spielt weniger Pässe in die Tiefe, er empfängt sie.

Aktionsradius von Mario Mandzukic. Dargestellt sind Ausgangspunkte (li.) sowie Zielbereich (re.) aller gespielten Pässe in einem Winkel von 90 Grad in der Saison 2013/14. Daten von unserem Dienstleister Opta. (Foto: Opta)

Kombinationskraft Lewandowski

Lewandowski beteiligt sich aktiver am Kombinationsspiel. Er pendelt oft zwischen Strafraum und Mittelfeld, beherrschte kurze Pässe wie Zuspiele in die Tiefe. In den vergangenen zwei Bundesliga-Spielzeiten assistierte der 25-Jährige bei elf Toren, er bereitete 24 Großchancen vor, legte 92 Torschüsse auf.

Aktionsradius von Robert Lewandowski. Dargestellt sind Ausgangspunkte (li.) sowie Zielbereich (re.) aller gespielten Pässe in einem Winkel von 90 Grad in der Saison 2013/14. Daten von unserem Dienstleister Opta. (Foto: Opta)

Lewandowski wird seine Spielweise in der kommenden Saison dem Münchner Ballbesitzstil anpassen müssen. Er wird seltener seine Qualifikationen abrufen, die er sich im Dortmunder Umschalt- und Konterwirbel angeeignet hat. Letztlich weist der 25-Jährige aber sämtliche Qualitäten nach, die Guardiola für die Planstelle im Sturm ausgeschrieben hat: Robustheit, Torgefahr, Technik und Passsicherheit im Münchner Tiki-Taka-Ensemble. Lewandowski ist gewissermaßen eine Kreuzung aus Müller, Götze und Mandzukic. In einem System, in dem vier, fünf Offensivkräfte ständig die Positionen tauschen, ist Lewandowski somit die wohl optimale Besetzung für die Sturmspitze. Wobei mittlerweile fraglich ist, ob er mit Mandzukic jemals um diese Rolle kämpfen muss.

Man gebe Lewandowski "kurz vor dem Höhepunkt seiner Schaffenskraft" ab, sagte BVB-Trainer Jürgen Klopp zuletzt. Dieser Abschiedsschmerz wird Funktionäre und Fans wohl noch eine Weile beschäftigen. Wobei einige Anhänger Lewandowski zuletzt den Dank in den sozialen Netzwerken verweigerten. Sie erbaten sich einen letzten Liebesbeweis: Siegbringende Tore des Polen im Pokalfinale gegen dessen künftigen Arbeitgeber.

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