Ringen:Vom Tiefpunkt zur Party

Ringen Bundesliga Halbfinale 18 19 TuS Adelhausen SV Wacker Burghausen 05 01 2019 Kampf 7

In Siegerpose: Matthias Maasch und die Ringer des SV Wacker Burghausen sind Meister.

(Foto: Gerd Gruendl/Beautiful Sports)

Der SV Wacker Burghausen wird mit Konzept Deutscher Meister.

Von Matthias Schmid

Morgens um sieben verließen die letzten Burghausener Ringer ihre Feier nach dem Gewinn des deutschen Meistertitels gegen Heilbronn. Das klang schon nach einer ausschweifenden Party, und noch bemerkenswerter war, dass die unterlegenen Kontrahenten fröhlich mitgefeiert haben. Unter anderem saß der dreimalige Weltmeister Frank Stäbler mit seinem Kumpel Matthias Maasch so lange zusammen, bis sie gemeinsam am nächsten Morgen die Rosawolken sehen konnten. "Wir sind in dieser Hinsicht schon Vorreiter", findet der Burghausener Maasch, "in den 60 Sekunden des Kampfes herrscht Krieg, aber danach können wir uns wieder in die Augen schauen und gemeinsam feiern."

Ohne Niederlage hatten die Ringer des SV Wacker Burghausen die Saison mit einem 12:9-Sieg im Rückkampf gegen die Red Devils Heilbronn beendet - 17 Erfolge und ein Unentschieden lautete die imposante Bilanz, die sie zum zweiten Meistertitel nacheinander getragen hat. "Unsere Dominanz war sehr überraschend", sagte Jürgen Löblein. Der Abteilungsleiter des Klubs erkennt sechs, sieben Teams auf einem ähnlichen Niveau. Dass sich am Ende seine Mannschaft feiern lassen durfte, begründet er neben der vorbildlichen Aufstellung und Taktik von Trainer Eugen Ponomartschuk vor allem mit dem Teamgeist der Kämpfer: "Der Zusammenhalt war überragend", betont Löblein.

Im neuen Leistungszentrum geht die Talent-Ausbildung weiter

Dass seine Sportler so gut miteinander konnten, lag vor allem an Maasch, der seit Jahren das Gesicht der Burghausener ist und ein besonders Gespür dafür hat, wie eine Mannschaft mit in- und ausländischen Fachkräften ohne Zank und Eifersüchteleien zu führen ist. Der mehrmalige deutsche Einzelmeister ist das, was man ein Eigengewächs nennt, eine Identifikations- und Integrationsfigur. Er kam erstmals in Burghausen mit der Ringermatte in Berührung und hat in der langen Zeit sämtliche Höhen und Tiefen der Ostbayern miterlebt.

Das gegenwärtige Hoch ist nicht ohne den Tiefpunkt zu erklären: Bundesligaabstieg vor sechs Jahren. Burghausen war damals bewusst nur mit deutschen Kämpfern angetreten, weil der Klub den Irrsinn des kollektiven Wettrüstens nicht mehr mitmachen wollte. Immer mehr fremde Welt- und Europameister boten Bundesligavereine auf, ohne den deutschen Nachwuchs zu fördern. "Der einzige Ausweg für uns war deshalb die zweite Liga", sagt Löblein. Burghausens Devise war stets, die eigenen Begabten so auszubilden, dass sie sich für die Nationalmannschaft empfehlen konnten. So wie Maasch oder Ponomartschuk, der gegen Heilbronn den letzten seiner 188 Bundesligakämpfe bestritt.

Erst nach einer Strukturreform im deutschen Ringen - die erste und zweite Liga wurden zusammengelegt - gewann die Bundesliga auch für Burghausen wieder an Bedeutung. Hinzu kamen selbsterlegte Auflagen wie zunächst eine Begrenzung des Personalbudgets bis zum Viertelfinale auf 150 000 Euro pro Saison.

Da das aber nur schwer überprüfbar war, einigten sich die Vereine vor dieser Runde mit dem Deutschen Ringerbund (DRB) darauf, eine Punkteregel für die Zusammenstellung der zehn Ringer umfassenden Kader einzuführen, um einheimische Ringer bevorzugen zu können. 28 Punkte darf eine Mannschaft dabei nicht übersteigen. Allein acht Zähler bringt ein ausländischer Weltmeister ein, ein deutsches Talent ohne internationale Medaillen nur ein oder zwei Punkte. Ein Eigengewächs wie Maasch beschert seiner Mannschaft zwei Minuspunkte.

Obwohl die Regel zuweilen mit chancenlosen Athleten ausgehebelt wird, ordnet sie Löblein, wie auch andere Funktionäre, als "vernünftig" ein, so dass sie in der neuen Saison beibehalten wird. Burghausen will dann wieder oben mitmischen. "Den Titel auszurufen, wäre aber vermessen", sagt Löblein, der es geschafft hat, seinem Klub ein Denkmal zu hinterlassen: ein neues Leistungszentrum. Im Sommer sollen die Bauarbeiten für die zwei Millionen Euro teure, hauptsächlich von der Stadt finanzierte, Trainingshalle samt Krafträumen und Sauna beginnen. "Das ist eine tolle Investition in unsere Zukunft", schwärmt Maasch, der dann als hauptamtlicher Sportdirektor viel Zeit in dem Zentrum verbringen wird. Löblein hofft, dass die Ringer Ende des Jahres einziehen können. Er sagt: "Wir wollen weiter junge Ringer ausbilden, die Chancen auf internationale Medaillen haben."

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