Niederländische Liga:Robbens Nachspielzeit

Comeback von Altstar Arjen Robben

Arjen Robben spiele in vergangene Saison noch einmal für den FC Groningen - jetzt hört er auf.

(Foto: Olaf Kraak/dpa)

Der ewige Flügelrenner versucht bei seinem Jugendklub in Groningen mal wieder ein Comeback. Dort schwärmen sie von seinen Fähigkeiten - doch wie lang lässt sich eine Weltkarriere strecken?

Von Jonas Beckenkamp

Arjen Robben fährt beim FC Groningen tatsächlich mit dem Fahrrad zum Training. Einmal radelte er sogar zu einem Heimspiel ins Stadion draußen im Südosten der Stadt, wo die Autobahn Richtung Ostfriesland führt. Er ist damit der prominenteste Radler der kleinen Fahrrad-Welthauptstadt, in der mittlerweile 60 Prozent des Verkehrs auf zwei Rädern dahin fließt. Sam Schreck hat das neulich am Telefon erzählt, und der muss es wissen. Er ist schließlich Robbens Teamkollege.

Der gebürtige Pinneberger Schreck, 22, mag nicht ganz so berühmt sein wie Robben, er war auch nie Champions-League-Sieger und ewiges Idol beim FC Bayern. Sein Werdegang führte ihn vom Nachwuchs des FC St. Pauli zu jenem in Leverkusen und schließlich nach Groningen. Und genau deshalb kann der Mann aus dem Mittelfeld des Trots van het Noorden, des Stolz' des Nordens, wunderbare Anekdoten über den Kollegen auf dem Flügel erzählen.

Zum Beispiel jene über den sogenannten Robben-Move: "Den bringt er noch im Training, fast jeden Tag", sagt Schreck, "von rechts nach innen und dann voll in den Giebel, so was verlernt man nicht." Es sind gute Nachrichten, die der frühere U-20-Nationalspieler Schreck da übermittelt, denn es stand zwischenzeitlich zu befürchten, dass Robbens letzte Moves auf dem Platz Geschichte sind. De facto hatte er sein Karriereende im Sommer 2019 bereits verkündet, es ging einfach nicht mehr. Beim FC Bayern wollten sie den Umbruch und Robben war fast nur noch verletzt. Aber dann kehrte er nach Hause zurück und stellte fest: Einfach so gehen, das geht nicht.

Und so erlebt Groningen jetzt eine Art Nachspielzeit in Robbens Karriere. Dort, wo alles angefangen hatte, wo er einst in der B-Jugend bei einem 10:0 alle Tore seiner Mannschaft erzielte, wie sein Entdecker Hans Nijland, damals Geschäftsführer, einmal erzählte.

GRONINGEN - Sam Schreck of FC Groningen during the Dutch Eredivisie match between FC Groningen and ADO Den Haag at the H; Sam Schreck, FC Groningen

Sam Schreck kennt Arjen Robbens Glanzleistungen aus dem Fernsehen, glaubt aber, dass der ehemalige Bayern-Profis nichts von seiner Schnelligkeit verloren hat.

(Foto: ANP/imago)

Natürlich pikst und zwickt es Robben längst überall. Gegen Mario Götze und den PSV Eindhoven fehlt er an diesem Samstag erneut wegen einer kleinen Trainingsblessur. Das mit den Fehlzeiten war bei ihm blöderweise fast immer so. Einen zu 100 Prozent gesunden Robben hat das Schicksal nur selten zugelassen. Und jetzt mit 37 wandern die Schmerzen schon mal von der Leiste zur einen Wade und dann zur anderen. Wieder ein halbes Jahr kein Spiel, wieder fast das Karriereende.

Ist es Robbens allerletztes Comeback?

"Ehrlich gesagt, war die Energie in den vergangenen Wochen weg", sagte er im vergangenen Winter in einem Interview bei Fox Sports, "natürlich ging es mir durch den Kopf, aufzuhören." Aber vom Kopf sind diese Gedanken offenbar noch nicht bis ins Herz durchgedrungen. Robben sei "immer positiv, er weiß genau, was gut für ihn ist", weiß der Insider Schreck - und diese Einstellung verhalf Robben vor zwei Wochen noch einmal zu einem allerletzten Comeback.

Beim 0:2 gegen Heerenveen flitzte er nach seiner Einwechslung los wie ein ewig eingesperrter Jagdhund: rechte Seite, diese wirklich sagenhaft enge Ballführung, immer auf der Direttissima zum Tor: Man sieht seinem Spiel schon noch an, dass er mal ein paar Klassen "höher gespielt" hat, wie es etwas tiefer so schön heißt. "Als er reinkam, hatte er richtig Bock," hat auch Sam Schrecks von der Bank beobachtet. Er findet sogar: In diesen wenigen Momenten war Robben gleich wieder der Beste auf dem Platz.

Die Begeisterung ist kein Wunder, denn allzu oft haben sie Robben noch gar nicht wieder spielen sehen in Groningen, es war erst sein dritter Kurzeinsatz in dieser Saison. Obwohl er weiterhin kein einziges Gramm Fett am Körper trägt, sind seine Muskeln und Sehnen verschlissen. Eine komplette Spielzeit unter voller Belastung ist längst nicht mehr drin, das war schon zum Ende seiner Bayern-Zeit utopisch.

Zigmal hat Robben für jede neuerliche Genesung geschuftet, aber nun lautet die Frage: Wie lange kann er noch, wenigstens ein bisschen? Vermutlich weiß er die Antwort selbst nicht. Ein paar Wochen bis Saisonende? Oder doch nochmal ein Jahr mit ein paar Rumänien-Roadtrips in der "Uefa Conference League"? "Ich weiß nicht, was meine Frau davon halten würde", scherzte er kürzlich beim Fernsehinterview mit ESPN. Wie lang lässt sich eine Weltkarriere in die Länge ziehen? Zumindest noch bis zu einem finalen Robbensprint von rechts in die Mitte, finden sie offenbar bei seinem Klub. Wie der Kicker berichtet, sei Groningen bereit, seinen Vertrag noch einmal zu verlängern.

Wenn man Sam Schreck fragt, wie gut der Kapitän noch ist, kommt eine fast schon zu euphorische Antwort: "Er hat überhaupt nichts von seiner Athletik und seiner Dynamik eingebüßt. Für mich wirkt er genauso spritzig wie früher, als ich ihn im Fernsehen sah." Seine Mitspieler kennen die Weltaktionen des Arjen Robben also nur noch vom Bildschirm. Er selbst beschrieb seinen Leistungsstand zuletzt differenzierter, von vollen Kräften könne keine Rede sein. "Ich bin nicht ganz sicher, ob ich schon einmal durch eine so harte Reha gegangen bin in meiner Karriere."

In Groningens Stadion trägt die Ehrenloge Robbens Namen

Dass er überhaupt noch spielen könne, sei ein "Bonus", eine Belohnung für die Strapazen. Mit der Mannschaft trainiert er überhaupt erst wieder seit drei Wochen, vielleicht sind die kommenden seine letzten als Profi. Aber irgendeine innere Stimme scheint ihm zu vermitteln: Einmal noch schmerzfrei spielen und dann sehen, was drin ist.

Außerdem ist die Sache mit Groningen eben eines dieser rührseligen Stücke der Fußballmoderne: Ein gealterter Weltreisender kehrt heim zum Kicken, so was gibt es abseits von all den Superduperleague-Plänen europäischer Großklubs zum Glück auch noch. Robben spielt jetzt in einem kleinen Stadion samt Ehrenloge, die seinen Namen trägt. Er verbringt dort einen Karriereabend aus purer "Klubliebe", wie er stets betont.

Er wolle mithelfen, dass der Tabellensechste FC Groningen es in den Europapokal schafft. "Wenn ich mitkriege, was die Leute mir in Mails und Briefen für nette Worte schreiben - dann kann ich nicht aufhören." Arjen Robben hat immer noch ein paar Moves drauf.

Zur SZ-Startseite
Sport Bilder des Tages Arjen Robben during a training session of FC Groningen at Sportpark CORPUS DEN HOORN on July 20,4 Bilder

Comeback in Groningen
:Robben trägt nun Grün

Arjen Robben ist zurück auf dem Platz: Der früherer Bayern-Spieler steigt in das Mannschaftstraining in Groningen ein.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: