Relegation zur zweiten Liga:Großes Theater

Wuerzburger Kickers v MSV Duisburg  - 2. Bundesliga Playoff Leg 1

Unbändiger Jubel: Daniel Nagy nach seinem Tor zum 2:0.

(Foto: Micha Will/Bongarts/Getty Images)

Die Würzburger Kickers dämpfen die Euphorie, stehen aber nach ihrem 2:0-Sieg im Hinspiel gegen Duisburg vor dem Durchmarsch in Liga zwei.

Von Fabian Swidrak

Es war sicherlich gut gemeint, als Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt versuchte, den Menschen in der beschaulichen Universitätsstadt den Profifußball zu erklären, der sich gerade bei ihnen breitmacht. Fußball, erklärte Schuchardt also in der Mainpost, sei "das Theater des kleinen Mannes". Überregionaler Spott war ihm sicher, und auch Daniel Sauer, Vorstandsvorsitzender der Kickers AG, erklärte, man sei durchaus verwundert über diese Aussage. In einer Hinsicht lag Schuchardt mit seiner Äußerung jedoch richtig: Die Drittliga-Saison der Würzburger Kickers war eine große Inszenierung.

Beharrlich sprachen sie stets vom Ziel Klassenverbleib und von Demut, während sie am Durchmarsch aus der vierten Liga schraubten, den vor ihnen nur RB Leipzig schaffte und der nach dem 2:0 im Relegations-Hinspiel gegen Duisburg sehr wahrscheinlich geworden ist. Kickers-Trainer Bernd Hollerbach verplapperte sich unlängst, als er sagte, seine Mannschaft sei in der Winterpause "schon abgeschrieben gewesen" - da lag sie doch im Mittelfeld auf Kurs Klassenverbleib.

"In Duisburg wird die Hölle los sein", warnt Hollerbach

Ansonsten redet Hollerbach, früher humorloser Verteidiger, nicht gerade wie ein Wasserfall. "Im Moment ist das Momentum für uns, aber ich werde einen Teufel tun und jetzt irgendwas sagen", lautete sein Statement in der Pressekonferenz nach dem umjubelten 2:0 am Dallenberg. Der kleine Raum im Keller der Stadiongaststätte war überfüllt, sogar im Flur drängten sich die Journalisten. Bereits vor der Partie war das Interesse enorm, Interviewanfragen aus ganz Deutschland erreichten den Klub. Und es sieht so aus, als müssten sich die Unterfranken daran gewöhnen.

Die geradezu paradiesische Ruhe, die Hollerbach und seine Mannschaft bis vor wenigen Wochen bei der Arbeit genießen konnten, wird es so nicht mehr geben, sollte der Coup gegen Duisburg gelingen. In der Stadt sind die Kickers ohnehin längst eines der wichtigsten Gesprächsthemen, bei Anhängern wie bei Kritikern des Projekts. Der steile und durch das Geld einer Online-Druckerei angestoßene Aufstieg der Hollerbach-Truppe polarisiert. Wer keines der knapp 10 000 Stadiontickets ergattert hatte, konnte das Spiel beim Public Viewing am Würzburger Bahnhof verfolgen. Sogar zum Training ins benachbarte Randersacker kommen inzwischen Fans.

Schuchardt (CSU) scheint sich von der Euphorie nicht mitreißen lassen zu wollen. Seit Monaten wünscht sich der Verein finanzielle Unterstützung von der Stadt, wie sie andere Klubs - Ingolstadt wurde beim Stadionneubau mit großen Investitionen in die Infrastruktur und einer Ausfallbürgschaft entlastet - auf ihrem Weg in den Profifußball erhalten haben. Nach einem Aufstieg in Liga zwei müssten die Kickers erneut einen Millionenbetrag in das eigene Stadion investieren, um die Auflagen der Deutschen Fußball-Liga (DFL) zu erfüllen. Schuchardt aber machte den Kickers zuletzt wenig Hoffnung. Er schlug eine Fusion vor, die Kickers sollten doch zusammenarbeiten mit dem Post SV und dem Würzburger FV, ihrem Erzrivalen. Die Trikots sollten dann rot-gelb-blau sein, was neben den Traditionalisten auch die Ästheten auf den Plan rief. Die Kickers erklärten umgehend, kein Interesse zu haben. Wenngleich sie Trainingsplätze brauchen könnten, wie sie der Post SV und der WFV haben.

Mit dem Zwei-Tore-Vorsprung im Rücken spricht nach dem defensiv wackeligen und offensiv weitgehend harmlosen Auftritt der Duisburger vor dem Rückspiel am Dienstag (19.10 Uhr/ARD) kaum noch etwas gegen den Aufstieg der Würzburger, auch wenn derlei Aussagen an Hollerbach wie gewohnt abperlen: "Ich weiß nur zu gut, dass es noch längst nicht vorbei ist. In Duisburg wird die Hölle los sein. Wir werden uns auf einen absoluten Fight einstellen." Ersetzen muss der Trainer dabei Daniel Nagy, der im Hinspiel nicht nur das zweite Tor erzielte, sondern auch die fünfte gelbe Karte sah.

Drei Tore muss Duisburg gegen das Würzburger Abwehrbollwerk schießen, um das Duell ohne Verlängerung oder gar Elfmeterschießen noch für sich zu entscheiden. Und drei Tore gegen die Kickers gelangen zuletzt der SpVgg Bayern Hof. Sie gewann in der Regionalliga Bayern 3:1. Am Dienstag ist das exakt zwei Jahre her.

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