Ritter des Spieltages:Meier macht sich der Hexerei verdächtig

Frankfurts Meier gruselt Gegner wie im Mittelalter, Bruno Labbadia wird martialisch und Marco Reus überzeugt mit Minnegesten. Die Ritter des Bundesliga-Spieltages.

Ramazan Özcan

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(Foto: Johannes Simon/Getty Images)

Fußballsprache ist martialisch, das war schon immer so. Zum Beispiel die Worte von Ramazan Özcan. Der Torwart des FC Ingolstadt sagte nach dem Heimsieg gegen Mainz: "Wir wissen, dass wir noch 16 Schlachten zu schlagen haben." Rumms, Schepper, Knall. Schlachten? Sind wir wieder im Mittelalter? Vielleicht, denn die Rückrunde beginnt, und die halbe Liga ist im Abstiegskampf. Bis auf Hannover 96 haben alle Mannschaften jenseits von Platz zwölf gepunktet. Das bedeutet: Von jetzt an sind Kämpfer gefragt, gut gerüstete Krieger, die tugendhaft für ihren Verein eintreten. Özcan ist nur einer von vielen Rittern dieses Spieltages.

Bruno Labbadia

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Als der Kampf verloren war, stapfte Bruno Labbadia vom Schlachtfeld. Er ging zu den Schreibern und Postillonen, klappte das Visier hoch und diktierte. "Das war zum Kotzen für uns, es waren billige Tore gegen uns", zeterte der zornige Ritter nach dem 1:2 seines HSV gegen die Bayern. Zu seiner Verteidigung: Es waren wirklich keine Buden, von denen die Minnesänger noch nach vielen Monden verkünden werden. Das eine war ein Elfmeter, das andere ein abgefälschter Schuss von Müller, den Robert Lewandowski reinfußspitzelte. "So ein Duseltor zum 1:2 kotzt mich einfach an. Das waren Dreckstore, die wir heute kassiert haben". Was Sir Bruno in seinem heiligen Zorn vergaß: Auch das Tor seines HSV taugt nicht unbedingt dazu, um auf einem Wandteppich verewigt zu werden. (schm)

Alex Meier

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Hatte laut Spielberichts-Schriftrolle genau 26 Ballkontakte, mit Abstand die wenigsten von allen Spielern, die 90 Minuten auf dem Platz waren. Machte aber aus drei der Kontakte drei Tore. In Frankfurt nennen sie ihn Fußballgott und halten sich damit streng an den ritterlichen Monotheismus. Bei der Eintracht wird nämlich in absehbarer Zeit niemand nochmal die Apotheose durchlaufen wie der Gewinner der Torjägerkanone 2015. Hat Glück, dass seine langen, zu einem Zopf gebundenen Haare nicht rot sind. Könnte von abergläubischen Dorfbewohnern angesichts seiner Torquote ohnehin der Hexerei verdächtigt werden. (schm)

Jérôme Boateng

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(Foto: dpa)

Jede Schlacht fordert ihre Opfer und diesmal fiel die Mauer des FC Bayern. Boateng drehte in der 56. Minute die Zeigefinger so im Kreis, wie es Spieler tun, wenn sie wissen, dass es nicht mehr weitergeht. Wird dem FC Bayern mit einer nicht genauer benannten Muskelverletzung lange fehlen. In der Bundesliga ist das verkraftbar, in der Champions League gegen Juventus Turin könnte es eher ein Problem werden. Die Italiener haben mit Barzagli, Chielini und Bonucci drei massive Maurer in der Defensive, Bayern hat mit Holger Badstuber und Javi Martínez zwar auch Bollwerke. Aber solche, bei denen schon mancher Schaden ausgebessert werden musste. (schm)

Clemens Fritz

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(Foto: dpa)

Clemens Fritz hat am Sonntag zum 300. Mal in der Bundesliga gespielt, womit er in der Fachsprache einige Schlachten geschlagen hat. Fritz' 300. Schlacht war ein bisschen besonders, selbst für einen erfahren Spieler wie ihn. Denn bislang wusste man über Fritz vor allem, dass er gut verteidigen kann. Beim 3:1 gegen Schalke 04 griff der 35-Jährige aber auch sehr gut an, schoss ein Tor selbst und bereitete zwei vor. Anthony Ujah hieß der eine der beiden Begünstigten, der andere hieß Claudio Pizarro. Für ihn war es sein 179. Tor in der Bundesliga, im 398. Spiel. Pizarro, 37, wird also bald 400 Mal in der Bundesliga gespielt haben. Die Rüstungen und Gelenke der alten Werder-Ritter knarzen, aber der Kampfgeist ist noch da. (chge)

Oliver Baumann

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(Foto: dpa)

Über die Burg Steinsberg heißt es, dass sie das Wahrzeichen von Sinsheim sei, aber am Samstag hat sie ernstzunehmende Konkurrenz bekommen. Am Samstag, etwa zwischen 15.30 Uhr und 17.20 Uhr, hat sich ein Turm als noch sehenswertere Sehenswürdigkeit aufgedrängt. Er ist 1,87 Meter hoch, und Experten wissen, dass er Oliver Baumann heißt und das Tor der TSG Hoffenheim bewacht. Er funktioniert im Grunde wie eine branchenübliche Ritterburg, hält hartnäckige Feinde ab, zum Beispiel die vom Clan der Kießlings und Chicharitos. Immer wieder griffen sie am Samstag im Auftrag Leverkusens an, und immer wieder endeten ihre Angriffe an Baumann. Einmal nur ließ er sich überrumpeln, beim 1:1, aber vermutlich war das nur ein Akt der Güte gewesen. Der Eindringling hieß ja Ömer Toprak und kam aus dem eigentlich friedfertigen Clan der Innenverteidiger. (chge)

Sandro Wagner

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(Foto: dpa)

Sandro Wagner ist ein Ritter der alten Schule und das ist eigentlich nicht positiv gemeint. In Zeiten, in denen Hexenmeister Guardiola den ritterlichen Kodex an jedem Wochenende neu definiert, müssen Stürmer mit allen Waffen umgehen können. Sandro Wagner ist aber kein filigraner Schwertkämpfer, kein moderner Samurai, hätte er auf dem Fußballplatz eine Waffe, wäre es der Morgenstern. Zum Glück spielt er in Darmstadt in einer Mannschaft, die in ihren besten Spielen zum blauen Rammbock wird. Da sind seine Qualitäten gefragt. Traf gegen Hannover per Kopfball und per Abstauber. War nicht modern. Aber effektiv. (schm)

Marco Reus

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(Foto: dpa)

Marco Reus hat sein Herz an eine Angebetete verschenkt, in der Rittersprache hieß das Minne. Tat seine Verehrung auch traditionell von unten (Rasen) zum Balkon (Stadionsitz) der Dame kund. Wollte später allerdings nicht kundtun, wem die Geste galt und bewegt sich damit durchaus im Rahmen der Galanterie. Der Liebes-Ritter des Spieltages überzeugte auch fußballerisch in der alten Burg (Borussia-Park), schoss ein Tor, bereitete eins vor und bewegte sich so befreit wie jemand, der eine kiloschwere Rüstung abgelegt hat. Kann sein Pferd satteln und in die Rückrunde reiten. (schm)

Trikotdesigner des 1. FC Köln

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Das Trikot ist das Gewand des Hauses der Fußballer und es muss gewissen Kriterien entsprechen. Es muss das Wappen des Hauses abbilden, es muss die Farben des Hauses abbilden und manchmal muss es so eng am Körper liegen, dass die Gegner den Drang der Ritter nicht durch Trikotziehen stoppen können (Haus Robben). Zu gewissen Zeiten im Jahr verändern die Häuser ihre Gewänder, weil ein großes Fest ansteht. In München tun das die Bajuwaren, wenn der Mond zum zehnten mal abnimmt und sie ein großes Braufest feiern. Auch die Rheinländer haben ein großes Fest, in dem alle zu Narren werden. Zuweilen auch die Schneider der Gewänder. (schm)

Kevin Großkreutz

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(Foto: dpa)

Ist Kevin Großkreutz nun der Ritter von der traurigen Gestalt? Der aus der Tafelrunde ausgeschlossen wurde, weil er sich nach Meinung des Meisters Joachim von Löw nicht immer tugendhaft verhalten hat? Er, der den heiligen Gral (WM-Pokal) als Körperbemalung auf der Schulter trägt und aus seiner Heimat verstoßen wurde? Ist er nun dazu verdammt, gegen Windmühlen, den Abstieg und das Heimweh zu kämpfen? Zeigte beim Sieg gegen Köln, warum er mal zurecht einer der angesehensten Kämpfer des Landes war. Wird nun bis zum großen Ritter-Turnier im Sommer (EM) alles daran setzen, den Meister Lüge zu strafen. (schm)

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