Remis gegen Freiburg:Hamburg atmet wieder

Hamburger SV v SC Freiburg - Bundesliga

Es läuft wieder ganz ordentlich beim HSV: Johan Djourou jubelt über den späten Ausgleich.

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Mit seinem späten Kopfballtreffer zum 1:1 gegen den SC Freiburg rettet Gojko Kacar dem Hamburger SV einen wichtigen Punkt im Abstiegskampf.
  • HSV-Trainer Bruno Labbadia hat neben der Emotion offenbar auch das Glück zurück in die Mannschaft gebracht.
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Von Jörg Marwedel, Hamburg

Es war vielleicht gar nicht Gojko Kacar, der in der 90. Minute mit seinem Kopfball zum 1:1 dem Hamburger SV gegen den SC Freiburg einen Punkt rettete. Womöglich hat er nur instinktiv umgesetzt, was sein Coach Bruno Labbadia am Spielfeldrand vorführte. Labbadia, der frühere Stürmer, ging in diesem Moment ebenfalls zum Kopfball hoch. Und vielleicht ist es genau diese Emotion des neuen Trainers, die den bisher unabsteigbaren HSV auch diesmal in der Liga hält.

Labbadia, der vor gut drei Wochen den schwierigsten Fall der Bundesliga übernahm, sagte nach dem Remis: "Wir waren als Tabellenletzter schon unter Wasser. Jetzt haben wir die Lippen wieder über dem Wasser und können wieder atmen." Auch, weil er selbst offenbar das Glück zurückgebracht hat.

Ein "Punkt des Willens"

Der von Labbadia vorbereitete Treffer von Kacar - der Serbe hatte dem HSV schon eine Woche zuvor mit seinem 2:1 kurz vor Abpfiff in Mainz zum Sieg verholfen - verhinderte, dass die in allen Belangen klar besseren Freiburger wieder an den Hamburgern vorbeigezogen. Plötzlich war das Unentschieden aus Hanseatensicht "ein gefühlter Sieg", wie Sportdirektor Peter Knäbel mitteilte. Oder ein "Punkt des Willens", wie es Heiko Westermann formulierte.

Denn den HSV-Profis war im Gegensatz zu den Breisgauern mal wieder die Abstiegsangst in die Knochen gefahren. "Unser Kopf war nicht gut", versuchte Kacar zu erklären. 57 000 Zuschauer hatten vor allem in Hälfte eins die "schlechte Körpersprache und Mutlosigkeit" beobachten können, die auch Labbadia wahrnahm und die er seinem Team auch in der Pause nur zum Teil austreiben konnte. Kacar sei einer der wenigen gewesen, deren Körpersprache gestimmt habe, befand Mitspieler Westermann.

Es begann mit einer haarsträubenden Spieleröffnung der beiden Innenverteidiger Johan Djourou und Slobodan Rajkovic, ging über das Mittelfeld, in dem Rafael van der Vaart und Lewis Holtby nicht zu ihrem Rhythmus fanden, und endete beim desorientierten Ackerer Ivica Olic. Die Freiburger dagegen hatten in ihrem 4-4-2-System so viel Ordnung, dass deutlich mehr als das 0:1 durch Admir Mehmedi (25. Minute) hätte herausspringen müssen. SC-Keeper Roman Bürki dagegen pflückte eine mutlose Hamburger Flanke nach der anderen aus der Luft im Fünfmeterraum.

Nur HSV-Torwart René Adler, der gegen Felix Klaus (18.), zweimal gegen Mehmedi (49.) und gegen Vladimir Darida (53.) phantastisch rettete, hatte Vergnügen an dem ungelenken Bemühen seiner Vorderleute. "Abstiegskampf bringt Spaß", entfuhr es ihm, jedenfalls sei es für ihn schön gewesen, "ein bisschen mehr" zum Punktgewinn beigetragen zu haben. Damit bezog er allerdings ziemlich genau die gegenteilige Meinung seines Chefs Labbadia, der unverblümt sagte: "Abstiegskampf ist Scheiße."

Streich bleibt erstaunlich ruhig

Jedenfalls ein Abstiegskampf, wie ihn die Hamburger am Freitagabend ablieferten. Kollege Christian Streich sah das diesmal allerdings anders. Er sei "froh, dass ich diese Mannschaft trainieren darf", zog er das Fazit trotz des verpassten Sieges. Was ihm besonders imponiert an seinen Spielern, sei nach den vielen Niederschlägen deren "Charakter und Sozialkompetenz".

Wo gebe es das schon, dass Julian Schuster, der auf die Bank versetzte Kapitän, die Mannschaft derart antreibt, obwohl er "verrückt wird, nicht zu spielen". Dass Profis wie Menur Mujdza, Christian Günter oder Guedé schon nach einer guten Stunde Krämpfe bekamen, führte er einerseits darauf zurück, dass einigen die Spielpraxis fehlte (Mujdza), andererseits auf die "nervliche Anspannung" seiner Schützlinge.

Die Spiele am Samstag will Streich nicht sehen

Umso bewundernswerter war es, wie der sonst sehr schnell erregbare SC-Übungsleiter erstaunlich gelassen hinnahm, dass Schiedsrichter Knut Kircher den Freiburgern in der Nachspielzeit einen Elfmeter versagte, als Rajkovic wie ein Freistilringer Pavel Krmas im Strafraum festhielt.

"Ich habe mir schon so viel gewünscht und es ist nicht in Erfüllung gegangen", sagte Streich über die Unparteiischen, deshalb habe er sich diese Wünsche abgewöhnt. Vielleicht hat er aber auch an die Szene aus der 41. Minute gedacht, als Klaus dem HSV-Mann Zoltan Stieber, ebenfalls im Strafraum, in die Hacken trat und Kirchers Pfeife ebenfalls still blieb.

Überhaupt sind die Freiburger und Hamburger trotz der Existenzsorgen auch abseits des Rasens erstaunlich höflich miteinander umgegangen. Wie viele Körner das Abstiegsduell aber auch bei den Trainern gekostet hatte, verriet wiederum Streich. Die Spiele der Konkurrenz am Samstag werde er nicht anschauen, verriet er. Dafür sei er "zu müde und zu erschöpft".

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