Robben und Ribéry beim FC Bayern:Die Zwillinge betreiben Eigenwerbung

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Franck Ribéry (links) und Arjen Robben (Archivbild).

(Foto: AFP)

Beim FC Bayern steht einer der größten Umbrüche der Klubgeschichte an. Es stellt sich die Frage, ob Robben und Ribéry noch mal Einjahresverträge erhalten oder nicht.

Von Christof Kneer

Joshua Kimmich und Renato Sanches haben keine Minute mitgespielt gegen Hertha BSC, aber ihre Existenz war am Mittwochabend von hoher Bedeutung. Sie waren wichtig, um die Bilder, die man sah, und die Worte, die man hörte, in Raum und Zeit zu verorten. Kimmich und Sanches liefen in der offiziellen FC-Bayern-Kluft durch die Mixed Zone, man war hier also richtig in der Gegenwart. Ein paar Momente zuvor hätte man nicht ausschließen mögen, dass gleich Daniel Van Buyten ums Eck biegt oder Jörg Butt oder der Ottl Andi. Vielleicht hätte man sich sogar gefreut über diese kleine Rückwärtsbewegung in der Zeit, denn mit erheblicher Sicherheit wäre auch irgendwann der nette Herr Heynckes vorbeimarschiert oder, viel besser noch, der prachtvolle Louis van Gaal, der einem erklärt hätte, warum nur zwei Menschen auf der Welt das Spiel wirklich verstehen, nämlich er und Louis van Gaal.

Auch Arjen Robben und Franck Ribéry stammen aus dieser Zeit, aber anders als Van Buyten, van Gaal und der Ottl Andi sind sie immer noch da. Wer an diesem Abend die Hauptfiguren in der Mixed Zone erlebt hatte, ist sogar geneigt zu sagen: Sie sind so da wie schon lange nicht mehr.

Der FC Bayern feiert gerade die Fusion von Gegenwart und Vergangenheit. Er gewinnt seine Spiele so vorhersehbar wie in der Neuzeit, aber er darf sich trotzdem einbilden, dass alles noch so romantisch ist wie früher. Widersprüche müssen dabei keinesfalls berücksichtigt werden: Es gab ja mal eine Zeit, als sie diesen Robben am liebsten aus dieser Arena hinausgepfiffen hätten - und nun stand Robben also in der Mixed Zone und war recht ergriffen über "den sehr, sehr schönen Moment, als ich auf den Platz kam. Wie das Publikum da reagiert hat: Wahnsinn".

Robbens berühmte Aktion

Als Robben nach sechsmonatiger Verletzungspause, die nur kurz unterbrochen durch ein Testspiel in Lippstadt wurde, in der 65. Minute ins Spiel kam, standen die Menschen auf, gerührt von etwas, was sie nicht beschreiben konnten, was aber mindestens die Wucht der gesamten Klubgeschichte, wenn nicht gar der Weltgeschichte in sich trug.

Die Weltgeschichte hielt sich dann übrigens brav ans verabredete Skript: Robben kam rein, zeigte ein paar Robben-Dribblings, eine Version der Robben-Schwalbe und schließlich jenes Robben-Tor, das er seit Jahren immer wieder detailgetreu nachstellt. Von rechts nach innen ziehen, mit links ins entfernte Eck schlenzen - "seine berühmte Aktion" nannte Thomas Müller das später, "und dann geht der Ball gleich rein. Das war schon ein Einstand".

Es war das 3:0 (72.) gegen eine Mannschaft, die - dies als Hinweis für Statistiker - Hertha BSC hieß. Aber das musste man nicht wissen an diesem Abend, der Name des Gegners tat nichts zur Sache. Hertha kam in diesem Spiel nicht vor, die Spieler schienen an dieser Veranstaltung kaum interessiert zu sein. Sie kamen auf den Platz, liefen dort ein wenig herum und ließen sich recht widerstandslos besiegen. Nach zehn Minuten hätte der FC Bayern dreizunull führen müssen, es dauerte aber bis zur 16. Minute, ehe das wirkliche 1:0 fiel. Torschütze übrigens: Franck Ribéry.

Wann steht der große Umbruch an?

Robben & Ribéry: Sie sind seit vielen Jahren die FC-Bayern-Version der Bender-Zwillinge, nur halt ohne Ähnlich-Sehen. Im Moment werden die beiden hergenommen, um eine Stimmungslage zu bebildern, die auf merkwürdige Art das Umfeld des Klubs erfasst hat. München wirkt, als sei es von einer Diktatur befreit worden, nach drei Jahren mit dem hyperpeniblen, hypersensiblen Pep Guardiola dürfen sich speziell die Stimmungsspieler nun wieder austoben beim FC Bayern. Ob dieses bestimmt sehr schöne Gefühl für die fußballerische Weiterentwicklung dieser Elf aber von Vorteil sein wird, ist durchaus fraglich. Vor allem, wenn man eine weitere Frage anschließt: Wer soll den Stimmungsfußball beflügeln, wenn Ribéry, 33, und Robben, 32, den Klub mal verlassen? Kann das Douglas Costa, schafft das Kingsley Coman oder womöglich der kleine Julian Brandt, falls er bald aus Leverkusen kommt? Oder braucht man dann nicht doch wieder ein strengeres taktisches Konzept?

Robben und Ribéry sind nur noch bis Juni 2017 an den Verein gebunden, jedes Dribbling ist auch eine Werbung in eigener Sache. Zwar sehen Bayerns Bosse Ribérys 328. Frühling mit beeindrucktem Staunen, aber sie wissen, dass sie sich im Zweifel auch von der eigenen Klubhistorie emanzipieren müssen. Kaderplanung darf sich nicht an Folklore orientieren, und so werden die Verantwortlichen bis Winter nüchtern analysieren und dann entscheiden, ob ihr Klub sich das leisten will: noch mal die Verträge von zwei Bestverdienern zu verlängern, die im Gegenzug kein Geld mehr einbringen.

Dürfen Robben und Ribéry noch ein Jahr bleiben?

Im Moment können sie sich bei Bayern zwei neue Einjahresverträge für die Zwillinge gut vorstellen - aber speziell dem verletzungsbegabten Robben werden sie in den nächsten Monaten genau auf die Muskelfasern schauen. Die Funktionäre wissen sehr genau, dass demnächst einer der markanteren Umbrüche der Klubgeschichte bevorsteht: Neben Robben und Ribéry weigern sich auch Philipp Lahm und Xabi Alonso, jünger zu werden. Auch sie werden nicht mehr lange spielen.

Gegen Hertha hat Franck Ribéry sein 328. Pflichtspiel für den FC Bayern bestritten, er hat damit Uli Hoeneß eingeholt. Allerdings sind Hoeneß dabei 110 Tore gelungen, Ribéry steht aktuell bei 108. "Uli ist vorbei", witzelte Ribéry nach dem Spiel. Er wollte damit aber sicher nur sagen, dass er ihn bald überholt.

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