Süddeutsche Zeitung

Richtungsstreit beim TSV 1860:Gerangel um Magath

  • Während die Konkurrenz fleißig arbeitet, ist der TSV 1860 München blockiert: Investor Hasan Ismaik will den vom Verein favorisierten Felix Magath verhindern.
  • Unter anderem, weil Magath Vereinsanteile erwerben möchte.
  • Ob Ismaik ein konkretes Angebot für alle seine Anteile am Verein vorliegt, will er nicht kommentieren.

Von Philipp Schneider

Als Vereinspräsident Gerhard Mayrhofer am Dienstagnachmittag mit Investor Hasan Ismaik telefoniert, geht es mal wieder um die Existenz des TSV 1860 München. Das ist nun die Fallhöhe bei Sechzig: Es geht um die Existenz eines Vereins, der seit nunmehr vier Jahren unter einem Missverständnis leidet.

Ismaik, ein offenbar schwerreicher Jordanier, war 2011 ausgezogen, um sich einen Fußballverein zu kaufen, entschied sich aber für einen Klub aus einem vergleichsweise investorenfeindlichen Land. Möglicherweise hatte er zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung nichts von der 50+1-Regel der Deutschen Fußball-Liga (DFL) gehört, die vorschreibt, dass auch schwerreiche Investoren immer etwas weniger zu bestimmen haben als Vereinspräsidenten. "Die Vereinsvertreter haben zu viel zu sagen", das hat Ismaik am Montag in einem Interview mit der SZ beklagt. Einen Tag später hatte er wieder einen der nervigen Herrschaften am Telefon: Gerhard Mayrhofer, der weiter forderte, dass die Gesellschafter von 1860 endlich gemeinschaftlich Gerhard Poschner entlassen mögen. Einen Geschäftsführer Sport, der in seinem ersten Lehrjahr eine kunterbunte Fußballtruppe zusammenstellte, die den Traditionsverein fast in die dritte Liga bolzte.

Ismaik wiederum ist Poschner als Sportchef lieber als Felix Magath - jener Kandidat, den Mayrhofer gerne installieren würde. Was eigentlich stört Ismaik an Magath?

"Magath hat mir gesagt, er will Trainer werden und zwei Millionen in den Klub investieren."

"Magath hat mir gesagt, er will zu Sechzig kommen, Trainer werden und zwei Millionen in den Klub investieren", sagt Ismaik. Demnach, so stellt es der Geschäftsmann dar, plane Magath bei 1860 ein ähnliches Investment wie bei den Glasgow Rangers: Im Januar berichtete die BBC, Magath habe rund einen Prozent der Anteile des schottischen Zweitligisten erworben. Irgendetwas scheint den Großinvestor Ismaik am möglichen Kleininvestor Magath zu stören. Ob es nur die Tatsache ist, dass die Vereinsvertreter nicht aufhören, Magath zu fordern? Obwohl er, Ismaik, den ehemaligen Trainer des FC Bayern schon vor Monaten abgelehnt hat?

An der Frage, ob Poschner bleiben darf, oder Magath kommt, hängen alle weiteren: Wer wird Trainer? Welche Spieler werden verpflichtet? Welche Spieler dürfen gehen? Es vergeht kein Tag bei Sechzig, an dem nicht ein Transfer oder Vertragsabschluss lanciert wird, der angeblich nicht zustande gekommen ist: Mal ist es Daniel Halfar, der nicht aus Köln zurückkehrt; mal ist es Bobby Wood, der nicht nach Stuttgart wechselt. Dann muss auch noch Trainer Torsten Fröhling ewig auf eine Vertragsverlängerung warten, die Poschner längst vollzogen hätte. Die Botschaft hinter all diesen Meldungen ist klar: Poschner wäre schon längst dabei, eine schlagfertige Truppe zusammenzustellen, würde ihn das Präsidium noch Entscheidungen treffen lassen. Ist es so einfach?

Am Montagabend beriet sich abermals der Verwaltungsrat des Vereins, doch dem Vernehmen nach rang er sich wieder nicht zu einem von den Beiratsmitgliedern Mayrhofer und Karl-Christian Bay gewünschten Beschluss durch. Einer schriftlichen Anweisung, Poschner unter Anwendung von 50+1 am Beirat - und damit auch an Ismaik - vorbei zu entlassen. Und so stehen sich die Gesellschafter bei Sechzig weiterhin mit Drohgebärden gegenüber.

Ismaik versucht die Gegenseite damit einzuschüchtern, dass er über seine Anwaltskanzlei ausrichten lässt, er werde notfalls zum 31. Dezember Darlehen in Höhe von mindestens sechs Millionen Euro kündigen. Mayrhofer und Bay drängen in der Frage auf eine Gemeinschaftsentscheidung, weil sie fürchten, im Falle einer Insolvenz der Fußball-KGaA mit ihrem Privatvermögen haften zu müssen.

Auch weil die nicht enden wollenden Klagen von Helmut Kirmaier, die in ferner Zukunft ein Finale furioso vor dem Bundesgerichtshof erleben könnten, für zusätzliche Verunsicherung sorgen: Das Vereinsmitglied pocht gemeinsam mit Anwalt Heinz Veauthier darauf, dass das Präsidium wegen eines Ladungsfehlers unrechtmäßig amtiere.

Das Druckmittel des Vereins wiederum, einen geschlossenen Rücktritt des Präsidiums, fürchtet Ismaik offenbar kaum. "Wenn sie den Verein verlassen wollen, kann ich sie nicht aufhalten", sagt er über das Szenario, das den Verein vorübergehend in ein Führungschaos stürzen würde. Ein Chaos (so hoffen es zumindest die Vereinsvertreter, weil sie sonst kein Druckmittel hätten), das die DFL auf den Plan rufen müsste. Deren Inspektoren, so die Theorie, würden im Rücktrittsfall zu dem Ergebnis kommen, dass 50+1 bei Sechzig faktisch untergraben ist, weswegen die DFL dem Zweitligisten seine Lizenz entziehen könnte. Die Anteile Ismaiks an der Fußballfirma (60 Prozent, davon 49 Prozent stimmberechtigt) verlören an Wert. Daran dürfte er kaum interessiert sein.

Am elegantesten ließe sich das seit vier Jahren währende Missverständnis bei Sechzig lösen, sollte Ismaik seine Anteile verkaufen. Dass ihm nach SZ-Informationen inzwischen das konkrete Angebot eines anonymen Investoren-Konsortiums vorliegt, will Ismaik nicht dementieren. Er sagt: "Ich kann darüber nicht reden."

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Quelle:
SZ vom 17.06.2015
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