Süddeutsche Zeitung

FC Bayern:Wertsteigerung auf der Ersatzbank

Nach Marc Roca verkauft der FC Bayern auch Omar Richards und macht mit der Ablöse unterm Strich offenbar auch noch Gewinn. Für Salihamidzics Transferbilanz könnte das wichtig werden.

Von Sebastian Fischer

Omar Richards war damals sehr zuversichtlich, angeblich sprach er sogar Bairisch. "Ich kann es nicht erwarten, für den FC Bayern auf dem Platz zu stehen. Mia san mia!", so wurde der Brite anlässlich seiner Verpflichtung im Sommer 2021 laut Mitteilung des deutschen Rekordmeisters zitiert. Hasan Salihamidzic, der für den Transfer verantwortliche Sportvorstand, äußerte sich in derselben Mitteilung etwas zurückhaltender. Richards sei ein "technisch feiner Spieler für die linke Defensive". Und: "Wir trauen ihm zu, eine gute Rolle für unsere Mannschaft zu spielen." Eine gute Rolle spielen, so klingt eine für viele Szenarien zutreffende Prognose.

Rund ein Jahr später stehen in Richards' Statistik 17 Pflichtspiele, sechs von Beginn an, eine Torvorbereitung. Außerdem galt Richards, 24, durchaus als beliebter Profi, gerade bei den jungen Spielern im Kader. Am Sonntag war er nun wieder der Protagonist einer Mitteilung: Er wechselt zum englischen Erstligisten Nottingham Forest.

Man kann Richards nun einordnen in die lange Liste an Spielern, die sich beim FC Bayern nicht durchsetzen konnten. In dieser Liste finden sich Namen wie Tobias Rau und Jan Schlaudraff, in jüngerer Vergangenheit kamen die Namen Fiete Arp und Michaël Cuisance hinzu. Eine andere Lesart des Transfers ist aber auch möglich: Richards kam 2021 "ablösefrei" vom englischen Zweitligisten FC Reading, darauf wies der Klub am Sonntag ausdrücklich hin. Der Erstliga-Aufsteiger Nottingham bezahlt nun angeblich bis zu zehn Millionen Euro.

Fehlgriff oder Investition? Die Transferbilanz ist nicht ganz unwichtig für die Beurteilung des Managers Salihamidzic

Dieser ereignisreiche Sommer beim FC Bayern ist ein Sommer der großen Transfers: Sadio Mané trainierte am Freitag erstmals in München, die Verhandlungen mit Juventus Turin über Innenverteidiger Matthijs de Ligt laufen, und Robert Lewandowski will weiterhin zum FC Barcelona, dessen Präsident Joan Laporta inzwischen öffentlich bekundet hat, dem FC Bayern ein Angebot für den Weltfußballer unterbreitet zu haben. Am Dienstag wird der Stürmer im Training zurückerwartet; offiziell fordern die Münchner weiterhin die Erfüllung des Vertrags bis 2023 - Fortsetzung folgt.

Die Transferperiode hatte in München von Beginn an aber auch ein paar erwähnenswerte Nebendarsteller: Besagter Stürmer namens Arp, 22, wechselte zum Zweitligisten Holstein Kiel, ohne je ein Bundesligaspiel in München absolviert zu haben. Und Ersatz-Mittelfeldspieler Marc Roca wechselte zu Leeds United.

Während der FC Bayern für Arp keine Ablöse erhielt, sondern laut Bild-Zeitung eine am Gehalt orientierte Abfindung in Millionenhöhe bezahlen musste, wurde der Transfer von Roca gemeinhin als wirtschaftlicher Erfolg interpretiert: Angeblich für neun Millionen Euro war er 2020 von Espanyol Barcelona gekommen, für angeblich zwölf Millionen Euro ging er nach England.

All das ist nicht ganz unwichtig für die Beurteilung der Arbeit des Managers Salihamidzic, zu dessen Bilanz in bald fünf Jahren als oberster Ein- und Verkäufer zwar alle im Vereinsfußball möglichen Titelgewinne zählen, aber genauso manch umstrittene Verpflichtung. Auch Roca, 25, hatte die in ihn gesetzten Hoffnungen ja nie erfüllen können. Vielleicht bekam er auch zu selten die Gelegenheit dafür, jedenfalls stand er nur zehnmal in der Startelf. Nun gilt er gemessen an den Ablösezahlungen immerhin nicht als Verlustgeschäft.

Im Bayern-Kader gibt es aus dieser Kategorie noch mindestens einen Spieler: Mit Roca kam der Rechtsverteidiger Bouna Sarr, 30, der seitdem auch nur zehn Mal von Beginn an auflief. Der Transfer, angeblich acht Millionen Euro Ablöse teuer, sah eher wie ein spontaner Notkauf aus. Er war den Bayern bei einem Testspiel gegen Olympique Marseille aufgefallen.

Spätestens nach der Verpflichtung von Rechtsverteidiger Noussair Mazraoui von Ajax Amsterdam in diesem Sommer ist für den Ergänzungsspieler Sarr nun wohl kein Platz mehr. Sein Vertrag läuft allerdings noch bis 2024.

Allerdings hat Sarr, Afrika-Cup Sieger 2022 mit Senegals Nationalelf, auch schon seinen Platz in der Geschichte dieses Transfersommers. Sadio Mané erwähnte ihn bei seiner Vorstellung: "Ich habe mit Bouna bei der Nationalmannschaft gesprochen. Er hat sich sehr gefreut, dass ich komme."

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SZ/sjo/schm
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