Robben und Ribéry vor dem CL-Finale:Und jetzt bitte Feiertagsfußball!

Das Offensivspiel des FC Bayern ist ganz auf die Fähigkeiten seiner Flügelkönner Arjen Robben und Franck Ribéry zugeschnitten. Dies könnte, anders als zuletzt in der Bundesliga, im Champions-League-Finale gegen den FC Chelsea ein Glücksfall sein. Allein aus Gründen der Motivation.

Claudio Catuogno

Zwei Tage noch. Zwei Tage bis zum wichtigsten Spiel der Karriere. Denn das ist es doch, das größte, bedeutendste, das alles verändernde Spiel ihres Lebens, nicht wahr?

Bayern Training vor Pokalfinale

Robben und Ribéry im Training: "Was willst du machen? Wir sind nun mal da."

(Foto: dapd)

Die Fragesteller im Pressezimmer des FC Bayern lassen keinen Zweifel, dass sie auf diese rhetorisch gemeinten Erkundungen ein reines "Ja" als Antwort erwarten, vielleicht noch mit einem "Absolut" verziert oder dem Zusatz "mit Abstand" gewürzt. Aber Arjen Robben, 28, hat schon viel erlebt in seiner Laufbahn als Diva und Weltklassefußballer, er stand mit Bayern im Champions-League-Finale 2010 (verloren), mit den Niederlanden im WM-Finale 2010 (verloren). "Das waren auch alles die wichtigsten Spiele zu dem Zeitpunkt", sagt er, "und, ja, jetzt kommt schon wieder so eines".

Arjen Robben hat damit natürlich nicht die Bedeutung dieses Heim- Endspiels am Samstag (20:45 Uhr) gegen den FC Chelsea relativieren wollen. Er hat sein "Ja" bloß in einen etwas größeren Kontext gestellt.

Eine halbe Stunde später, Franck Ribéry, 29, ist jetzt an der Reihe. Ribéry steht dem Kollegen Robben als Diva und Weltklassefußballer in nichts nach, er stand mit Frankreich im WM-Finale 2006 (verloren); im Mai 2010, als die Bayern in Madrid gegen Inter Mailand scheiterten, fehlte er (gesperrt).

Ribéry sagt: "Das Spiel gegen Chelsea ist sehr wichtig für mich, genau so wichtig wie das WM- Finale gegen Italien in Berlin. Denn ich weiß ja nicht, wann ich das nächste Mal in ein Champions-League-Finale komme. Du kannst vielleicht jedes Jahr Meister werden, den Pokal gewinnen, keine Ahnung was noch. Aber Champions League, das schaffst du nicht jedes Jahr, gegen all diese großen Mannschaften. Champions League, das ist so schwer."

An dieser Stelle hätten Statistiker und andere pedantisch veranlagte Zeitgenossen kurz einwenden können, dass auch Franck Ribéry keinesfalls jedes Jahr Meister und Pokalsieger werden konnte, seit er beim FC Bayern seine Anstellung hat. Zum Beispiel jeweils nicht in den vergangenen beiden Spielzeiten. Das würde Franck Ribéry allerdings auch gar nicht in Abrede stellen.

Aber die sich zuspitzende Rivalität mit Borussia Dortmund, die 2:5-Klatsche letzten Samstag im Pokalfinale - um all das geht es dem Franzosen schon längst nicht mehr, als er am Donnerstagmittag an der Säbener Straße seine Antworten gibt. "Was in Berlin passiert ist, ist alles vergessen", behauptet er, "der Kopf ist wieder frei."

Das kann man glauben oder nicht. Aber man darf wohl davon ausgehen, dass die Symbolkraft, die national von nun schon fünf Niederlagen in Serie gegen den BVB ausgeht, dass die Verschiebung im Machtgefüge der Bundesliga, die der Trainer Jürgen Klopp mit seinen Dortmunder Kollektivfußballern gerade zu Lasten des FC Bayern vollzieht - dass all diese Deutungsebenen einen Mann wie Franck Ribéry tatsächlich nicht so sehr in seinem Selbstbewusstsein erschüttern wie andere im Klub. Weil der Franzose sich ohnehin längst international definiert.

Für den Niederländer Robben gilt wohl das Gleiche, und so erschließt es sich auch, dass beide es nicht per se als das größte Glück der Erde betrachten, dass dieses Finale nun daheim in München stattfindet. Sondern als Wettbewerbsvorteil. "Kein Reisestress, die gewohnten Abläufe, das gewohnte Umfeld." Keine Ablenkung, volle Konzentration auf Spiel und Gegner. Nicht der Dahoam-Faktor, sondern die Perspektiven, die sich damit verbinden, machen dieses Finale für Robben und Ribéry zum Spiel der Spiele.

Arjen Robben bringt es so auf den Punkt: "Wenn du es gewinnst, dann ist es das Spiel deines Lebens!"

Webfehler im System der Bayern

Es lässt sich eine Menge erklären über die Gegenwart des FC Bayern anhand seiner zwei prominentesten Offensivspieler - über das Potential dieses Klubs, und über das Dilemma, in dem er steckt. Man kann sich zum Beispiel fragen, ob so ein Kabinen-Faustkampf samt Veilchen unter dem Auge, wie er sich zwischen den beiden im Halbfinal-Hinspiel gegen Real Madrid (2:1) zutrug, auch in der Halbzeit eines Liga-0:0 gegen Freiburg passieren könnte, oder in einem Pokalfinale.

Oder ob es für derartige Ausbrüche (und für die dazugehörigen Ausnahmeleistungen) nicht doch den Adrenalinpegel braucht, wie ihn nur die ganz großen Bühnen bescheren, Madrid, Manchester, Mailand. Den fleißigen Arbeitern im Bayern-Team ist es jedenfalls durchaus aufgefallen, dass am Samstag gegen Dortmund weder Robben noch Ribéry ihr Spiel auf jenes Niveau zu heben vermochten, das sie an echten Fußballfeiertagen auszeichnet.

Dass das Angriffsspiel der Bayern dann auf einen Schlag stumpf wird, dass vorne Mario Gomez quasi ohne Ballkontakt bleibt, dass der Druck fehlt, um Gefahr von der eigenen Abwehr fernzuhalten, ist sicher ein Webfehler gewesen im Bayern-Spiel in dieser Saison. Robben und Ribéry hingegen haben naturgemäß eher ein Bewusstsein für die Auswirkungen ihrer guten Tage entwickelt:

"Wenn du als Mannschaft funktionierst, kann Franck mit seiner Qualität so ein Finale entscheiden", sagt Robben. Ribéry würde das Kompliment sicher zurückgeben, drückt es aber drastischer aus: "In so einem Spiel gibst du alles", sagt er, "und wenn du danach tot bist, bist du tot."

Robben und Ribéry, die prominenteste Flügelzange des Fußballs. Es klingt paradox, dass man mit zwei solchen Könnern die Meisterschaft nicht gewinnen konnte, die Champions League aber durchaus gewinnen kann. Und doch liegt es in der Natur der Sache. Ist die Mannschaft zu sehr von ihnen abhängig? Das ist eine Frage, die Ribéry ein wenig belustigt. "Was willst du machen?", fragt er zurück. "Wir sind nun mal da."

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