Relegation zur Fußball-WM:Glühwein mit Zwetschge

Mit der Relegation beginnt der letzte Akt der Qualifikation für die WM 2010. Dürfen Ribéry oder Cristiano Ronaldo nach Südafrika? Hier eine Menge guter Gründe, warum alle Relegations-Teilnehmer zur WM fahren sollten.

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Relegation zur Fußball-WM:Prachtkerl im Fenster

Ribery, Getty

Quelle: SZ

Die Fußballwelt rätselt nun schon seit einer Woche, wie sie die fürchterliche Laune von Uli Hoeneß beseitigen kann. Siege seiner Bayern würden helfen, klar, aber die bewährten Aufbauhelfer aus Leverkusen kommen erst nächste Woche. Deshalb sollte man zum einen ab sofort den Grund der Schimpftiraden aus Rücksichtnahme mit Philipp L. (Name der Redaktion bekannt) anonymisieren. Zum anderen haben bis Mittwoch alle zu Frankreich zu halten, damit auch Franck Ribéry (im Bild) bei der WM sein Können zeigen kann. Mit etwas Losglück erhalten die Franzosen dann auch nicht Bahrain oder Deutschland zugelost, damit es auch wirklich keinen Anlass für Hoeneß'sche Swasiland- oder FC-Tegernsee-Tiraden gibt. Und zum anderen würde sich der Bayern-Manager sicher freuen, wenn sein Prachtkerl im WM-Schaufenster stünde. Vielleicht bekäme Hoeneß dann im Sommer doch jene 100 Millionen Euro, die er für Ribéry aufgerufen hat. Vielleicht würde ihn das beruhigen.

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Relegation zur Fußball-WM:Ding, dang, dong

Trapattoni, Getty

Quelle: SZ

Man könnte sagen, Giovanni Trapattoni spricht Italienisch, Deutsch und Englisch. Italiener, die ihn italienisch sprechen hören, neigen aber eher zu der Ansicht, dass Il Trap zu den wenigen Exemplaren auf der Welt gehört, die gar keine Sprache sprechen. ,,Haben Sie friends, mit denen Sie am Tisch sitzen to play a carte?'' fragte er kürzlich in einer Pressekonferenz. Es ist eigentlich egal, welche Mannschaft Trapattoni gerade trainiert (derzeit Irland), Hauptsache, er steht am Spielfeldrand, mit Hochzeitsanzug, Weihwasserfläschen und seinem Sinn für zarte Prosa (,,Fußball ist ding, dang, dong. Es gibt nicht nur ding''). Ästheten müssen also hoffen, dass Iren und Griechen bei der WM aufeinandertreffen. Es wäre das Duell der Poeten: Trapattoni, 70, gegen Otto Rehhagel, 71, der gern mit Schillers ,,Glocke'' prahlt (oder war das Goethe?). Ach, was wäre das für ein Genuss, dieses knorrig defensive 0:0, diese herrliche Gefuchtel am Spielfeldrand, und vor allem: diese Pressekonferenz.

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Relegation zur Fußball-WM:Der falsche Ronaldo

Ronaldo,

Quelle: SZ

Die Portugiesen neigen zur Schwermut, schon deshalb müssen sie 2010 nach Südafrika. Sie haben ihr Weltreich verloren - und auch schon wieder ein wenig den Anschluss in Europa. Portugal besitzt keinen richtigen Ronaldo - denn da gibt es nur einen, und das ist ein dicker Brasilianer -, sondern Portugal besitzt bloß: eine sensible und viel zu dünne Fälschung. Einen anderen Brasilianer, den wunderbaren Deco haben sie schon lange eingemeindet. Und Figo hat aufgehört, schlimm genug. Also lasst sie wieder mitmachen und weit kommen, auch wegen des Übungsleiters, diesmal kein Brasilianer, statt dessen Carlos Queiroz, wie Eusébio geboren in Mosambik. Queiroz war einer der nettesten der erfolglosen Trainer von Real Madrid und sogar schon zweimal Weltmeister, 1989 und 1991 mit dem portugiesischen Nachwuchs. Weltmeister zur WM! Wenn Portugal daheim bleiben muss, das wäre zu viel Fado, hält kein Portugiese aus.

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Relegation zur Fußball-WM:Leichtes Obst

Misimovic, dpa

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"Zwetschge, du bist zu fett!", knurrte einst ein für trockene Späße bekannter Amateurtrainer des FC Bayern. Heute hat Zvjezdan Misimovic (im Bild), VfL Wolfsburg, ein Kampfgewicht von 79 Kilo, und sein filigranes Fußballspiel wirkt federleicht, fast schwerelos. Das verbindet ihn mit Mittelfeldpartner Sejad Salihovic, der als junger Herthaner an Berliner Imbissbuden mit Wonne Currywurst und Döner mampfte - bis sie ihn in Hoffenheim bekehrten. Salihovic schießt äußerst raffinierte Freistöße, beim seitlichen Anlauf beugt er seine Knie so ähnlich wie früher der Tennis-Rabauke John McEnroe beim Aufschlag. In Bosnien sind "Zwetschge", "Sali" und ihre drahtigen Klubkollegen für den Sturm, Edin Dzeko (Wolfsburg) und Vedad Ibisevic (Hoffenheim), Volkshelden. 17 Jahre nach der Unabhängigkeit des Landes sehnen sich alle Bosnier nach der ersten WM-Teilnahme - und das Quartett aus der Bundesliga soll es richten. Eine Qualifikation würde auch den Knurrer Hermann Gerland freuen.

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Relegation zur Fußball-WM:Elfmeter-Spezialisten

Pjatow, dpa

Quelle: SZ

Dass Deutschland nach Hoeneß' Fehlschuss von 1976 noch einmal ein Elfmeterschießen verlieren könnte, das erscheint so unwahrscheinlich wie eine WM-Qualifikation von Andorra. Sollte aber die Ukraine in Südafrika dabei sein, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich die DFB-Elf zum ersten Mal in der WM-Geschichte nach einem Elfmeterschießen so fühlen muss, wie sich die englische Nationalelf nach jedem Elfmeterschießen fühlt. Denn im WM-Achtelfinale 2006 gegen die Schweiz schaffte der ukrainische Torwart Alexander Schowkowskij etwas, was zuvor nicht einmal einem deutschen, geschweige denn einem englischen Torwart gelungen war: im Elfmeterschießen ohne Gegentor zu bleiben. Was die DFB-Elf etwas beruhigen könnte: Derzeit ist Schowkowskij hinter Andrej Pjatow nur die Nummer zwei. Was die DFB-Elf wieder etwas beunruhigen könnte: Auch Pjatow gilt als Elfmeter-Spezialist.

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Relegation zur Fußball-WM:Schleicher mit Minuten

Gekas, AFP

Quelle: SZ

Chile ist sicher dabei in Südafrika und damit auch der großartige Humberto Suazo, der Torjäger der Nationalelf. Der Glatzkopf spielt beim Club de Futbol Monterrey in Mexiko, erst neulich hat er wieder getroffen beim wertvollen 2:1 gegen die Unam Pumas. Theofanis Gekas (im Bild links, zusammen mit Sotiris Kyriakos) indes spielt nicht in Leverkusen, traurige 195 Minuten Spielzeit sind dort für ihn notiert in sechs Kurzeinsätzen beim Tabellenführer, wo Kießling und Derdiyok erfolgreich stürmen und nun sogar der letztjährige Goalgetter Helmes nach seinem Kreuzbandriss wieder einrückt. Vorige Saison hat sich Gekas zum FC Portsmouth nach England ausleihen lassen, seine Spielzeit dort: null Minuten. Diese Ungerechtigkeit muss natürlich ein Ende haben, weshalb der frühere Torschützenkönig der Bundesliga unbedingt mit Griechenland zur WM muss. Gemeinsam mit Señor Suazo führt Gekas mit zehn Treffern die Torjägerliste aller Qualifikationsgruppen an. Bayer 04 kommt vielleicht ohne ihn aus. Nicht aber die WM.

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Relegation zur Fußball-WM:Jagd auf Bora

Hiddink, AFP

Quelle: SZ

Es ist nicht bekannt, was Bora Milutinovic macht, seit er im Juni als irakischer Nationaltrainer aufhörte. Es dürfte aber ziemlich sicher sein, dass er in der Relegation auf eine Niederlage von Russland hofft. Noch ist Milutinovic der einzige Trainer, der mit fünf verschiedenen Ländern an Weltmeisterschaften teilnahm, doch Russlands Coach Guus Hiddink (im Bild links mit seinem Co-Trainer Igor Korneev, jubelnd über den Sieg bei der Europameisterschaft 2008 im Viertelfinale Niederlande - Russland. )ist dem Rekord wie der Brasilianer Parreira dicht auf den Fersen: Eine WM mit der Sbornaja wäre bereits dessen viertes Turnier mit der vierten Mannschaft (zuvor Holland, Südkorea, Australien), und nach russischem Selbstverständnis wird es natürlich die WM sein, bei der Hiddink so gut abschneiden wird wie noch nie zuvor (bisher: Halbfinale mit Holland 1998 und mit Südkorea 2002). Und danach? Das Angebot, als türkischer Nationaltrainer zu arbeiten, bekommt Hiddink fast täglich - und seinen 2010 auslaufenden Vertrag mit dem russischen Verband hat er noch nicht verlängert.

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Relegation zur Fußball-WM:Ljubljanas Millowitsch

Novacovic, Getty

Quelle: SZ

Immer noch suchen die Kölner jenen sagenhaften Weihnachtsmarkt, von dem ihnen ihr Torjäger Milivoje Novakovic (im Bild) aus Slowenien vor zwei Jahren erzählt hat. Damals wurde Novakovic nachts um halb vier von einer Polizeistreife angehalten, als er sein Auto über eine der sieben Rheinbrücken der Domstadt steuerte. 1,2 Promille hat der Arzt damals ermittelt, aber die Sünde wurde Novakovic sofort nachgesehen, als der Stürmer des 1.FC Köln erläuterte, er habe "auf dem Weihnachtsmarkt zu viel Glühwein getrunken". Novakovic, lang, dünn und sommers wie winters immer blass wie ein Kommunionshemd, lebt in Köln das Motto von Willi Millowitsch: "Wir sind alle kleine Sünderlein". Stadtbekannt sind die Altstadtsausen des Stürmers, denn so heißt es ja auch in Willis Lied: "Erst wolln wir nur ein Gläschen naschen/ doch dann gibt's nur noch leere Flaschen." Gute Nachricht daher für Novakovic: Während der WM ist in Südafrika Winter - Glühweinzeit.

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Relegation zur Fußball-WM:Cleverer Enkel

Großmüller, Reuters

Quelle: SZ

Uruguay hat größere Fußballstars als Carlos Großmüller, 26 (vier Länderspiele, im Bild rechts im orangen Leibchen). Doch in Deutschland hat Großmüller, Profi des FC Schalke 04 und momentan ausgeliehen an seinen Heimatklub FC Danubio Montevideo, einen guten Namen. Dessen deutscher Klang geht auf Großvater Helmut zurück, einst Besatzungsmitglied des Panzerkreuzers ,,Graf Spee''. 1939 setzte er sich in Montevideo ab, nachdem die Kriegsmarine befohlen hatte, sein Schiff in der Mündung des Rio de la Plata zu versenken. 68 Jahre später sorgte Enkel Carlos in der Bundesliga für Heiterkeit, als er den Frankfurter Stürmer Michael Thurk (Rückennummer 11) würgte - obwohl er selbst an diesem Tag nur Reservist war. Den fälligen Platzverweis übermittelte ihm Schalke-Kapitän Bordon. Dem Erhalt jener Roten Karte hatte sich Großmüller durch Flucht in die Kabine ,,geschickt entzogen'' (so Schiedsrichter Fleischer). Ja, solche cleveren Spieler bereichern jede Weltmeisterschaft.

Foto: Reuters

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Relegation zur Fußball-WM:Analyse-Wüste

Macala, AP

Quelle: SZ

Die eifrigen Datenbeauftragten von Bundestrainer Löw haben sicher schon ein Aktendossier über Land, Leute und Fußball in Bahrain erstellt - wie, prophylaktisch, über alle potenziellen WM-Gegner. Man dürfte beim DFB also wissen, dass das Königreich im Persischen Golf aus 33 Inseln besteht, in deren Sanddünen die artenarme Tierwelt hauptsächlich aus Eidechsen, Wüstenspringmäusen und Mangusten besteht. Aktuelle Nationalfußballer in Bahrain heißen zum Beispiel Mohamed Ahmed Salmeen, Mahmoud Abdulrahman, Mohamed Hubail, Husain Mohamed oder Husain Ahmed. Als Deutschland bei der WM 2002 auf Saudi-Arabien traf (Bild-Schlagzeile: "Haudi-Saudi, Rudi!"), nannte Trainer Völler bei der Gegneranalyse nur die Rückennummern - der Einfachheit halber. Dürfte nun Bahrain erstmals zur WM, dann wäre Trainer Milan Macala der Held - ein tschechischer Humorist. Die Stärken von Playoffgegner Neuseeland? "Die kenne ich nicht", sagte Macala.

Foto: AP

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