Remis im Freitagsspiel:Nur die Farbkleckser fehlen

Eintracht Frankfurt - Borussia Mönchengladbach

Mönchengladbachs Trainer Lucien Favre hat offenbar keine Lust, nach Dortmund zu wechseln.

(Foto: dpa)
  • Vom 0:0 zwischen Frankfurt und Gladbach bleibt vor allem die Erkenntnis, dass nicht alle Klubs der Liga vom allgemeinen Trainerbeben betroffen sind.
  • Thomas Schaaf und Lucien Favre wirken zufrieden mit ihren Mannschaften - das ist viel wert in diesen unruhigen Tagen.
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Von Frank Hellmann, Frankfurt, Frankfurt

Vladimir Petkovic ist wirklich eine imposante Erscheinung. Stolze 1,90 Meter misst der Mann mit den mächtigen grauen Haaren, der sich am Freitagabend wie ein Mensch gewordenes Monument vor dem den Gästen zugeteilten Kabinentrakt in der Frankfurter Arena aufgebaut hatte. Nicht jeder hat den früheren Mittelfeldspieler von FK Sarajewo sofort erkannt, aber Petkovic ist ja derjenige, der seit dem Ende der Ära Ottmar Hitzfeld die eidgenössische Nationalmannschaft befehligt.

Der 51-Jährige hat selbst viele Jahre bei Schweizer Klubs verbracht und sieht sich als bosnischer Kroate und als Schweizer. Offenbar die ideale Sozialisation, um Zugang zu seinen Nationalspielern zu erhalten: Es hat nämlich wirklich sehr verbunden ausgesehen, wie erst die Mönchengladbacher Granit Xhaka und Yann Sommer mit jeweils um die Hüfte geschlungenen himmelblauen Handtüchern aus der Umkleide kamen, um ihren Nationaltrainer aufs Herzlichste zu begrüßen. Kurz darauf eilte von der anderen Seite auch noch der Frankfurter Haris Seferovic herbei, und es wurde danach im Quartett noch viel lauter gescherzt und gelacht.

Die von Petkovic im Frankfurter Stadtwald persönlich in Augenschein genommenen Auswahlspieler hatten gerade einen intensiven Arbeitstag erledigt, der mit einem für alle Seiten recht zufriedenstellenden Resultat endete: Das 0:0 zwischen der Eintracht aus Frankfurt und der Borussia aus Mönchengladbach lässt allen Parteien die Wunschoptionen offen: Frankfurt und Seferovic dürfen noch ganz leise von der Europa League träumen. "Wir schauen klar nach oben", beteuerte der eifrige Stürmer, "wenn wir rennen bis ans Ende, können wir auch in Dortmund was holen."

Gladbach mit Xhaka und Sommer, zuletzt auf beeindruckende Art und Weise gegen Dortmund (3:1), Hoffenheim (4:1) und bei den Bayern (2:0) siegreich, verbuchte das Remis ebenfalls als Zugewinn in Richtung Champions League. "Es war kein einfaches Spiel. Der Punkt ist nicht schlecht, wenn man sich unser Spiel ansieht", sagte der starke Sommer, der mit mehreren Prachtparaden - die beste gegen den Kopfball von Nelson Valdez (34.), die Niederlage verhindert hatte. In Mönchengladbach gehen sie ohnehin davon aus, dass das Heimspiel gegen Bayer Leverkusen (9. Mai) darüber entscheidet, ob der ohne Umwege in die Königsklasse führende dritte Rang erreicht wird.

Eine Nullnummer bei der heimstarken Eintracht ist dabei für das Borussen-Ensemble nicht wirklich ein Rückschlag. "Wir müssen mit dem Punkt leben, und das können wir sehr gut", stellte Sportchef Max Eberl heraus. "Wir haben nicht unser bestes Spiel gezeigt, da müssen wir uns an die eigene Nase fassen", erklärte der diesmal weitgehend untergetauchte Flügelflitzer Patrick Herrmann. Im Grunde nur einmal entwischte der gebürtige Saarländer, der dabei an Frankfurts Keeper Kevin Trapp scheiterte (11.), doch ansonsten fanden die Gladbacher in der Offensive kaum mehr statt. "Es hat spielerisch nicht so funktioniert", meinte Herrmann, "Frankfurt hat uns gut zugestellt."

Lerneffekt bei Gladbach

Favre mag für sich nur Dortmund ausschließen, "mehr nicht"

Auch Lucien Favre hatte die mutige Spielweise der Hausherren derart imponiert, dass er von einem Lerneffekt der Seinen sprach. In Bedrängnis dürfe man eben "nur mit ein, zwei Kontakten" spielen und am besten beidfüßig das Spielgerät beherrschen. Noch wird das nicht zu seiner Zufriedenheit erledigt. Ergo: "Wir haben hier noch zu tun." Das war eine vielsagende Anmerkung, denn dass der Schweizer Taktik-Tüftler mit dem frankophilen Zungenschlag auf dem Trainingsplatz um tägliche Verbesserung bemüht ist, kann jeder Augenzeuge einer Übungseinheit bestätigen. Favre ist mittendrin in seiner Mönchengladbacher Mission - der Einzug in die Champions League wäre für den 57-Jährigen eine Art Ritterschlag.

Vor diesem Hintergrund muss das schmallippige Statement dieses mitunter eigenwilligen Fußballlehrers angesehen werden, als er darauf angesprochen wurde, ob ihn Borussia Dortmund bei der Suche nach einem Nachfolger von Jürgen Klopp kontaktiert habe. "Ich kann nur sagen, dass ich nächste Saison Dortmund nicht trainieren werde. Mehr nicht." Favre mag sich nicht mit solch medialen Störfeuern beschäftigen.

Den bis 2017 laufenden Vertrag hat er mit dem Bewusstsein unterschrieben, am Borussia-Park nach seinen Vorstellungen arbeiten zu können. Dass die Gladbacher aus Hannover den Mittelfeldspieler Lars Stindl (und nicht den Bremer Zlatko Junuzovic) verpflichteten, hatte beispielsweise damit zu tun, dass Favre sich davor fürchtete, zu viele klein gewachsene Spieler auf dem Feld zu haben. Stindl misst 1,80 Meter, Junuzovic nur 1,72.

Einer der weiß, wie Favre wirklich tickt, ist Eberl, der ihn in größter Abstiegsnot 2011 verpflichtete. Daher lächelte Eberl auch die Spekulation um Favre einfach weg. "Das Trainer-Beben ist nicht bis zu uns vorgedrungen." Sein Wunschtrainer bleibe gewiss - diese Feststellung bejahte Eberl glaubhaft. Nur weil die Bundesliga gerade auf dem Trainermarkt verrückt gespielt hat, muss ja nicht gleich der Standort am Niederrhein betroffen sein, wo die Baumeister Favre und Eberl gemeinsam an einem Langzeitprojekt werkeln.

Dass sich Favre und Kollege Thomas Schaaf also in identischer Konstellation auch in der kommenden Spielzeit umarmen, gilt mit dem 29. Spieltag als ausgemacht. Der wegen der Gegentorflut leise in die Kritik geratene Eintracht-Trainer konnte seinen Stolz über das für ihn typische Resultat nicht verbergen. "Spontan könnte man sagen: Das war langweilig, aber das war es nicht", konstatierte Schaaf. Tatsächlich lieferten die Hessen - ganz anders als beim farblosen 0:3 in München - mit ihrem forschen Pressing bunte Unterhaltung ab, allein es fehlten die Farbkleckser in Form von Toren.

"Ein 3:3 wäre richtig schön gewesen", mutmaßte der 53-Jährige, "aber es hätte uns nicht glücklicher gemacht." Dennoch war der Eintracht-Trainer, dessen Arbeitsverhältnis bis 2016 läuft, so zufrieden, dass er der Mannschaft gleich das gesamte Wochenende frei gab. Erst am Montagnachmittag müssen die Frankfurter Berufsfußballer wieder zum Training erscheinen. Schaaf wird die selbst verordnete Auszeit mal wieder zu einem Besuch in seinem Wohnort Brinkum vor den Toren Bremens nutzen. Nur den sonntäglichen Abstecher ins Weserstadion, zum Nordderby Werder gegen HSV, den erspare er sich. Reicht, wenn er an alter Wirkungsstätte in zwei Wochen mit der Eintracht antritt.

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